Kinder- und Betreuungsgeld als Bezug beim Unterhalt für bedürftige Personen
Hat die unterhaltene Person Einkünfte oder Bezüge, so vermindert sich die Summe der abzugsfähigen Unterhaltsaufwendungen um den Betrag, um den diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von 624 EUR im Kalenderjahr übersteigen (§ 33a Abs. 1 Satz 5 EStG). Diese bis einschließlich 2009 geltenden Fassung des § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG enthielt einen Verweis auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a. F. wonach erforderlich war, dass die Bezüge zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt oder geeignet sein müssen. Dieser Verweis ist ab 2010 entfallen.
BFH lässt Frage offen
In einem Beschluss zum Elterngeld v. 20.10.2016 hat der BFH (VI R 57/15, vgl. hierzu News vom 8.8.2017) klargestellt, dass das Elterngeld einheitlich als Einkünfteersatz und damit dem Grunde nach als Bezug gemäß § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG anzusehen ist. Da in diesem Zusammenhang das Elterngeld nicht zweckgebunden im Hinblick auf einen familiären Sonderbedarf gewährt wird, sondern dem Empfänger in voller Höhe zur Bestreitung seines üblichen Lebensunterhalts zur Verfügung steht, hat der BFH offen gelassen, ob auf den Unterhaltshöchstbetrag weiterhin nur solche Bezüge anzurechnen sind, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind, oder der Begriff der "Bezüge" in § 33a EStG durch die Streichung des in § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG a.F. (jetzt: Satz 5) enthaltenen Verweises auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a. F. eine inhaltliche Änderung dahingehend erfahren hat, dass hierzu nunmehr auch zweckgebundene Bezüge zählen, die dem Unterhaltsberechtigten für seinen üblichen Lebensunterhalt tatsächlich nicht zur Verfügung stehen.
FG Münster entscheidet über Kinder- und Betreuungsgeld
Im Rahmen eines Verfahrens beim FG Münster (Urteil v. 11.07.2017, 14 K 2825/16 E, Haufe Index 11032547) hat ein Finanzamt den weggefallenen Verweis wohl zum Anlass genommen, erstmals das hälftig erhaltene Kindergeld als Bezug bei der unterstützenden Person zu berücksichtigen. Das FG Münster ist aber wie auch schon das FG Sachsen (Urteil v. 15.10.2015, 1 K 436/14, Haufe Index 9197282, anders dagegen wohl aber FG Sachsen, Urteil v. 21.10.2015, 2 K 1175/15, Haufe Index 8972418) der Auffassung, dass nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes weiterhin Voraussetzung ist, dass nur solche Einnahmen zu den Bezügen zu rechnen sind, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind.
Nur dadurch würde das subjektive Nettoprinzip vollständig umgesetzt. Für die insoweit unveränderte Auslegung des Begriffs "Bezüge" spreche auch, dass die mit dem Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung erfolgte Streichung des Verweises nur deshalb erfolgte, weil die Kranken- und Pflegeversicherungsbeträge, die der Mindestversorgung des Unterhaltsberechtigten dienen, nunmehr bereits in § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG berücksichtigt werden und daher zur Vermeidung einer Doppelberücksichtigung nicht zusätzlich die Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsberechtigten mindern sollen. Andere Änderungen an der bisherigen Regelung seien insoweit nicht beabsichtigt gewesen. Daher kommt das FG Münster zu dem Ergebnis, dass das Kindergeld, welches im Sozialrecht als Einkommen des Kindes angesehen wird, nicht als Bezug zu berücksichtigen ist.
Unterschiede zwischen Kindergeld und Betreuungsgeld
Das Betreuungsgeld nach § 4a ff. BEEG gehöre dagegen zu den Bezügen. Im Gegensatz zum Elterngeld, welches als eine Art Einkommensersatz gezahlt wird, wird das Betreuungsgeld für diejenigen Kinder gezahlt, die ihren Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege nicht in Anspruch nehmen. Im Vergleich zum Kindergeld, welches die besondere Unterhaltsverpflichtung von Eltern ausgleicht und damit für den Unterhalt der Kinder bestimmt ist, wird das Betreuungsgeld nicht für einen Sonderbedarf der Eltern, sondern als Ausgleich einer nicht in Anspruch genommenen anderweitig zur Verfügung gestellten staatlichen Sachleistung gezahlt. Damit ist nach Auffassung des FG das Betreuungsgeld zur Sicherung des Unterhalts der Mutter geeignet und bestimmt und gehört somit zu den Bezügen im Sinne des § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG.
Hinweis: Betreuungsgeld verfassungswidrig
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21.7.2015 (1 BvF 2/2013) wurde das Betreuungsgeld bundesweit für verfassungswidrig erklärt. Bereits genehmigte Betreuungsgelder werden aber weiter bezahlt. Bayern hat aktuell aber wieder ein neues Betreuungsgeld als Ersatz für das Betreuungsgeld des Bundes eingeführt. Hiernach werden in der Regel 150 EUR ab dem 15. Lebensmonat des Kindes für maximal 22 Monate gezahlt. Vergleichbare Voraussetzungen im Zusammenhang mit der Nichtinanspruchnahme einer Kindertageseinrichtung sind im Übrigen in den Landeserziehungsgeldgesetzen von Sachsen und Thüringen zu finden.
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