AfA für schon fertig gestellten Gebäudeteil bei abschnittsweiser Fertigstellung

Problematisch ist der AfA-Beginn, wenn das geplante Gebäude wegen der unterschiedlichen Nutzung aus mehreren Wirtschaftsgütern besteht und nur ein Teil des Gebäudes, der einem eigenständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang dienen soll, abgeschlossen erstellt ist.
Beispiel: Abschnittsweise Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses
A ist Gewerbetreibender. Zu seinem Betriebsvermögen gehört ein unbebautes Grundstück. Hierauf errichtet A ein Wohn- und Geschäftshaus. Nach der Bauplanung soll im Erdgeschoss ein Ladengeschäft für eigene betriebliche Zwecke und im Obergeschoss eine Wohnung für fremde Wohnzwecke entstehen. Bis Januar 2017 stellt A außer dem Rohbau nur den Laden fertig. Die bis Januar 2017 angefallenen Herstellungskosten für das gesamte Gebäude belaufen sich auf 400.000 EUR, davon entfallen auf den bereits fertiggestellten Laden 250.000 EUR. Bis zur Fertigstellung der Wohnung im Obergeschoss im Januar 2018 fallen weitere Herstellungskosten von 150.000 EUR an, sodass die gesamten Herstellungskosten 550.000 EUR (Laden: 250.000 EUR + Wohnung: 300.000 EUR) betragen.
Eigenständiger Nutzungs- und Funktionszusammenhang
Nach der im Schrifttum zum Teil kritisierten Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 9.8.1989, X R 77/87; H 7.3 "Fertigstellung von Teilen eines Gebäudes zu verschiedenen Zeitpunkten" EStH 2015). setzt der Beginn der AfA bei einem gemischt genutzten Gebäude nicht voraus, das das einheitlich geplante Gebäude insgesamt fertiggestellt ist. Es genügt, dass ein Teil des Gebäudes, der einem eigenständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang dient (hier: das Ladengeschäft), abgeschlossen erstellt ist. Das bedeutet, dass AfA-Beginn das Jahr 2017 ist.
Zunächst ein einheitliches Wirtschaftsgut
Wird ein Gebäude teils eigenbetrieblich und teils zu fremden Wohnzwecken genutzt, sind 2 Wirtschaftsgüter gegeben, nach dem genannten BFH-Urteil aber erst ab dem Zeitpunkt, in dem beide unterschiedlich genutzten Gebäudeteile insgesamt fertig gestellt sind. Ist ein derart genutztes Gebäude – wie hier – nur teilweise fertig gestellt, soll zunächst ein einheitliches Wirtschaftsgut vorliegen. Abschreibungsgrundlage für den bereits fertig gestellten Gebäudeteil (hier: das Ladengeschäft) sollen die gesamten bisher bis Januar 2017 angefallenen Herstellungskosten des Gebäudes von 400.000 EUR sein.
Diese Beurteilung hat ihre Tücken
Wenn das erst teilweise fertig gestellte und genutzte Gebäude als ein einheitliches Wirtschaftsgut zu beurteilen ist, so muss das Gebäude einschließlich des Grund und Bodens im Hinblick auf die eigenbetriebliche Nutzung des fertig gestellten Erdgeschosses notwendigerweise dem Betriebsvermögen zugerechnet werden (vgl. Ludwig Schmidt, FR 1989 S. 684). Durch diese Rechtsauffassung würde dem Steuerpflichtigen in Bezug auf die fremd vermietete Wohnung einschließlich des dazugehörigen Grund und Bodens Betriebsvermögen aufgezwungen, was möglicherweise überhaupt nicht seinem Willen entspricht.
Praxis-Tipp: Finanzverwaltung gewährt erfreulicherweise ein Wahlrecht
Die Finanzverwaltung hat die weit reichende Bedeutung, die dem Urteil zuzumessen ist, entschärft. Wird bei der Errichtung eines zur unterschiedlichen Nutzung bestimmten Gebäudes zunächst ein zum Betriebsvermögen gehörender Gebäudeteil und danach ein zum Privatvermögen gehörender Gebäudeteil fertig gestellt, hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht, ob er vorerst in die AfA-Bemessungsgrundlage des fertig gestellten Gebäudeteiles die Herstellungskosten des noch nicht fertig gestellten Gebäudeteiles einbezieht oder ob er hierauf verzichtet (R 7.2 EStR 2012).
Wenn A also nicht will, dass die 2018 fertig gestellte Wohnung als (gewillkürtes) Betriebsvermögen behandelt werden soll, ist ihm zu empfehlen, nur die bis Januar 2017 angefallenen Herstellungskosten für den Laden von 250.000 EUR in die AfA-Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Für die Herstellungskosten, die auf die im Januar 2018 fertig gestellte Wohnung im Obergeschoss entfallen (300.000 EUR), kann A dann ab 2018 im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die AfA geltend machen. Die Obergeschosswohnung gehört dann einschließlich des zugehörigen Grund und Bodens zum Privatvermögen des A und ist nicht als Betriebsvermögen steuerverstrickt.
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