Minimalanforderungen an das Zahlenwerk
Die betriebswirtschaftliche Nutzung der Zahlen sollte in Unternehmen selbstverständlich sein. Leider ist dem häufig nicht so. Zum Beleg: Eine Minimalanforderung in Firmen wäre die monatliche und zeitnahe intensive Durchsicht einer korrekt abgegrenzten betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) mit der Umsetzung der Maßnahmen, die sich daraus ergeben.
In der Realität jedoch werden BWAs oft nicht richtig abgegrenzt oder verspätet erstellt, nur einmal jährlich besprochen oder verschwinden ungelesen in der Ablage. Manche Mandanten wollen sie überhaupt nicht sehen. Daran wird das Problem ersichtlich.
Für höhere Ansprüche gilt das gleiche: Wie hoch ist der Prozentsatz Ihrer Mandanten, die mit einer Kostenrechnung arbeiten, definiert als die Nutzung von Kostenstellen und Kostenträgern? Ich wette, es sind keine 3 %, abgesehen vielleicht von Firmen, die Konzernstrukturen angehören.
Warum ist das so? Warum interessieren sich Entscheider so wenig für ihre Zahlen? Und warum bestellen Unternehmen bei Steuerberatern keine Beratung, um diese Instrumente aufzubauen?
Betriebswirtschaftliche Beratung als kostenfreier Service
Oft wird seitens der Kanzleien argumentiert, dass eine betriebswirtschaftliche Beratung sehr wohl erfolge, jedoch als im Preis inbegriffene Beratungsleistung, die zum Service gehöre und nicht extra berechnet wird.
Tatsächlich wäre es vermessen, dies bei Kanzleien infrage zu stellen, die entsprechend verfahren. Ich sehe dies insgesamt, über alle Kanzleien hinweg, aber nicht ganz so rosig. Eine kritische Nachfrage zu Umfang und Qualität betriebswirtschaftlicher Beratung durch Kanzleien wird oft auffällig rasch und mit einer gewissen Empörung zurückgewiesen.
Trotzdem bleibe ich bei der kritischen Betrachtung und argumentiere wie folgt: Eine betriebswirtschaftliche Beratung kann nicht besser sein, als die Zahlen, die ihr zugrunde liegen. Sind, wie eben beschrieben, BWAs und andere Auswertungen tatsächlich nur bedingt tauglich oder kommen nur selten zum Einsatz, kann die darauf aufbauende Beratung nicht besser sein als die Qualität dieser Instrumente. Fehlen weitergehende Werkzeuge wie Kostenrechnung oder Liquiditätsplanung, gilt das Gleiche.
Als Kanzlei kann man daher intern schnell prüfen, wie die eigenen BWAs ausgestattet sind, ob Mandanten sie nutzen und wie intensiv darüber kommuniziert wird. Dies definiert, inwieweit die betriebswirtschaftliche Beratung überhaupt kompetent erfolgen kann. Somit hat man eine sachliche Diskussionsgrundlage.
Ursachenforschung
Damit wird noch keine Aussage getroffen, woran das liegt. Wenn Mandanten einfach kein Interesse haben, ist eine betriebswirtschaftliche Beratung nicht möglich, egal ob als Service oder gegen Berechnung.
Die Ursachen für einen geringen Dienstleistungsumfang in diesem Bereich können bei Mandanten und Kanzleien gleichermaßen liegen. Die folgenden Einschätzungen basieren auf Gesprächen mit meinen Kunden in Seminaren, in Beratungssituationen und aus Reaktionen von Steuerberatern auf die Eigeninitiative dieser Mandanten.
Dabei soll gelten, dass hier die Grundlagen einer betriebswirtschaftlichen Beratung betrachtet werden, reguläre BWAs und Controllingreporte. Die Minimalstandards also auf Basis der Buchhaltungszahlen, nicht fortgeschrittene Systeme. Es geht zunächst um die Pflicht, nicht um die Kür.
Eine Diskussion darüber lohnt. Betrachten wir erst die Sichtweise der Entscheider in Firmen.
Ich erlaube mir an dieser Stelle die Frage, ob der Steuerberater angesichts der stetigen Rechtsänderungen und der damit zusammenhängenden unbedingt umzusetzenden organisatorischen Anpassungen (Aktualisierung der internen Prozessabläufe in der Kanzlei UND die Überwachung das diese auch eingehalten werden) überhaupt noch Zeit hat sich um betriebswirtschaftliche Beratung zu kümmern.
Nicht nur, dass das Finanzamt immer mehr und immer komplexere Aufgaben auf den Steuerbürger - und damit auch auf den Steuerberater - überträgt. Auch die Erwartungshaltung des Mandanten geht eher dahin das er sinkende Preise für die Steuerberaterleistung zu erhalten.
Wenn der Steuerberater diesen Konflikt nicht auflöst bleibt nicht nur keine Zeit, sondern auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht kein Raum, diese Beratung zu leisten.
Das der Themenkomplex betriebswirtschaftliche Beratung von Seiten der Datev eG unheimlich in den Vordergrund gestellt und Softwaretechnisch unterstützt wird ändert die vorherrschende Praxis auch nicht unbedingt. Das Auseinandersetzen mit den Beratungstools ist zeitaufwändig und nur zielführend wenn man sich methodisch auskennt. Rückfragen zu den Auswertungen zu beantworten ist in diesem Kontext schwierig und kann schnell eine weitere Hürde darstellen.
Alles in Allem betrachtet gibt es doch einige Punkte, die den Steuerberater davon abhalten dediziert und nicht nur mal nebenher betriebswirtschaftlich zu beraten.