Der Grund: Die Kosten für die erstmalige Berufsausbildung gehören zu den Sonderausgaben, die Kosten für eine zweite Ausbildung sind als Werbungskosten abziehbar.
Berufsausbildung bedeutet: Durch eine berufliche Ausbildungsmaßnahme werden die notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse erworben, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen (BFH, Urteil v. 18.06.2009, VI R 79/06).
Voraussetzung: Der Beruf wird durch eine Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgangs erlernt und durch eine Prüfung abgeschlossen (BMF, Schreiben v. 22.09.2010, BStBl. 2010 I S. 721, Rz. 4).
Berufsausbildungen sind (BMF, Schreiben v. 22.09.2010, BStBl. 2010 I S. 721, Rz. 5-6):
- anerkannte Ausbildungs- und Lehrberufe;
- Berufsausbildungsverhältnisse nach dem Berufsbildungsgesetz;
- Berufsabschlüsse an Berufsfachschulen;
- anerkannte Berufsausbildungsberufe für behinderte Menschen und besondere Behinderten-Ausbildungsberufe;
- Ausbildungen in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen;
- Bildungsmaßnahmen, die Voraussetzung für die Aufnahme einer beruflichen Betätigung sind, wenn sie im Rahmen eines geordneten Ausbildungsgangs erfolgen und durch eine staatlich anerkannte Prüfung abgeschlossen werden. Der erfolgreiche Abschluss der Prüfung muss Voraussetzung für die Aufnahme der beruflichen Tätigkeit sein.
Der steuerliche Begriff der Berufsausbildung ist also relativ weit gefasst. So kann auch die Ausbildung zum Rettungssanitäter während eines freiwilligen sozialen Jahrs eine erstmalige Berufsausbildung sein. § 12 Nr. 5 EStG setzt weder ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz noch eine bestimmte Ausbildungsdauer voraus (BFH, Urteil v. 27.10.2011, VI R 52/10, BStBl. 2012 II S. 825).
Eine „erstmalige“ Berufsausbildung liegt vor, wenn dieser Berufsausbildung keine andere abgeschlossene Berufsausbildung bzw. kein abgeschlossenes berufsqualifizierendes Hochschulstudium vorausgegangen ist. Besonderheit: Findet die erstmalige Berufsausbildung im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses statt, gehören die Kosten zu den Werbungskosten (z. B. Lehre in einem Betrieb mit Besuch der Berufsschule).
Auch ein Studium an einer Hochschule gehört grundsätzlich zur Berufsausbildung und die Studienkosten damit zu den Sonderausgaben, wenn es sich bei dem Studium um die erste Berufsausbildung handelt (BMF, Schreiben v. 22.09.2010, BStBl. 2010 I S. 721, Rz. 13). Ausnahme: Wird das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolviert, liegt steuerlich eine Fortbildung vor und die Studienkosten sind Werbungskosten (z. B. duales Studium im Betrieb und Besuch der Hochschule).
Wurde dagegen vor Aufnahme des Studiums eine Berufsausbildung abgeschlossen, zählt das (Erst-)Studium steuerlich zur Fortbildung (z. B. erst Lehre als Schreiner, danach Studium der Architektur)
Und dann gibt es noch diese Sonderfälle:
Sonderfall | Beschreibung | Beurteilung |
Nachgeholte Berufsausbildung | Es wird eine berufliche Tätigkeit ausgeübt, eine Berufsausbildung wurde bisher nicht absolviert. Erst später wird diese nachgeholt. | Hier handelt es sich um eine erstmalige Berufsausbildung. |
Anerkennungsjahre / praktische Ausbildungsabschnitte | Bestandteil der ersten Berufsausbildung sind praktische Ausbildungsabschnitte. | Solange keine abgeschlossene Berufsausbildung vorliegt, sind die praktischen Ausbildungsabschnitte Teil der ersten Berufsausbildung. Anerkennungsjahre und Praktika nach Abschluss einer Berufsausbildung oder eines Studiums können dagegen Fortbildung sein. |
Wechsel der Berufsausbildung | Nach einigen Semestern Studium wird die Fachrichtung gewechselt, ohne das erste Studium abgeschlossen zu haben. | Mit dem ersten Studium liegt keine abgeschlossene Berufsausbildung vor, da es nicht mit einer Prüfung beendet wurde. Deshalb ist das zweite Studium immer noch die erstmalige Berufsausbildung. Noch nicht geklärt ist der Fall, ob eine erste Berufsausbildung auch als abgeschlossen gilt, wenn zwar die Prüfung absolviert aber nicht bestanden wurde (Az der Revision VI R 61/11). |
Unterbrechung der Berufsausbildung | Nach einigen Semestern wird das Studium für einige Zeit unterbrochen und danach wieder aufgenommen. | Der Studienteil nach der Unterbrechung ist kein zweites Studium, sondern es handelt sich immer noch um das erste Studium und damit um die erste Berufsausbildung. |
Ausbildung im Ausland | Einer abgeschlossenen Berufsausbildung in Frankreich folgt ein Studium in Deutschland. | Wird der französische Berufsabschluss in Deutschland anerkannt, handelt es sich hierbei um die erstmalige Berufsausbildung. Das Studium ist dann eine zweite Ausbildung und damit steuerlich eine Fortbildung. |
Mehrere Studiengänge / Ausbildungen | Es werden zwei Studiengänge parallel studiert und zu unterschiedlichen Zeiten abgeschlossen. | Mit dem Abschluss des ersten Studiengangs ist die erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen. Ab diesem Zeitpunkt ist der andere Studiengang ein weiteres Studium, dessen Kosten Werbungskosten sind. So lautet zumindest die Ansicht der Finanzverwaltung. Eine höchstrichterliche Entscheidung wird es dazu hoffentlich auch bald geben; denn die Frage, ab welchem Zeitpunkt die zweite Ausbildung tatsächlich beginnt, liegt beim BFH (Az der Revision VI R 38/12). |
Ergänzungs-/Aufbaustudium | Nach dem Abschluss des Studiums wird ein Aufbaustudium absolviert. | Zusatz-, Ergänzungs- und Aufbaustudien setzen den Abschluss eines ersten Studiums voraus, deshalb gehören sie als weiteres Studium steuerlich zur Fortbildung. |
Vorbereitungsdienst | An das Jura-Studium schließt sich der juristische Vorbereitungsdient (Referendariat) an. | Das erste juristische Staatsexamen ist ein berufsqualifizierender Abschluss. Das Referendariat gilt deshalb als Fortbildung. |
Bachelor-/Masterstudiengänge | Nach einem Bachelorstudium wird ein Masterstudium aufgenommen. | Grundsätzlich ist mit Abschluss eines Bachelorstudiums auch die erste Berufsausbildung abgeschlossen. Der nachfolgende Masterstudiengang ist ein weiteres Studium, dessen Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar sind. |
Promotion | Anschließend an ein Hochschulstudium wird eine Promotion durchgeführt. | Auch hier gilt, dass mit dem Abschluss des Studiums die erste Berufsausbildung abgeschlossen ist. Die Promotionskosten gehören deshalb grundsätzlich zu den Werbungskosten. |