Auch Zinseszinsen sind bei Investitionsdarlehen voll abziehbar

Schuldzinsen sind nach § 4 Abs. 4a Sätze 1 bis 4 EStG nicht als Betriebsausgaben abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt wurden. Von dieser Abzugsbeschränkung sind Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ausgenommen. 

Höchstrichterlich noch nicht geklärt war bislang, ob Schuldzinsen, die für ein Darlehen entrichtet werden, das ausschließlich der Finanzierung von Zinszahlungen eines Investitionsdarlehens i. S. d. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG dient, dem Grunde nach der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 4a EStG unterliegen oder ebenfalls begünstigt sind.

Beispiel: Unternehmenskauf mithilfe eines Investitionsdarlehens

Zahnarzt S hat von einem Berufskollegen mit Wirkung ab 1.1.2015 dessen Praxis für 350.000 EUR erworben. Vom Kaufpreis entfallen 50.000 EUR auf die Praxiseinrichtung und 300.000 EUR auf den Praxiswert.

Den Kaufpreis hat S in Höhe von 300.000 EUR mit einem Darlehen der A-Bank finanziert. Das Darlehen (Hauptdarlehen) ist am 31.12.2025 fällig. Der Zinssatz beträgt 3 %. Die A-Bank richtete Anfang 2015 ein weiteres Darlehenskonto ein (Zinsdarlehen), auf das für das Hauptdarlehen aufgelaufene Zinsen gebucht und dessen Auszahlungsbeträge in der Folgezeit ausschließlich dazu verwendet werden, die Zinsen für das Hauptdarlehen zu bezahlen. Das Zinsdarlehen wird mit einem Zinssatz von 6 % verzinst. Der Saldo des Zinsdarlehens wächst kontinuierlich an. Sowohl das Hauptdarlehen als auch das Zinsdarlehen sollen am 31.12.2025 mit der Auszahlung aus einer dann fälligen Lebensversicherung getilgt werden.

Ob sich die Regelung des § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG, die den unbeschränkten Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zulässt, auch auf durch ein solches Darlehen ausgelöste Verzugs- und Zinseszinsen erstreckt, war bisher unklar.

Praxis-Tipp:  Erfreuliche Entscheidung des BFH

Für die Gestaltungspraxis erfreulich ist, dass der BFH diese Frage kürzlich in einem Grundsatzurteil zugunsten der Steuerpflichtigen geklärt hat (Urteil v. 7.7.2016, III R 26/15). Maßgeblich sei auch insoweit allein die Verwendung der Darlehensmittel für eine begünstigte Investition. Der Gesetzeswortlaut enthalte keine Hinweise darauf, dass Verzugs- und Zinseszinsen nicht unter den Begriff der Schuldzinsen i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG fallen. Auch Verzugs- und Zinseszinsen sind bei steuerlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalüberlassung. Verzugs- und Zinseszinsen bleiben danach auch dann durch den ursprünglichen Darlehenszweck veranlasst, dienen also der "Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens", wenn als zusätzliche Ursache – wie im Beispielsfall – die vereinbarungsgemäße Nichtzahlung laufender Zinsen hinzutritt, sondern die Zinsen dem Darlehen zugeschlagen werden, sodass Zinseszinsen entstehen.

Die Zinsen für das Hauptdarlehen sind durch ein Investitionsdarlehen veranlasst, weil die begünstigte Investition unmittelbar aus diesem Kredit bezahlt worden ist. Die für das separate "Zinskonto" zu entrichtenden Zinsen, d. h. die für die Finanzierung der Zinsen für das Hauptdarlehen entstehenden Zinsen, stehen ebenfalls (noch) im Zusammenhang mit dem Investitionsdarlehen. Nach alledem unterliegen sowohl die Zinsen für das "Hauptdarlehen" als auch die Zinsen für das "Zinsdarlehen" nicht der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG.


Schlagworte zum Thema:  Zinsen, Betriebsausgaben, Darlehen, Einkommensteuer