Für eine einzelne Person sind allein die fachlichen steuerlichen Anforderungen schon nicht mehr zu bewältigen. Weitere, in Ihrem Ausmaß unbestimmte Herausforderungen kommen aus dem nichtfachlichen Bereich.
Die Digitalisierung verändert – seit Jahren und fortwährend – grundlegend alle Bereiche unseres Lebens und auch der Wirtschaft. Innovationen werden nicht mehr ausschließlich von Unternehmern, sondern zunehmend von Kunden getrieben („Prosuming“), längst beeinflussen das Internet und die digitalen Medien nicht nur unser privates und berufliches Informationsverhalten und wo wir einkaufen, zunehmend werden alle Bereiche des Lebens durch das Internet beeinflusst. Eine Studie der Universität Oxford (C. B. Frey, M. A. Osborne: The Future of Empoyment: How Susceptible Are Jobs To Computerisation?, Oxford University, 2013) sieht über die Hälfte der Jobs in Deutschland durch die Digitalisierung gefährdet, darunter steuerberatende Berufe. Es gibt heute schon Länder in der EU, in denen die Finanzverwaltung Zahlungen der Steuerpflichtigen direkt mit Steuernummer erfasst – mit dem Ziel einer besseren Durchsetzung der Steuererhebung und dem Nebeneffekt, dass eine einfache Buchhaltung als „Nebenprodukt“ kostenlos für den Steuerpflichtigen abfällt. Internetkonzerne arbeiten an Businessmodellen, die ihre Informationsdienstleistungen auf das Thema „Buchhaltung“ erweitern sollen.
Denn bargeldlose und mobile Bezahlmethoden werden als Ausgangspunkt einer Kette von Informationsdienstleistungen rund um Zahlungsvorgänge gesehen, die konsequent weitergedacht mit Dienstleistungen wie Finanzbuchhaltung weitergeführt wird.
Zudem haben Steuerkanzleien in (naher) Zukunft auch mit weniger Schutz durch das Berufsrecht, mehr Wettbewerb aus dem EU-Ausland und von berufsfremden gewerblichen Unternehmen zu rechnen. Abgesehen davon, dass es auch am Personalmarkt enger für Steuerkanzleien wird, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen, haben – vor dem Hintergrund der Digitalisierung und des sich wandelnden Steuerberatungsmarktes – viele Kanzleien noch gar keine klaren Anforderungsprofile für ihr künftiges Personal. Nur die grobe Richtung ist klar: Weg von „Zahlenerfassern“ hin zu „Dienstleistern und Beratern“.
Der Unterschied von Management und Führung
Stephen Covey beschreibt in seinem Weltbestseller „Die 7 Wege zur Effektivität“ eindrucksvoll, was den Unterschied zwischen (operativem) Management und Führung ausmacht: Insbesondere in Situationen, die uns aus der Sicht des Tagesgeschäfts besonders herausfordernd erscheinen, ist die Gefahr groß, in die Aktivitätsfalle zu tappen, und die vermeintliche „Erfolgsleiter“ immer schneller immer höher zu steigen und dabei so beschäftigt zu sein und vermeintlich keine Zeit zu haben, nur um später festzustellen, dass die Leiter an der falschen Wand steht. Für wirkliche Effektivität und persönlichen Erfolg braucht es zwei Fähigkeiten: gutes Management und gute Führung. Management hat dabei den operativen Fokus: Wie kann ich die Dinge am besten erledigen? Führung hat den übergeordneten, visionären und strategischen Fokus: Welche sind die Dinge, die es zu erledigen gilt? Mit anderen Worten: An welche Wand stellen wir die Leiter (Frage der Führung), die wir dann möglichst effektiv hinaufklettern (Frage des Managements). Genau das ist es, was eine Steuerkanzlei heute unter den gegebenen Entwicklungen braucht: eine visionäre Führung, die festlegt und entscheidet, wohin es in Zukunft mit der Kanzlei geht: „An welche Wand stellen wir die Erfolgsleiter?“ Der Startpunkt für den Weg einer erfolgreichen Steuerkanzlei in die Zukunft muss mehr denn je die Vision (= Teil des Leitbilds) sein.
Ihre Vision ist der Startpunkt einer erfolgreichen Entwicklung
Die Rolle von Führung | Vision + Kern-Ideologie | Aus der Vogelperspektive – wie soll Ihre Kanzlei aussehen, wenn sie „fertig“ ist? Wo soll sie hin, aber auch was bleibt gleich? |
Strategie | Was Sie betreffend Positionierung, Ressourcenallokation und Priorisierung für das Management zur Visionserreichung tun müssen. | |
Die Rolle von Management | operative Pläne | Die spezifischen Aktivitäten inklusive zeitlich definierter Benchmarks und Sollvorgaben für Kennzahlen, die zur Strategieumsetzung nötig sind. |
Budgets | Die Übersetzung der Pläne in genaue Finanz- und Leistungskennzahlen (Kapazität, Auslastung und Zeitmessgrößen). |
(aus: Ric Payne, Principa: Creating a Vision For Your Firm)
Effektives Führen dank Selbstmanagement
Was bedeutet Führung eigentlich? Im Kern ist Führung nichts weiter als die Menge der Fähigkeiten und Eigenschaften, andere dazu zu bringen, jemandem zu folgen. Führungspersönlichkeiten haben die Eigenschaft, ihr Team und Andere zu inspirieren, sie anzuregen, über ihr eigenes derzeitiges Können hinauszugehen, dass es dem Team möglich wird, Ziele zu erreichen, die sie bisher für unerreichbar gehalten haben (M. Loeb, S. Kindel, Leadership for Dummies, Hungry Minds, 1999).
Im Wesentlichen gibt es zwei Aspekte, die für erfolgreiche Führung relevant sind:
- Führung beginnt mit der Entwicklung von Vision und Mission im Rahmen des Leitbilds.
- Nur wer sich selbst effektiv managt, kann andere führen.
Bevor also über effektive Führung auf der organisationalen Ebene der Kanzlei nachgedacht werden kann, muss sich jede Führungskraft mit den eigenen, ganz persönlichen Fragen auseinandersetzen, die Voraussetzung für das Führen von anderen Menschen sind – den grundsätzlichen Fähigkeiten zum Selbstmanagement. Ohne das kann keine Führung von anderen Menschen erfolgen, denn Führen heißt die Fähigkeit, dass andere Menschen einem freiwillig folgen. Es gibt also keine Abkürzungen, Tricks oder Umwege, wie man ohne effektives Selbstmanagement eine gute Führungskraft wird.
Für Millionen von Unternehmern, Führungskräften und in allen Bereichen der Gesellschaft verantwortlich tätigen Menschen ist der Ansatz von Stephen Covey‘s „Die 7 Wege zur Effektivität“ der Masterplan auf dem Weg zum effektiven persönlichen Selbstmanagement. Auch einige internationale angelsächsische Steuerberatungsnetzwerke schulen ihre Führungskräfte und Partnerinnen und Partner auf Basis dieses Ansatzes (vgl. Principa Alliance, USA). Jede Führungskraft sollte sich – für sich selbst oder im Gruppencoaching – mit diesem Buch auseinandersetzen.
Erlernen Sie effektives Selbstmanagement als Basis für effektives Führen mit den 7 Wegen zur Effektivität
1. Pro-aktiv sein | Sich nicht als „Opfer der Umstände fühlen“, sondern Verantwortung übernehmen für den eigenen Einflussbereich. |
2. Schon am Anfang das Ende im Sinn haben | Im Kleinen wie im Großen: Die angestrebte, wünschenswerte Zukunft vor dem geistigen Auge visualisieren. |
3. Das Wichtigste zuerst tun | „Wichtige Dinge dürfen nie den unwichtigen untergeordnet werden.“ (J. W. v. Goethe) |
4. Win / Win denken | … als grundlegendes Paradigma zwischenmenschlicher Interaktion, auf Basis eines integren Charakters, vertrauensvollen Beziehungen, in Vereinbarungen über und Erwartungen an Leistung. |
5. Erst verstehen, dann verstanden werden | Kernprinzip: Menschen sind wichtiger als Dinge. |
6. Synergien schaffen | … nur auf Basis der Beherrschung der ersten 5 Wege. |
7. Die Säge schärfen | Erfolgreiche Menschen lernen immer, in allen Lebensbereichen. Tool: Persönliches Erfolgstagebuch „Stillstand ist der Tod, geh voran, bleibt alles anders." (Herbert Grönemeyer) |
(Stephen R. Covey, The 7 habits of highly effective people. Simon & Schuster, 25th Anniversary edition 2013)
Hinweis: Wenn Sie Kunde des Steuer Office Gold oder einer anderen Variante des Steuer Office sind, lesen Sie mehr zu Führung und Leitbild mit praktischen Checklisten und Umsetzungshilfen für die Praxis in dem Beitrag „Steuerkanzleimanagement: Führung und Leitbild“ (Haufe Index 8998033).