Erhöhung der Höchstbetragsgrenzen beim Verlustrücktrag
Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG bis zu einem Betrag von 1 Mio. EUR, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 2 Mio. EUR vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustrücktrag). Diese Höchstbetragsgrenzen sind durch das 2. Corona-Steuerhilfegesetz v. 29.06.2020 (BGBl 2020 I S. 1512) vorübergehend erhöht worden.
Mit Verlusten kann die Steuerlast gesenkt werden, da Verluste, also negative Einkünfte, mit positiven Einkünften einer anderen Einkunftsart verrechnet werden können. Die Verlustverrechnung mit den positiven Einkünften im selben Kalenderjahr nennt man steuerlich Verlustausgleich. Die Verrechnung von negativen Einkünften eines Jahrs mit positiven Einkünften eines anderen Jahrs ist der Verlustabzug. Der Verlustausgleich ist prinzipiell ohne Einschränkung möglich, ausgenommen sind z.B. jedoch Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften, aus sonstigen Leistungen und bestimmte ausländische Verluste, die nur eingeschränkt verrechnet werden dürfen.
Verlustabzug nach § 10d EStG
Bleiben nach dem Verlustausgleich in einem Jahr negative Einkünfte übrig, sind diese steuerlich nicht verloren. Sie werden mit positiven Einkünften eines anderen Jahrs verrechnet (sog. Verlustabzug nach § 10d EStG). Beim Verlustabzug gibt es 2 Möglichkeiten,
- entweder Ausgleich der negativen Einkünfte mit positiven Einkünften des Vorjahrs (Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG) oder
- Ausgleich der negativen Einkünfte mit positiven Einkünften der folgenden Jahre (Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG).
Bei einem Verlustrücktrag werden die negativen Einkünfte eines Jahrs mit positiven Einkünften des Vorjahrs verrechnet, ein Rücktrag in weiter zurückliegende Jahre ist unzulässig. Negative Einkünfte aus 2020 können also nur nach 2019 zurückgetragen werden.
Gesetzliche Höchstbetragsgrenzen
Nach bisheriger Rechtslage ist der Verlustrücktrag auf 1 Mio. EUR (Alleinstehende) bzw. 2 Mio. EUR (zusammenveranlagte Ehegatten) beschränkt.
Gesetzliche Neuregelung
Die Höchstbetragsgrenzen beim Verlustrücktrag nach § 10d Absatz 1 Satz 1 EStG wurden für Verluste des VZ 2020 und 2021 von 1 Mio. EUR auf 5 Mio. EUR bei Einzelveranlagung und von 2 Mio. EUR auf 10 Mio. EUR bei Zusammenveranlagung angehoben. Durch den Verweis in § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG auf die Vorschriften des EStG gilt der erhöhte Wert von 5 Mio. EUR auch für die Körperschaftsteuer. Eine Änderung des GewStG war nicht nötig, da § 10a GewStG gewerbesteuerlich keinen Verlustrücktrag vorsieht. Die Erhöhung der Höchstbeträge sind nach § 52 Abs. 18b EStG für den VZ 2020 und 2021 anzuwenden, sodass die bisherigen Höchstbeträge aus heutiger Sicht wieder ab dem Veranlagungszeitraum 2022 gelten.
Verlustrücktrag von Amts wegen
Wird nichts unternommen, trägt das Finanzamt den Verlust automatisch in das Vorjahr zurück. In diesem Fall wird der Verlustrücktrag aus 2020 in den VZ 2019 im Rahmen der Höchstbeträge von 5 bzw. 10 Mio. EUR von Amts wegen in größtmöglichen Umfang vorgenommen. Das heißt, ein positiver Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahrs 2019 wird bis auf 0 EUR gemindert, weil der Verlustrücktrag kraft Gesetzes vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird, und zwar vorrangig vor den Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und anderen Abzugsbeträgen. Da der Verlustrücktrag vorrangig vor den Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen erfolgt (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG), kann es passieren, dass beim Verlustrücktrag z.B. Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen steuerlich ohne Auswirkung bleiben.
Verlustrücktrag ggf. beschränken
Diese Handhabung kann für den Steuerpflichtigen sehr nachteilig sein, wenn nämlich eine Steuerfestsetzung von 0 EUR (trotz eines positiven Gesamtbetrags der Einkünfte) bereits gegeben ist oder aber auch schon mit einem geringeren Rücktragsbetrag erreicht würde. § 10d Abs. 1 Satz 5 EStG lässt daher auf Antrag zu, vom Verlustrücktrag ganz abzusehen oder ihn zu beschränken. Im Antrag ist dann die Höhe des Verlustrücktrags anzugeben (§ 10d Abs. 1 Satz 6 EStG), ggf. mit 0 EUR. Der Antrag nach § 10d Abs. 1 Satz 5 EStG wird bei zusammenveranlagten Ehegatten wirksam durch den Ehegatten gestellt, der den Verlust erzielt hat (BFH Urteil vom 17.09.2008 - IX R 72/06).
Die Beschränkung des Verlustrücktrags stellt sicher, dass z.B. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, sonstige Abzugsbeträge und der Grundfreibetrag nicht verloren gehen. Steueroptimal ist somit ein Verlustrücktrag, der nach Verrechnung mit anderen Abzugsmöglichkeiten vom Gesamtbetrag der Einkünfte die Steuerfestsetzung auf 0 EUR reduziert. Dadurch bleibt ein höheres Verlustpotenzial für den Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 EStG erhalten.
Da der Steuerpflichtige die Höhe der negativen Einkünfte, die zurückgetragen werden sollen, nach § 10d Abs. 1 Satz 5 und 6 EStG selbst festlegen darf, muss der optimale Betrag vorher ermittelt werden. Der steueroptimale Verlustrücktrag kann nach folgendem Schema errechnet werden, wobei anzumerken ist, dass die dafür benötigten Werte dem Einkommensteuerbescheid des Vorjahrs entnommen werden können:
Gesamtbetrag der Einkünfte lt. Steuerbescheid des Vorjahrs | ________ EUR |
./. Sonderausgaben des Vorjahrs | ________ EUR |
./. Außergewöhnliche Belastungen des Vorjahrs | ________ EUR |
./. Sonstige Abzugsbeträge des Vorjahrs | ________ EUR |
./. Grundfreibetrag des Vorjahrs | ________ EUR |
= Steuerlich optimaler Verlustrücktrag | ________ EUR |
Beantragung in der Anlage Sonstiges
Die Beschränkung des Verlustrücktrags wird in der Anlage Sonstiges bei "Verlustabzug" beantragt. In der Zeile "Antrag auf Beschränkung des Verlustrücktrags nach …" ist der Betrag einzutragen, der in das Vorjahr zurückgetragen werden soll. Sollen keine negativen Einkünfte zurückgetragen werden, ist dort "0" einzutragen.
Neue Höchstbetragsgrenzen gelten auch im Rahmen der §§ 110, 111 EStG
Anzumerken ist, dass die Höchstbetragsgrenzen beim Verlustrücktrag auch im Rahmen der neuen § 110 EStG (Anpassung von Vorauszahlungen für den VZ 2019) und § 111 EStG (Vorläufiger Verlustrücktrag für 2020) zu berücksichtigen sind.
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