39. Deutscher Steuerberatertag in Dresden

Der Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands e.V. (DStV), StB/WP Harald Elster, eröffnete am 10.10.2016 den 39. Deutschen Steuerberatertag in Dresden.

 1.500 Teilnehmer aus Berufsstand, Politik, Richterschaft, Finanzverwaltung und Wissenschaft zog es unter dem Motto "Chancen und Risiken der Digitalisierung" in die sächsische Landeshauptstadt. In seiner Eröffnungsansprache brachte Elster die Chancen und Risiken aktueller Entwicklungen im Steuer- und Berufsrecht zur Sprache.

Mehr als nur Steuern – Steuerberater sind Unternehmenslotsen bei der Digitalisierung

"Heute ist es nicht mehr ausreichend, dass Steuerberater sich allein als Steuerfachleute sehen. Unsere Mandanten erwarten von uns deutlich mehr, auch in Fragen der Digitalisierung!", betonte Elster.

Mandanten erwarten neben der steuerlichen Beratung von ihrem Steuerberater auch die betriebswirtschaftliche Expertise. In diesem Kontext – so Elster – seien Steuerberater die richtigen Partner, um ihren Mandanten ein Bewusstsein dafür zu vermitteln, was die fortschreitende Digitalisierung der Wirtschaft und Gesellschaft für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen bedeutet. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssten Unternehmensziele permanent nach den Kundenbedürfnissen ausgerichtet werden. Elster mahnte mit Blick auf den eigenen Berufsstand: "Wer sich heute einfach auf dem Erreichten ausruht, kann als Unternehmer bereits morgen von der Entwicklung abgehängt sein".

Angesichts dramatisch steigender Zahlen von Hackerangriffen und Datendiebstählen sind Steuerberater und Wirtschaftsprüfer auch bei der IT-Sicherheit kompetente Wegbegleiter ihrer Mandanten. Die Berufsangehörigen haben bereits aufgrund der eigenen berufsrechtlichen Standards höchsten Wert auf ein funktionierendes IT-Sicherheitskonzept in ihren Kanzleien zu legen. Dieses Bewusstsein – so Elster – kann daher leicht auch in die kleinen und mittelständischen Unternehmen der Mandanten getragen werden. Denn Steuerberater und Wirtschaftsprüfer besitzen dort bereits das nötige Vertrauen, um Prozesse anzustoßen und die Mandanten frühzeitig zu sensibilisieren.

Der Datenschutz personenbezogener Informationen spielt auch im Hinblick auf das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens eine große Rolle. Das Besteuerungsverfahren wird zunehmend digitalisiert. So soll schrittweise die elektronische Kommunikation zwischen Steuerpflichtigen bzw. ihren Beratern und den Finanzbehörden ausgebaut werden. Die Umsetzung der konkreten Pläne, wie etwa die elektronische Übermittlung von Belegen oder die elektronische Bekanntgabe von Verwaltungsakten, wird - so Elster - nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Steuerberater sollten diese Änderungen im Blick haben und ihre Mandanten frühzeitig auf anstehende Entwicklungen hinweisen.

Anwendungsschreiben zur Erbschaftsteuer

Bei der Erbschaftsteuer waren die letzten Monate eine Achterbahnfahrt – unzumutbar für die Steuerpflichtigen und ihre Steuerberater. In dieser Woche stimmt der Bundesrat nun über den Kompromiss des Vermittlungsausschusses ab. Dennoch sieht Elster die Praxis erneut mit Unsicherheiten belastet. "Zur Abhilfe der Probleme bedarf es zwingend eines Anwendungsschreibens von Bund und Ländern" wendete er sich an die Finanzministerien. "Schaffen Sie umsichtig, aber zugleich zügig Klarheit." 

Registrierkassenpflicht problematisch

Ein umstrittenes Thema sprach der DStV-Präsident auch mit seinen Worten zum sog. Kassengesetz an. Manipulationen an den digitalen Kassenaufzeichnungen seien vielfältig. Die geplanten Neuregelungen gewährleisten laut Elster die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und leisten einen Beitrag zur Steuergerechtigkeit. Die heftig diskutierte generelle Registrierkassenpflicht sieht Elster jedoch mit Blick auf Österreich und den dortigen 67-seitigen Ausnahmenkatalog als problematisch an. Die politischen Fronten sind in diesem Punkt bereits verhärtet; so sehr, dass der Bundestagsbeschluss über das Gesetz auch scheitern könnte. Damit wäre die Chance für mehr Rechtssicherheit vertan. Der Berufsstand stünde weiterhin vor erheblichen Beratungsrisiken insbesondere bei bargeldintensiven Branchen.

Regulieren oder Deregulieren? – Steuerberater fordern konsistentes Vorgehen der EU-Kommission

Einer verlässlichen und rechtssicheren Beratung laufen auch die wiederholten Initiativen der Europäischen Kommission zur Deregulierung bei den Freien Berufen zuwider. Funktionierende Regelungssysteme wie in Deutschland dürfen nach Elsters Ansicht keine Eingriffe erfahren.

Elster forderte, dass die EU-Kommission bei Gesetzesvorhaben auf den Rückhalt in den Mitgliedsstaaten achten muss. Das gelte auch für die Vorhaben der Europäischen Kommission zum Berufsrecht der Steuerberater: Sie müssten auf ihre positiven und negativen Wirkungen analysiert werden. Dann werde deutlich, dass sie in erheblichem Maß kontraproduktiv sind.

Zum jetzigen Zeitpunkt verfolgen die Binnenmarkt- und die Steuerkommission verschiedene Ziele. Um den Binnenmarkt zu stärken und das Wirtschaftswachstum anzuregen, sollen möglichst viele berufliche Regelungen abgeschafft oder aufgeweicht werden.

Im Kampf gegen Steuervermeidung und Gewinnverlagerung plant die Kommission dagegen, Steuerberater europaweit stärker zu regulieren. Mit einem konkreten regulatorischen Rahmen sollen Steuerberater zu gesetzeskonformen Handeln angehalten werden. Elster betont, dass das in Deutschland schon seit Jahrzehnten im Berufsrecht verankert sei.

Nach Meinung Elsters solle die Europäische Kommission sich bei ihren Vorhaben nicht durch ideologische Ansätze zu stärkerem Wirtschaftswachstum leiten lassen, welche nicht hinreichend belegt sind. Die berufliche Regulierung von Steuerberatern liefert einen wichtigen Beitrag zur besseren Entwicklung der Unternehmen und zur Sicherung des Steueraufkommens. Gerade der letztgenannte Aspekt sollte in der BEPS-Diskussion stärker Berücksichtigung finden, denn gesetzlich regulierte Steuerberater sind nicht Teil der im Rest der Welt verbreiteten Steuervermeidungsindustrie.

Anzeigepflicht für Steuerberater schießt weit über das Ziel hinaus

Deutliche Worte fand er schließlich auch zur geplanten Anzeigepflicht von steuersparenden Modellen. "Wir Steuerberater sind nicht Ihre Reparaturabteilung" mahnte er in Richtung Gesetzgeber. Er reagierte damit auf die jüngsten Überlegungen des BMF, eine Anzeigepflicht für Steuerberater für Steuergestaltungsmodelle in Deutschland einzuführen.

Das Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen legte im Auftrag des BMF mit einem 160 seitigen Gutachten die Diskussionsgrundlage vor. Sein Ergebnis: Die Anzeigepflicht sowie Sanktionen bei Verstößen lassen sich in das deutsche Verfahrensrecht implementieren. Einschränkend ist zu lesen: Ein Anzeigesystem sei dann verfassungsrechtlich problematisch, wenn es alle aus Sicht des Fiskus unerwünschten Gestaltungen erfassen will. Eine übermäßige Belastung von Beratern und Steuerpflichtigen müsse vermieden werden

"Diese Einschränkungen treffen jedoch nicht den Kern. Bereits die politische Zielsetzung der Überlegungen schießt weit über das Ziel hinaus." so Elster. Gesetzgeber und Finanzverwaltung dürften es zwar nicht sehenden Auges hinnehmen, wenn Steuersparprodukte wie Cum-Ex-Gestaltungen oder das Dividendenstripping den Markt schwemmen.

Elster identifizierte damit aber gleichfalls die Verantwortlichen. Gesetzgeber und Finanzverwaltung seien Herr ihrer Gesetze. Sie dürften ihre originäre Aufgabe nicht auf die Berater abwälzen. Elster zeigte die verheerenden Praxiskonsequenzen auf: "Sollen wir uns etwa permanent fragen: Muss ich diese Beratung jetzt anzeigen?"

Bei den Überlegungen wird völlig übersehen, dass Steuerberater dem Mandanten die beste legale Lösung aufzeigen müssen. Andernfalls droht die Haftungsfalle. Elster betonte: "Über 99 % der Steuerberater sind nicht in kritische Steuersparmodelle involviert. Unangemessenes Verhalten einzelner darf nicht einen ganzen Berufsstand lahm legen!"

DStV, Pressemitteilungen v. 10.10.2016

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