Kapitalauszahlungen betriebliche Altersvorsorge

Bei Kapitalauszahlungen aus einer betrieblichen Altersvorsorge kann es aufgrund der Verwaltungsregelungen zum Streit kommen, ob die ermäßigte Besteuerung (Fünftelregelung) nach § 34 EStG Anwendung findet. Zwei neue Entscheidungen der Finanzgerichte sorgen hier für mehr Klarheit.

Vom BFH und auch der Finanzverwaltung ist anerkannt, dass Versorgungsleistungen des Arbeitgebers aufgrund einer Direktzusage und Versorgungsleistungen einer Unterstützungskasse (Einkünfte nach § 19 EStG) ermäßigt besteuert werden können, wenn sie nicht fortlaufend, sondern in einer Summe gezahlt werden. Es handelt es sich um Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, die bei Zusammenballung als außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG zu besteuern sind (Urteil v. 12.04.2007, VI R 6/02). Die Gründe für eine Kapitalisierung von Versorgungsbezügen sind dabei unerheblich.

Bei Leistungen aus einer Direktversicherung, Pensionskasse und einem Pensionsfonds erfolgt die steuerliche Behandlung dagegen nicht nach § 19, sondern nach § 22 Nr. 5 EStG (der Umfang der Besteuerung hängt von der Förderung in der Ansparphase, z. B. Entgeltumwandlung nach § 3 Nr. 63 EStG, ab). Im Fall von Teil- bzw. Einmalkapitalauszahlungen handelt es sich nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF v. 24.07.2013, BStBl. 2013 I S. 1022 Rz. 371) nicht um außerordentliche Einkünfte i. S. des § 34 Abs. 2 EStG. Es läge weder eine Entschädigung noch eine Vergütung (Arbeitslohn) für eine mehrjährige Tätigkeit vor.

Praxis-Tipp

Das FG Rheinland-Pfalz hat hierzu erfreulicherweise entschieden (Urteil v. 19.05.2015, 5 K 1792/12), dass auch Kapitalauszahlungen, die § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zuzuordnen sind, nach § 34 Abs. 1 EStG tarifbegünstigt sind, weil es sich auch hierbei um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit i. S. v. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG handelt. Dies wird hauptsächlich damit begründet, dass der BFH bereits für Kapitalleistungen berufsständiger Versorgungswerke (sog. Basisvorsorge, (Voll-) Besteuerung nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) entschieden hat (Urteile v. 23.10.2013, X R 33/10 und X R 3/12, Anwendung durch Finanzverwaltung geregelt in BMF vom 10.01.2014, BStBl. 2014 I S. 70 Rz. 204), dass sie nicht mit dem vollen Steuersatz, sondern nur nach der Fünftelregelung besteuert werden dürfen. Da für eine unterschiedliche Behandlung der nach § 22 EStG zu versteuernden Kapitalleistungen aus der Basisvorsorge und der betrieblichen Altersvorsorge keine sachliche Rechtfertigung bestehe, verstoße die Auffassung der Finanzverwaltung gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Das FG Rheinland-Pfalz hat aber die Revision zugelassen, die auch eingelegt wurde (Az. des BFH: X R 23/15). Vergleichbare Fälle sollten daher offen gehalten werden, bis der BFH entschieden hat. Einsprüche ruhen kraft Gesetzes nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.

Kapitalauszahlung an Witwe

Praxishinweis: Selbst wenn die Kapitalauszahlung nicht an den regulär Begünstigten, son-dern an die Witwe/den Witwer erfolgt, ist die ermäßigte Besteuerung anzuwenden. Zwar hat (z. B.) die Witwe die anspruchsbegründende (mehrjährige) Tätigkeit nicht ausgeübt, sodass man die Auffassung vertreten könnte, dass sie die Zahlung durch die Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage als Erfüllung des Anspruchs auf den Bezug einer Witwenleistung aufgrund des Todes des Ehemanns erhalten hat. Das FG München ist aber in einer neuen rechtskräftigen Entscheidung (Urteil v. 25.03.2015, 1 K 2723/13) zu dem Ergebnis gekommen, dass die Witwe zwar einen eigenen Anspruch auf Auszahlung des (im Urteilsfall Pensions-)Kapitals geltend machen kann, gleichwohl aber Rechtsgrundlage dieses Anspruchs der Arbeitsvertrag des verstorbenen Ehegatten mit dem ehemaligen Arbeitgeber ist. Auch der Wortlaut des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG spreche nicht dagegen. Es ist zwar nicht eindeutig erkennbar, ob nur derjenige die Tarifvergünstigung erhalten soll, der die Vergütung durch eigenes Tätigwerden erdient hat. Da aber die Vorschrift nicht an die Person, welche die mehrjährige Tätigkeit geleistet hat, sondern an die Qualität der Vergütung anknüpft, sei es ausreichend, wenn die Vergütung "Resultat" einer mehrjährigen Tätigkeit ist.