Brexit in Fällen: Ort der Lieferung bei Verkauf (B2C)


Brexit und Umsatzsteuer: Ort der Lieferung bei Verkauf B2C

Im entworfenen Fall ist die A-GmbH eine Online-Händlerin, die kein Geschäftslokal unterhält. Die Online-Plattform wird aus Deutschland betrieben. X kauft über diesen Online-Shop einen Mantel, den er sich an seinen Wohnsitz in Manchester liefern lässt. Die Ware wird von der A-GmbH direkt aus einem Lager aus Deutschland geliefert.

Hinweis zu den Fällen: Die in dieser Serie erscheinenden Fälle zum Brexit sind aus der Sicht des immer wahrscheinlicher werdenden "harten" Brexits entworfen worden. Sie behandeln die wesentlichen steuerlichen Fragen, die durch das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU entstehen.

Lösung:

Die A-GmbH verkauft ihre Waren an Privatpersonen und damit an Nichtunternehmer. Die Lieferung unterliegt in UK, aber nicht in Deutschland der Umsatzsteuer. Zwar liegt der Ort der Lieferung an dem Ort des Beginns der Warenlieferung – dies ist hier Deutschland. Die Lieferung ist aber als Ausfuhrlieferung steuerfrei. In UK hat die A-GmbH eine Einfuhr zu erklären und mit Einfuhrumsatzsteuer zu besteuern. Die A-GmbH hat sich damit in UK umsatzsteuerlich zu registrieren, um die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen zu können.

Hintergrundinfo:

Bisher bestimmte sich der Ort der Lieferung bei Lieferungen an Nichtunternehmer in einen anderen EU-Mitgliedstaat grundsätzlich nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UStG. Danach ist Ort der Lieferung das Bestimmungsland, indiesem Fall Großbritannien. Dies galt allerdings gem. § 3c Abs. 3 UStG unter dem Vorbehalt, dass die relevanten Lieferschwellen überschritten sind. Nur wenn die A-GmbH entweder im laufenden oder im vorangegangenen Kalenderjahr für mehr als 70.000 GBP Waren als Gegenleistung nach Großbritannien geliefert hat, war die Vorschrift anzuwenden.

Dieses Bestimmungslandprinzip ist nur auf Lieferungen innerhalb der EU anwendbar. Nach dem Brexit gehört UK nicht mehr zur EU, sodass das Bestimmungslandprinzip keine Anwendung findet. X ist in UK und damit nach dem Brexit in einem Drittland ansässig. Es sind die allgemeinen Regelungen für die grenzüberschreitende Lieferung in ein Drittland anzuwenden. Bei einer bewegten Lieferung (Versendung) ist der Ort der Lieferung am Beförderungsbeginn und damit in Deutschland. Es liegt aber eine steuerfreie Ausfuhrlieferung gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG i. V. m. § 6 UStG vor.

Hinweis: Unerheblich ist insoweit, ob die Lieferung an einen Unternehmer oder – wie in diesem Fall – eine Privatperson erfolgt. In UK unterliegt die Lieferung der Einfuhr und der Einfuhrumsatzsteuer. Die Anmeldung und Abführung der Einfuhrumsatzsteuer kann von einem Logistikdienstleister vorgenommen werden. Bei einer Lieferung an einen Unternehmer kann die Einfuhrumsatzsteuer ggf. auch vom Erwerber übernommen werden.

Checkliste:

  • Erfolgt eine Warenlieferung nach UK?
  • Werden die Waren aus Deutschland geliefert?
  • Wird die Einfuhrumsatzsteuer von einem Logistikdienstleister angemeldet und gezahlt?
  • Ist eine Registrierung in UK erfolgt?

Alle 100 Fälle zu den Rechtsfolgen eines "harten" Brexit

In Ihren Haufe Steuer Office Produkten finden Sie aktuell unter dem Haufe Index 12414049 die komplette Fallsammlung zu den wesentlichen steuerlichen Fragen, die durch das Ausscheiden von UK aus der EU im Falle eines "harten" Brexit entstehen. Gegliedert sind die Fälle in 7 Abschnitte mit folgendem Inhalt:

  • Schutzumfang der europäischen Grundfreiheiten;
  • Ertragsteuern der Unternehmen;
  • Umwandlungen;
  • Umsatzsteuer;
  • Zollrecht;
  • Ertragsteuern der natürlichen Personen;
  • Erbschaftsteuer.

Die Fälle werden bei Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen zeitnah angepasst. 

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Schlagworte zum Thema:  Umsatzsteuer, Brexit