Employer Branding für Steuerkanzleien
Schöne neue (Arbeits-)Welt
Wer sich im Fachkräftemangel der Branche behaupten will, kommt am Thema Employer Branding nicht vorbei. Der Aufbau und die Pflege einer Arbeitgebermarke ist essenziell, um am Markt als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Entsprechend sollten die Entwicklungen in der Arbeitswelt einfließen. Beschrieben werden sie treffend vom Akronym VUCA, das für die englischen Begriffe Volatility, Uncertainty, Complexity und Abiguity steht. Unter dem Begriff "New Work" wird im beruflichen Leben auf diese Entwicklungen eingegangen.
Typische Themen sind: Einsatz der neuesten digitalen Technik, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Fortbildung, Teamwork, agile Projektgestaltung, hohe Selbstverantwortung, vernetztes Arbeiten und neue Führungsstile. Mit all diesen Ansätzen sollen Unternehmen den Anforderungen der VUCA-Welt gerecht werden. Dies betrifft genauso die Steuerkanzleien.
Digitale Kanzlei
Digitalisierung in der Steuerberatungsbranche bewirkt eine grundlegende Veränderung der Geschäftsmodelle und Arbeitsweisen. Teile der Buchhaltung und der deklaratorischen Tätigkeiten lassen sich automatisieren und schaffen so Zeit und Raum für neue Aufgabenfelder. Damit wächst aber auch die Notwendigkeit, sich wissensintensiven und innovativen Tätigkeiten in der Mandantenberatung zuzuwenden und damit neue Geschäftsfelder zu erschließen.
Projekt- und Zeitmanagement
Als Folge des Megatrends Digitalisierung sind die zunehmende Komplexität und Verdichtung von Aufgaben und Zeitbudgets, die Individualisierung von Dienstleistungen und die immer schnellere Bearbeitung der Anliegen zu nennen. Will man auch künftig seine Kanzlei effizient und effektiv führen, stellt sich die Frage nach den Strukturen. Die oft noch dominierenden formellen und juristischen Prozesse müssen im Hinblick auf Zeit- und Projektmanagement agil gestaltet werden. Anstehende Aufgaben werden mit projektbezogenen Methoden abgearbeitet, wo es passt. Bei kleineren Kanzleien sind dies besondere Anlässe wie z. B. die Einführung neuer Software.
Lernkultur und Wissensmanagement
Steuerberatungskanzleien sollten die Weiterbildung stets im Blick haben, um auf neue Entwicklungen in Gesetzen oder unternehmerischen Pflichten unmittelbar reagieren zu können. Darüber hinaus geht es um Personalentwicklung im Sinne einer umfassenden Förderung von Schlüsselqualifikationen. Wer die Chance nutzt und eine lebendige Lern- und Arbeitskultur etabliert, stärkt damit sogar die Mitarbeiterbindung. Daneben helfen Weiterbildungen, neue Rollen und Funktionen in der digitalisierten Kanzlei wahrzunehmen. Auch der Alltag in der Kanzlei bietet permanent Lernmöglichkeiten, die über die Reflexion in einer guten Fehlerkultur das Unternehmen voranbringen können. Grundlegend dabei ist die Erkenntnis, dass Wissen unser wichtigstes Gut in der Kanzlei ist.
Innovationsmanagement
Bei der gezielten Gestaltung von Erneuerungen im Unternehmen geht es nicht nur um neue Ideen, sondern auch um die Nutzung oder Nutzbarmachung von Ideen bereits erfolgreicher Produkte oder Leistungen zur Steigerung von Effizienz und Effektivität. Geht man aktuell davon aus, dass 70–80 % der konventionellen Tätigkeiten digitalisiert werden können, zeigt sich rasch, dass es neuer (Beratungs-)Themen und Arbeitsstandards bedarf. Wer seine Kanzlei mit den vorhandenen Stärken und Interessen entwickelt und sich damit einen Expertenstatus erarbeitet, handelt innovativ. Ein stärkenorientierter Mitarbeitereinsatz und ein Zielgruppenfokus auf Mandantengruppen gehören unbedingt dazu.
Arbeitswelt 4.0 in der Steuerbranche
Im Zusammenhang mit der vierten industriellen Revolution (Industrie 4.0) ist der Fokus auf Arbeitsformen und -verhältnisse gerückt. Dabei geht es nicht um ein festes Muster, das umzusetzen ist, sondern um bestmögliche Steuerung im Einzelfall. Neben der Automatisierung von Arbeitsprozessen beinhaltet dies Strukturen des orts- und zeitunabhängigen Tätigseins sowie Neuerungen bzgl. Hierarchien, Unternehmenskultur und Qualifikationsansprüchen. Um die besten Impulse für die jeweilige Kanzlei zu identifizieren und umzusetzen, bietet sich vielleicht sogar ein externes Coaching an. Der "Blick von außen" kann hilfreich sein, um alle Möglichkeiten neu zu denken.
Das "Wir" gewinnt
In Unternehmen rückt das Thema Teamgeist immer mehr in den Fokus. Die Ansicht von Michael Jordan setzt sich immer mehr durch: "Talent gewinnt Spiele, aber Teamwork und Intelligenz gewinnen Meisterschaften." In diesem Zusammenhang kommt Ritualen eine besondere Bedeutung zu. Denn nicht nur der Sport oder große Unternehmen profitieren von Gemeinschaftssinn, sondern auch von einem sichtbaren Symbol der Einheit, einem Ritual als Methode der Sinn- und Einheitsstiftung.
Dabei ist es unbedeutend, ob es sich um regelmäßige Konferenzen, gemeinsame Ausflüge oder den gemeinsamen Wochenbeginn oder -abschluss handelt. Einmal die Woche zusammen Rückschau halten auf das, was man in der Woche Positives erlebt hat mit Mandanten, Partnern und Kollegen, kann helfen Kurs zu halten und positiv gestimmt als Team die Woche abzuschließen – auch wenn es wieder einmal hektisch zugegangen ist. So verankern Rituale das gemeinsame Ziel, stärken die Bindung der Mitarbeiter und helfen bei aller Leistungsorientierung Spaß und Leidenschaft zu bewahren.
Autorinnen: Sandra Weigert, MBA und Petra Kunde, Dipl.-Finanzwirtin (FH) und Steuerberaterin, sind auf die Beratung von Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzleien spezialisiert. Mit Benchmarking führen sie ein seit 1998 bewährtes Workshop-System fort, das Josef Weigert speziell für diese Branche entwickelt und aufgebaut hat. Ines Scholz, Dipl.-Kauffrau (FH), ist Steuerberaterin in eigener Kanzlei in Zwickau und Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV). Sie ist außerdem als Wirtschaftsmediatorin und Aufsichtsratsmitglied tätig. Der Beitrag entstammt dem bei Schäffer-Poeschel erschienenen Der Beitrag entstammt ihrem gemeinsamen, im Schäffer-Poeschel erschienenen Buch "Mitarbeiterführung in der Steuerkanzlei". |
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