Fahrtvergünstigungen für Ruhestandsbeamte der Bahn
Mit der Inanspruchnahme von Fahrvergünstigungen fließen den Ruhestandsbeamten Sachbezüge und somit ein geldwerter Vorteil zu. Die Versteuerung erfolgt nach § 8 EStG.
Ausgangspunkt: BFH-Urteil vom 26.6.2014
Hierzu hatte der BFH hat mit Urteil v. 26.6.2014, VI R 41/13 (Haufe Index 7347406) entschieden, dass auf Fahrvergünstigungen, die die Deutsche Bahn AG Ruhestandsbeamten des Bundeseisenbahnvermögens gewährt, der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG (1.080 EUR) aufgrund der Sondervorschriften des § 12 Abs. 8 DB Gründungsgesetz entsprechend anwendbar ist. Die Vorschrift stellt insoweit eine steuerliche Gleichstellung der unmittelbar bei der DB AG und den ihr zugewiesenen Beamten bzw. der Versorgungsempfänger sicher.
Finanzverwaltung erkennt die Rechtsprechung an
Die Finanzverwaltung wendet das Urteil des BFH auch an (z. B. Bayerisches Landesamt für Steuern v. 26.4.2016 – S 2370.1.1-4/4 St 32, Haufe Index 9842223). Demnach findet der Rabatt-Freibetrag Anwendung bei Fahrvergünstigungen, die die Deutsche Bahn AG Ruhestandsbeamten des Bundeseisenbahnvermögens gewährt, soweit die übrigen Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 EStG erfüllt sind. Die Anwendung des Rabattfreibetrags soll aber nur dann möglich sein, wenn es sich um Waren oder Dienstleistungen handelt, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden, d. h. der Rabattfreibetrag gilt nur bei Produkten, die so auch auf dem "freien Markt" erhältlich sind.
Keine Anwendung bei des Tagestickets M Fern F und M Fern P?
Bei den Fahrvergünstigungen "Tagesticket M Fern F" (Freifahrten im Fernverkehr für Mitarbeiter bzw. Angehörige) und "Tagesticket M Fern P" (Tickets für den Fernverkehr zu reduzierten Preisen für Mitarbeiter) handele es sich z. B. um Produkte, die in dieser Form nicht im normalen Kundenverkehr angeboten werden. In diesen Fällen sei der geldwerte Vorteil nach § 8 Abs. 2 EStG zu bewerten.
FG-Rechtsprechung ist sich uneinig
Die Auffassung der Finanzverwaltung wurde durch das FG München bestätigt (Urteil v. 26.11.2015, 10 K 3384/14, Haufe Index 10682354). Dagegen haben die FG Hessen (Urteil v. 8.2.2017, 4 K 1925/15, Haufe Index 10860676) und Nürnberg (Urteile v. 1.12.2016, 3 K 588/16, Haufe Index 10222003 und 3 K 1062/16, Haufe Index 10535370) entgegen der Verwaltungsauffassung entschieden.
Der Rabattfreibetrag sei auf die Fahrvergünstigung "Tagesticket M Fern F" anwendbar, obgleich dieses Produkt von der DB am freien Markt nicht angeboten wird. Nach Auffassung des FG Nürnberg stellen die Dienstleistungen der Deutschen Bahn AG die Beförderung von Personen und Waren auf der Schiene dar, unabhängig davon, mit welcher Fahrkarte und in welchem Tarif dies erfolgt. Abzustellen sei abstrakt auf die Beförderungsleistung, die die DB AG nicht nur an (frühere) Arbeitnehmer, sondern überwiegend an Dritte erbringt.
Revisionsverfahren anhängig
Gegen die Entscheidungen der FG Hessen und Nürnberg laufen Revisionsverfahren vor dem BFH (VI R 23/17, VI R 3/17 und VI R 4/17). Vergleichbare Fälle sollten im Veranlagungsverfahren offen gehalten werden, bis der BFH entschieden hat. Einsprüche ruhen kraft Gesetzes nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.
Falls keine Versorgungsbezüge kann § 8 Abs. 2 EStG günstiger sein
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass auch noch ungeklärt ist, ob es sich bei dem Sachbezug für Ruhestandsbeamten der Bahn um Versorgungsbezüge handelt. Auch hierzu ist sich die Rechtsprechung nicht einig. Das FG Köln (Urteil v. 22.05.2013, 7 K 3185/12, Haufe Index 4754905) geht von laufendem Arbeitslohn, das FG München (Urteile v. 8.4.2014, 6 K 1712/13, Haufe Index 6805779 und v. 26.11.2015, 10 K 3384/14, Haufe Index 10682354) von Versorgungsbezügen aus.
Beträgt der geldwerte Vorteil z. B. 800 EUR und unter der Annahme von Versorgungsbezügen, ergibt sich nach Ansatz des Rabattfreibetrags kein zu versteuernder Betrag. Im Rahmen des § 8 Abs. 2 EStG (es wird hier unterstellt, dass die Freigrenze von 44 EUR pro Monat durchgehend überschritten wurde) und unter der Annahme, dass laufender Arbeitslohn vorliegt, würde der Arbeitnehmer-Pauschbetrag abgezogen und zusätzlich auch noch ein Altersentlastungsbetrag gewährt. Bei einer Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG ist dagegen kein Altersentlastungsbetrag abzuziehen, weil der BFH im Rahmen seines Urteils v. 26.6.2014 klargestellt hat, dass nach § 24a EStG nur solche (im Alter bezogenen) Einkünfte zu privilegieren sind, die nicht schon aufgrund anderweitiger Bestimmungen steuerbegünstigt oder gar von der Besteuerung gänzlich ausgenommen sind. Die Frage "Versorgungsbezüge oder laufender Arbeitslohn" hat er aber leider offen gelassen. Da in den o. a. Revisionsverfahren wohl nicht davon auszugehen ist, dass der BFH hierzu Stellung bezieht, bleibt zur Klärung dieser Frage nur der Gang vor ein Finanzgericht.
Aktualisierung (8.8.2018): Entscheidung des FG München
Mittlerweile hat sich das FG München mit der Frage Versorgungsbezug oder laufender Arbeitslohn beschäftigt. Es kommt mit Urteil v. 8.5.2018 (6 K 2979/17) zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Sachbezug einer Jahresnetzkarte um Versorgungsbezüge handelt. Steht einem Ruhestandsbeamten eine Netzkarte (auch) für die Dauer des beamtenrechtlichen Ruhegehalts zu, ist nach Auffassung des FG ein altersabhängiger Bezug mit Versorgungscharakter gegeben, weil keine Gegenleistung mehr erbracht werden muss. Da auch gegen die Entscheidung des FG München ein Revisionsverfahren (Az VI R 26/18) vor dem BFH läuft, ist jetzt auch diese Rechtsfrage offen. Der BFH muss nun abschließend entscheiden, ob Fahrvergünstigungen, die die Deutsche Bahn AG Ruhestandsbeamten des Bundeseisenbahnvermögens gewährt, Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG sind (mit der Folge, dass davon der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nicht abgezogen werden kann).
Aktualisierung (20.07.2020): Beide Rechtsfragen hat der BFH mittlerweile entschieden
Der BFH teilt die Auffassung der FG Hessen und Nürnberg, dass nicht nur für die Regiotickets, sondern auch für die Fernverkehrstickets (M Fern F und M Fern P) der Rabattfreibetrag anwendbar ist (BFH, Urteil v, 26.9.2019, VI R 23/17, Haufe Index 13604048).
Der BFH (Urteil v. 11.3.2020, VI R 26/18, Haufe Index 13925054) hat auch die Auffassung des FG München bestätigt, dass es sich bei dem Sachbezug einer Jahresnetzkarte um Versorgungsbezüge handelt, sodass kein Arbeitnehmer-Pauschbetrag abzuziehen ist. Entscheidend für das Merkmal von Bezügen aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG sei, dass der Steuerpflichtige wegen Erreichens dieser Altersgrenze von der Verpflichtung zu Dienstleistungen entbunden worden ist. Das vom Arbeitgeber geleistete Entgelt stellt damit keine Gegenleistung für Dienstleistungen des Arbeitnehmers, die im gleichen Zeitraum geschuldet und erbracht werden, sondern einen Bezug aus früheren Dienstleistungen dar.
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