Fall Hoeneß auch bei Steuerberatern ein Thema
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble blieb diplomatisch. Als der CDU-Politiker am Montag in Dresden beim 51. Deutschen Steuerberaterkongress sprach, nannte er den Namen Uli Hoeneß nicht. Dennoch war der FC-Bayern-Präsident wegen seiner Steueraffäre in aller Munde. Am Ende seiner Rede kam auch Schäuble auf den «zurzeit besonders prominenten Fall» zu sprechen. Er plädierte dafür, die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige nicht abzuschaffen - und bekam dafür viel Applaus von den rund 1300 Zuhörern. Denn Schäuble befindet sich damit voll auf dem Kurs der Steuerberater. Der Staat sei auf die Mitwirkung des Steuerhinterziehers angewiesen, sagte Helmut Schwab, Vizepräsident der Bundessteuerberaterkammer.
Ob der Fall Hoeneß eine Flut von Selbstanzeigen ausgelöst hat, vermag das oberste Gremium der Steuerberater nicht zu sagen. Genaue Daten würden nicht vorliegen. Nur eines ist klar. «Die Zahl der Selbstanzeiger ist deutlich gestiegen», sagte Kammerpräsident Horst Vinken. Schwab hat von Kollegen gehört, dass vor allem in Oberbayern, «Richtung Österreich», die Neigung Betroffener zunahm. Ob Hoeneß mit seiner Anzeige ins Schwarze traf, wollte Vinken nicht beurteilen: «Er hat ja gesagt, er hätte gezockt. Das bedeutet, dass er viele An- und Verkaufsgeschäfte hatte, die steuerpflichtig waren.» Hier sei die Frage der richtigen Selbstanzeige unter Berücksichtigung der Veräußerungsgewinne aus den An- und Verkäufen ein «Wahnsinnsspiel».
Deutlich wurde, dass wasserdichte Selbstanzeigen ein schwieriges Unterfangen sind. Die Steuerberater machen einen Unterschied bei Selbstanzeigen. Wenn es um ein normales Konto und Zinsen gehe, sei die Lage noch übersichtlich, hieß es. «Die Selbstanzeige bei Veräußerungsgewinnen ist fast unmöglich in annehmbarer Zeit darzustellen», erklärte Vinken. Das ziehe einen «Rattenschwanz ohne Ende» nach sich, zumal sich im Zeitraum von mehreren Jahren auch die Rechtslage geändert habe.
Schwab sieht auch die Steuerberater in solchen Fällen in einer haftungsrechtlichen Bredouille. «Man kann nur darüber spekulieren, ob die Kollegen - ich hoffe es nicht - bei Herrn Hoeneß solch einen schwerwiegenden Fehler begangen haben, dass die Selbstanzeige in die Hose gegangen ist.» Er denke eher, dass sich eine «undichte Stelle» über das Steuergeheimnis hinwegsetzte, was auch eine Straftat sei.
Mehr als skeptisch sind die Steuerberater beim Streitthema Steuer-CDs aus der Schweiz. Das Bundesverfassungsgericht habe nicht gesagt, dass der Ankauf der CDs grundsätzlich zulässig sei, sagte Vinken. Bis heute gebe es keine gesetzliche Ermächtigung für den Kauf dieser Daten. «Damit bewegt sich der Staat in einer rechtlichen Grauzone und ist insoweit kein Vorbild für die Bürger.» Ähnlich äußerte sich auch Sachsens Finanzminister Georg Unland (CDU) bei dem Kongress. Man solle lieber ein flächendeckendes Steuerabkommen mit souveränen Staaten anstreben und nicht punktuelle Zufallsfunde aus gestohlenen Steuerdaten. «Maßstab bei allen steuerpolitischen Maßnahmen sollte mehr Steuergerechtigkeit sein und nicht mehr Populismus.»
Auch Vinken beendete seinen Vortrag mit einer Warnung vor populistischen Aussagen in der Steuerdiskussion: «Und seien wir bitte wachsam. Wenn in Sonntagsreden oder Talkshows der eine oder andere von uns sagt: "Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt." Ja, meine Damen und Herren: Das sagen die Kannibalen auch immer.» Allerdings schoss der Präsident damit ein kleines Eigentor - wenn auch ohne Folgen: Schäuble bekannte wenig später freimütig, dass er 1972 bei seiner ersten Kandidatur für den Bundestag einen Satz in seinem Wahlkampf besonders hervorgehoben habe: «Im Mittelpunkt steht der Mensch.»
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