Brexit in Fällen: Deutsche Tochtergesellschaft zahlt Lizenzgebühren


Brexit: Deutsche Tochtergesellschaft zahlt Lizenzgebühren

Im entworfenen Fall ist die in Deutschland ansässige A-GmbH eine 100 %ige Tochtergesellschaft der im Vereinigten Königreich ansässigen X-plc. Sie zahlt Lizenzgebühren für die Überlassung von Warenzeichen an die X-plc. Diese erfüllen die Voraussetzungen des Drittvergleichs. Entsteht Abzugsteuer nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG?

Hinweis zu den Fällen: Die in dieser Serie erscheinenden Fälle zum Brexit sind aus der Sicht des immer wahrscheinlicher werdenden "harten" Brexits entworfen worden. Sie behandeln die wesentlichen steuerlichen Fragen, die durch das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs (UK) aus der EU entstehen.

Lösung:

Für die Lizenzzahlungen an die X-plc. ist keine Abzugsteuer einzubehalten.

Hintergrundinfo:

Lizenzzahlungen unterliegen nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG einer Abzugsteuer von 15 %. Eine Reduzierung der Abzugsteuer kann aus § 50g EStG, der auf der Zins- und Lizenzrichtlinie der EU beruht, und aus einem DBA folgen.

Die Lizenzzahlungen an die X-plc. fallen ab Wirksamwerden des Brexits nicht mehr unter § 50g EStG bzw. unter die Zins- und Lizenzrichtlinie, da die X-plc. nicht mehr in einem Mitgliedstaat der EU ansässig ist. § 50g Abs. 1 EStG ist nur zwischen Unternehmen eines Mitgliedstaates der EU anwendbar. Was als "Unternehmen eines Mitgliedstaates der EU" gilt, definiert § 50g Abs. 3 Nr. 5 EStG. Nach § 50g Abs. 3 Nr. 5 Doppelbuchst. aa, cc EStG ist dafür Voraussetzung, dass das jeweilige Unternehmen eine in der Anlage 3 Nr. 1 zum EStG aufgeführte Rechtsform aufweist und ohne Befreiung einer der in Anlage 3 Nr. 2 zum EStG aufgeführten Steuer unterliegt. Nach Nr. 1 Buchst. o der Anlage 3 zum EStG fallen hierunter die nach dem Recht von UK gegründeten Gesellschaften. Anlage 3 Nr. 2 zum EStG führt als Steuer, der die Körperschaft unterliegen muss, die Corporation Tax des UK auf. Solange die Anlage 3 zum EStG nicht entsprechend geändert wird, ist zwar die Auffassung vertretbar, dass § 50g EStG, insoweit konstitutiv, die Steuerbefreiung auf Unternehmen in UK, insoweit unilateral, ausdehnt. Jedoch bestimmt § 50g Abs. 3 Satz 1 Buchst. a, Doppelbuchst. bb i. V. m. Satz 2 EStG, dass ein Unternehmen nur dann ein Unternehmen in einem Mitgliedstaat der EU ist, wenn es in einem Mitgliedstaat der EU ansässig ist, d. h. dort der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt. Mit dem Wirksamwerden des Brexits erfüllt die X-plc. diese Voraussetzung nicht mehr. Die Freistellung von der Abzugsteuer nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG aufgrund des § 50g EStG ist daher nicht mehr anwendbar.

Jedoch ergibt sich die Befreiung von der Abzugsteuer aus Art. 12 Abs. 1 DBA-UK. Danach können Lizenzgebühren nur in dem Ansässigkeitsstaat des Empfängers besteuert werden, also in UK. Deutschland hat daher kein Besteuerungsrecht, auch nicht nach Art. 12 Abs. 4 DBA-UK, da die vereinbarten Lizenzgebühren dem Drittvergleichsgrundsatz entsprechen. Die Lizenzzahlungen sind daher entweder nach § 50d Abs. 2 EStG von der Abzugsteuer freizustellen oder die Steuer ist nach § 50d Abs. 1 EStG zu erstatten. Die Entlastung von der deutschen Abzugsteuer unterliegt zwar den Regeln des § 50d Abs. 3 EStG, jedoch enthält der Sachverhalt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die X-plc. funktionsarm ist.

Ist für die Lizenzzahlung in der Vergangenheit eine Freistellungsbescheinigung aufgrund des § 50f EStG erteilt worden, wird diese mit dem Wirksamwerden des Brexits ungültig, da die Voraussetzungen des § 50g EStG nicht mehr erfüllt werden. Die X-plc. hat dies dem Bundeszentralamt für Steuern nach § 50d Abs. 2 Satz. 4 Halbs. 2 EStG unverzüglich anzuzeigen. Wird nicht rechtzeitig eine neue Freistellungsbescheinigung nach dem DBA-UK erteilt, ist die Abzugsteuer in Höhe von 15 % einzubehalten und abzuführen. Die X-plc. ist dann auf das Erstattungsverfahren nach § 50d Abs. 1 EStG angewiesen. Das Verfahren der Einbehaltung und anschließenden Erstattung der Abzugsteuer entspricht Art. 29 DBA-UK und ist daher DBA-konform. Zu beachten ist dabei, dass die Erstattung nach dem DBA-UK erfolgt, nicht mehr nach § 50g EStG. Daher gilt § 50d Abs. 1a EStG nicht mehr, der Erstattungsbetrag wird daher nicht verzinst.

Bei der Frage, ob die A-GmbH die Lizenzgebühren als Betriebsausgaben abziehen kann, ist § 4i EStG zu beachten. In UK liegt die Steuerbelastung bei 19 %, ab 2020 bei 17 %, und damit unter dem Grenzwert des § 4i Abs. 2 EStG von 25 %.

Checkliste:

  • Ist für die Lizenzzahlungen an die X-pc. der Wegfall der Voraussetzungen des § 50g EStG dem Bundeszentralamt für Steuern mitgeteilt worden?
  • Ist für die X-plc. eine Freistellungsbescheinigung nach DBA-UK beantragt worden?
  • Ist erforderlichenfalls ein Erstattungsantrag gestellt worden?
  • Ist die X-plc. eine funktionsschwache Gesellschaft?

Alle 100 Fälle zu den Rechtsfolgen eines "harten" Brexit

In Ihren Haufe Steuer Office Produkten finden Sie aktuell unter dem Haufe Index 12414049 die komplette Fallsammlung zu den wesentlichen steuerlichen Fragen, die durch das Ausscheiden von UK aus der EU im Falle eines "harten" Brexit entstehen. Gegliedert sind die Fälle in 7 Abschnitte mit folgendem Inhalt:

  • Schutzumfang der europäischen Grundfreiheiten;
  • Ertragsteuern der Unternehmen;
  • Umwandlungen;
  • Umsatzsteuer;
  • Zollrecht;
  • Ertragsteuern der natürlichen Personen;
  • Erbschaftsteuer.

Die Fälle werden bei Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen zeitnah angepasst. 

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