Praxisfall Umsatzsteuer: Geschäftsführung und Haftungsvergütung

Erbringt ein Gesellschafter Geschäftsführungsleistungen an seine Gesellschaft selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht, fällt Umsatzsteuer an. Das gilt neuerdings auch bei isolierter Haftungsübernahme, wie der folgende Praxisfall zeigt.

Sachverhalt: Die X-GmbH ist Komplementärin verschiedener Kommanditgesellschaften, die ihren Sitz im Inland haben. Teilweise erhält die X-GmbH für die Geschäftsführungsleistung und die Übernahme der Haftung gesondert berechnete Entgelte, teilweise übernimmt die X-GmbH als Komplementärin gegen gesondert berechnetes Entgelt die Haftung bei den Personengesellschaften.

Gesellschafter der X-GmbH sind zu gleichen Teilen 4 natürliche Personen, die auch Gesellschafter von einzelnen Kommanditgesellschaften sind.

Fragestellung: Die X-GmbH möchte wissen, in welchem Umfang sie als Unternehmer anzusehen ist und für welche Leistungen sie Umsatzsteuer beim Finanzamt anmelden und abführen muss.

Lösung: Die X-GmbH ist Unternehmer, da sie selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig ist. Eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG liegt nicht vor, da sich die Anteile im Vermögen von mehreren Gesellschaftern der Kommanditgesellschaften befinden (Abschn. 2.8 Abs. 5 Satz 6 UStAE); die GmbH ist damit selbstständig tätig. Sie führt die Geschäfte und übernimmt die Haftung auch dauerhaft, sodass eine nachhaltige Tätigkeit vorliegt.

Die Tätigkeit der X-GmbH ist auch eine auf Einnahmeerzielungsabsicht ausgerichtete Tätigkeit, da sie von den Gesellschaften jeweils ein gesondert berechnetes Entgelt erhält. Eine vom Gewinn der Kommanditgesellschaften abhängige Vergütung liegt nicht vor.

Nach der Rechtsprechung des BFH unterliegt die Festvergütung, die der geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Komplementär einer KG von dieser für seine Haftung nach §§ 161, 128 HGB erhält, als Entgelt für eine einheitliche Leistung, die Geschäftsführung, Vertretung und Haftung umfasst, der Umsatzsteuer (BFH, Urteil v. 3.3.2011, V R 24/10, BFH/NV 2011 S. 1092). Diese einheitliche Leistung ist nach § 3a Abs. 2 UStG dort ausgeführt, wo die leistungsempfangenden Gesellschaften ihr Unternehmen betreiben. Die Leistungen sind damit steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Da keine Steuerbefreiungen einschlägig sind, unterliegen die Einnahmen der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz von 19 %.

Die Übernahme der Haftung gegen ein Sonderentgelt (Haftungsvergütung) führt ebenfalls zu einem entgeltlichen Leistungsaustausch, auch wenn keine Geschäftsführungs- oder Vertretungsleistungen ausgeführt werden (Abschn. 1.6 Abs. 6 UStAE). Damit ist die Übernahme der Haftung als Leistung ebenfalls dort ausgeführt, wo die leistungsempfangenden Gesellschaften ihr Unternehmen betreiben (§ 3a Abs. 2 UStG). Die Übernahme der Haftung ist steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Eine Steuerbefreiung - auch als Übernahme einer Bürgschaft nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG - kommt in diesen Fällen nicht zur Anwendung. Für die für die Übernahme der Haftung erhaltenen Entgelte ist ebenfalls eine Umsatzsteuer von 19 % (Regelsteuersatz) anzumelden und abzuführen. Bei Vorliegen ordnungsgemäßer Rechnungen - die Vorsteuerabzugsberechtigung bei den Gesellschaften unterstellt -, können diese die Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG abziehen.

Wichtig: Da die Finanzverwaltung früher bei isolierter Übernahme der Haftung gegen eine gesonderte Vergütung von einer nicht steuerbaren Leistung ausgegangen war, kann für alle vor dem 1.1.2012 ausgeführten Leistungen weiterhin von einer nicht steuerbaren Leistung ausgegangen werden (BMF, Schreiben v. 14.11.2011, BStBl 2011 II S. 1158).


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