Kindergeld bei verlängertem Auslandsstudium
Der BFH hat Grundsätze aufgestellt, welche Voraussetzungen in Bezug auf die Beibehaltung des Wohnsitzes erfüllt sein müssen, damit den Eltern für ein Kind, welches im Ausland (z. B.) ein mehrjähriges Studium aufgenommen hat, weiterhin Kindergeld zusteht. Das Niedersächsische FG hat sich in diesem Zusammenhang mit der Frage beschäftigt, inwieweit Kindergeld gewährt werden kann, wenn der Studienaufenthalt im Ausland zunächst nur ein Jahr geplant war, dann aber verlängert wurde.
Mehrjähriger Auslandsaufenthalt
Bei Kindern, die sich für einen von vorneherein auf bis zu ein Jahr begrenzten Zeitraum zum Zwecke der Schul- oder Berufsausbildung im Ausland aufzuhalten, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie ihren Wohnsitz im Inland beibehalten.
Bei einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt, reicht es für einen Inlandswohnsitz dagegen nicht aus, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung steht. Es muss vielmehr eine Beziehung vorhanden sein, die über die durch das Familienverhältnis begründete Beziehung hinausgeht und erkennen lässt, dass das Kind die elterliche Wohnung nach wie vor als seine eigene betrachtet.
Der BFH (z. B. Urteil v. 25.9.2014, III R 10/14) hat in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass neben der voraussichtlichen Dauer der auswärtigen Unterbringung, der Art der Unterbringung am Ausbildungsort auf der einen und im Elternhaus auf der anderen Seite, dem Zweck des Auslandsaufenthalts, den persönlichen Beziehungen des Kindes am Wohnort der Eltern einerseits und am Ausbildungsort andererseits, der Dauer und Häufigkeit der Inlandsaufenthalte erhebliche Bedeutung beizumessen ist. Kinder, die sich zum Zwecke des Studiums für mehrere Jahre ins Ausland begeben, behalten ihren Wohnsitz bei den Eltern daher in der Regel nur dann bei, wenn sie die Wohnung (bei den Eltern) in ausbildungsfreien Zeiten tatsächlich nutzen.
Der BFH lässt es aber grundsätzlich genügen, wenn die ausbildungsfreien Zeiten zumindest überwiegend im Inland verbracht werden und es sich um Inlandsaufenthalte handelt die Rückschlüsse auf ein zwischenzeitliches Wohnen zulassen, wobei nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehungen begründete Besuche (in der Regel 2-3 Wochen pro Jahr) nicht ausreichen. Überwiegend bedeutet nach einer Konkretisierung der Rechtsprechung (BFH, Urteil v. 23.6.2015, III R 38/14), wenn mehr als 50 % der ausbildungsfreien Zeit im Inland verbracht wird.
Studium im Ausland zunächst nur für ein Jahr geplant
Im Rahmen einer Entscheidung des Niedersächsischen FG (Urteil v. 7.1.2020, 5 K 168/17) plante das Kind der Klägerin einen einjährigen Studienaufenthalt in Australien um es danach im Inland fortzusetzen. Hierfür wurde ein einjähriges Visum und eine private Krankenversicherung erworben. Rechtzeitig vor Ende des ersten Studienjahres wurde auch der Platz in der Wohngemeinschaft gekündigt. Der Auslandsaufenthalt wurde dann aber doch um zwei weitere Jahre verlängert. Daraufhin forderte die Familienkasse das Kindergeld rückwirkend zurück, weil ab Beginn des Auslandsaufenthalts kein Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland mehr bestand.
FG gewährt für das 1. Jahr Kindergeld
Das FG ist aber der Auffassung, dass das Kind ihren Wohnsitz im ersten Jahr bei der Mutter beibehalten hat, weil der Aufenthalt in Australien zunächst lediglich für ein Jahr geplant war. Ein solches Verhalten entspreche dem natürlichen Ablöseverhalten erwachsen werdender Kinder vom Elternhaus und von ihrer sozialen Umgebung und werde dadurch bestätigt, dass das Kind sich zunächst lediglich ein Visum und eine Auslandskrankenversicherung für das erste Studienjahr verschafft hatte. Sie habe anschaulich und glaubhaft geschildert, dass sie zunächst ihren Wohngemeinschaftsplatz gekündigt und sich dann aufgrund der kurzfristigen Entscheidung zur Verlängerung des Studiums unter großem Zeitdruck um die Verlängerung ihres Visums bemüht hat.
Ist demnach ein Auslandsaufenthalt lediglich für ein Jahr geplant, gehe dadurch die Bindung an den Wohnsitz im Haushalt des Elternteils nicht verloren. Für die Zeit danach konnte dagegen kein Kindergeld mehr gewährt werden, weil nach Auffassung des FG die Besuchszeiten in der Wohnung der Klägerin - nach den o. a. Grundsätzen des BFH - nicht ausreichten, um einen Fortbestand oder eine spätere Neubegründung des dortigen Wohnsitzes zu begründen.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Die Revision wurde zunächst nicht zugelassen. Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hatte aber Erfolg (Az III B 31/20), sodass nun ein Revisionsverfahren vor dem BFH läuft. Das Aktenzeichen ist aber noch nicht bekannt, sodass auch noch offen ist, ob die NZB von Klägerseite (Zeit nach dem 1. Jahr) oder der Familienkasse eingelegt wurde.
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