§ 6b-Rücklage bei Veräußerung an einen Gesellschafter
Beispiel: KG veräußert Gebäudegrundstück an Kommanditisten
A ist sowohl einziger Kommanditist der X-GmbH & Co. KG als auch der Y-GmbH & Co. KG. Die KG veräußerte 2018 ein seit 15 Jahren zu ihrem Betriebsvermögen gehörendes unbebautes Grundstück zu fremdüblichen Bedingungen an A und erzielt dabei einen Gewinn von 100.000 EUR. Das Grundstück wird bei A Privatvermögen. Er errichtet darauf ein zur Vermietung bestimmtes Wohnhaus.
Veräußerung zu fremdüblichen Bedingungen
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG regelt nur Fälle, in denen der Gesellschafter der Gesellschaft Kapital oder Wirtschaftsgüter "zur Nutzung" überlässt. Daher fallen Veräußerungsvorgänge nicht unter diese Vorschrift. Veräußert der Gesellschafter an die Gesellschaft Wirtschaftsgüter unter gleichen Bedingungen, wie sie unter Fremden vereinbart worden wären, so gelten die allgemeinen Vorschriften über die steuerrechtliche Behandlung von Veräußerungsgeschäften. Das gleiche gilt entsprechend umgekehrt – wie hier – für Veräußerungen von Wirtschaftsgütern durch die Gesellschaft an den Gesellschafter. Veräußerungsgeschäfte zwischen einer Personengesellschaft und ihrem Gesellschafter, die zu Konditionen wie zwischen fremden Dritten abgeschlossen werden, werden in vollem Umfang wie Geschäfte zwischen 2 Rechtssubjekten behandelt.
Dies ist auch insoweit anerkannt, als die Veräußerungsvorgänge sich nicht von Betriebsvermögen zu Betriebsvermögen abspielen, sondern der Gesellschafter ein Wirtschaftsgut aus seinem Privatvermögen veräußert oder das von der Gesellschaft veräußerte Wirtschaftsgut in das Privatvermögen des Gesellschafters gelangt.
Konsequenz für den Veräußerungsgewinn
Veräußert eine Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut aus dem Gesellschaftsvermögen an einen Gesellschafter zu Bedingungen, die bei entgeltlichen Veräußerungen zwischen Fremden üblich sind und wird das Wirtschaftsgut bei dem Erwerber Privatvermögen, so ist der dabei realisierte Gewinn regelmäßig insgesamt ein begünstigungsfähiger Veräußerungsgewinn i.S.v. § 6b EStG. Er ist, soweit der Erwerber als Gesellschafter am Vermögen der veräußernden Personengesellschaft beteiligt ist, nicht etwa ein nicht begünstigungsfähiger Entnahmegewinn (so bereits BFH, Urteil v. 10.7.1980, IV R 136/77, Haufe Index 413402).
Übertragungsmöglichkeiten aufgrund der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise
Wegen der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise dieser Steuervergünstigung erlaubt § 6b EStG nach einem neuen BFH-Urteil (Urteil v. 9.11.2017, IV VR 19/14, Haufe Index 11473217, Rn. 21 die Übertragung eines dem Gesellschafter (hier: A) zuzurechnenden Veräußneueerungsgewinns nicht nur betriebsbezogen, sondern auch auf Wirtschaftsgüter eines Einzel- oder Sonderbetriebsvermögens des Gesellschafters sowie in Höhe des auf den Gesellschafter entfallenden ideellen Anteils auf Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens einer anderen Personengesellschaft, an der der Gesellschafter ebenfalls als Mitunternehmer beteiligt ist.
Der Gewinn aus der Veräußerung des nach § 6b EStG qualifizierten Grund und Bodens kann von der X-GmbH & Co. KG nicht nur auf Reinvestitionsgüter in ihrem eigenen Gesamthandsvermögen, sondern auch auf die Reinvestitionsgüter übertragen werden, die dem A als Sonderbetriebsvermögen zuzurechnen sind. Eine Übertragung ist sogar bei Reinvestition in dem Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft (hier: Y-GmbH & Co. KG) möglich, soweit dieses dem Doppelgesellschafter A zugeordnet wird und soweit der übertragbare Gewinn auf diesen Doppelgesellschafter entfällt (hier: 100 %). Bei Veräußerung zwischen Schwesterpersonengesellschaften kann es sich bei dem veräußerten Wirtschaftsgut und dem Reinvestitionsgut auch um dasselbe Wirtschaftsgut handeln, wie der BFH in seinem genannten neuen Urteil ausdrücklich bestätigt.
In der Besteuerungspraxis kann auf diese Weise die sofortige Besteuerung eines Veräußerungsgewinns vermieden werden, der auf der Veräußerung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesellschaftsvermögen an einen Gesellschafter erzielt wird, selbst wenn das Wirtschaftsgut beim dem Erwerber Privatvermögen darstellt.
Eigenständiges Wahlrecht
In der Handelsbilanz darf weder eine Rücklage nach § 6b EStG passiviert noch der Gewinn auf ein Reinvestitionsgut übertragen werden. Handels- und Steuerbilanz weichen also zwingend voneinander ab, wenn von der Reinvestitionsvergünstigung Gebrauch gemacht wird. Da es für die Handelsbilanz keine vergleichbare Regelung gibt, kann das Wahlrecht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG zur Bildung einer § 6b-Rücklage in der Steuerbilanz eigenständig ausgeübt werden (BMF, Schreiben v. 12.3.2010, Haufe Index 2311337, Rn. 13, 14).
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