Sachverhalt
Fernsehhändler F aus Singen (DE) hat an seinen deutschen Kunden K im August 2014 einen Fernseher für insgesamt 1.500 EUR verkauft. K, der den Fernseher in seiner Ferienwohnung nahe Schaffhausen (CH) aufstellen will, ist sich unsicher, ob der Fernseher groß genug ist, da er in seinem Pkw aber keinen größeren Fernseher transportieren kann, vereinbart er mit F den Umtausch innerhalb von 4 Wochen in einen größeren Fernseher.
Nachdem K den Fernseher in seine Ferienwohnung transportiert hat, stellt er fest, dass der Fernseher doch zu klein ist, sodass er Anfang September 2014 den Fernseher wieder zu F zurückbringt. Wie vereinbart, erwirbt K einen größeren Fernseher, für den er noch eine Zuzahlung von 500 EUR leisten muss. Da der Fernseher nicht in das Fahrzeug des K passt, erklärt sich F bereit, ihm den Fernseher in die Ferienwohnung in die Schweiz zu transportieren, was noch im September 2014 geschieht.
Fragestellung
F möchte wissen, welche Rechtsfolgen sich für ihn aus den Vorgängen im August und September 2014 ergeben.
Auf steuerrechtliche Fragen in der Schweiz sowie allgemeine zollrechtliche Fragen wird nicht eingegangen.
Lösung
F ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG. Die Leistungen führt er im Rahmen seines Unternehmens aus. Der Verkauf von Fernsehern ist eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG, da dem Kunden Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft wird. Da der Gegenstand der Lieferung befördert wird – unerheblich ist dabei, ob der Lieferer oder der Abnehmer den Gegenstand transportiert –, ist eine Beförderungslieferung (§ 3 Abs. 5a i. V. m. Abs. 6 Satz 1 UStG) gegeben, die dort ausgeführt wird, wo die Beförderung beginnt.
Die Lieferung des ersten (kleineren) Fernsehers im August 2014 ist damit eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Lieferung. Da der Gegenstand in die Schweiz gelangt, ist fraglich, ob F eine steuerfreie Ausfuhrlieferung ausführt. Befördert der Leistungsempfänger den Gegenstand der Lieferung selbst in das Drittlandsgebiet, kann nach § 6 Abs. 1 Satz. 1 Nr. 2 UStG eine Ausfuhrlieferung nur vorliegen, wenn es sich um einen ausländischen Abnehmer handelt. Ein ausländischer Abnehmer ist nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG dann gegeben, wenn er (bei natürlichen Personen) seinen Wohnort im Ausland hat.
Praxis-Tipp: Der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG verwendete Begriff des Wohnorts ist nicht identisch mit den in § 8 und § 9 AO verwendeten Begriffen des Wohnsitzes bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts. Während eine Person mehrere Wohnsitze haben kann, ist immer nur ein „Wohnort“ als zentraler Mittelpunkt des Lebens möglich. Dieser Wohnort muss sich bei Abhollieferungen im Ausland befinden.
Da K nach dem Sachverhalt nur über eine Ferienwohnung in der Schweiz verfügt und ansonsten als deutscher Abnehmer offensichtlich seinen Wohnort im Inland hat, liegen die Voraussetzungen für eine Ausfuhrlieferung nicht vor, sodass eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG nicht in Betracht kommt. Die von F im August 2014 ausgeführte Lieferung ist steuerbar und steuerpflichtig.
K wendet für die Lieferung im August 2014 1.500 EUR auf. Aus diesem Betrag ist die USt mit 19 % herauszurechnen. Die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG beträgt damit (1.500 EUR : 1,19 =) 1.260,50 EUR und die Umsatzsteuer (1.260,50 EUR x 19 % =) 239,50 EUR. Die Umsatzsteuer entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Lieferung (bei unterstellter Sollversteuerung) , für den VAZ August 2014. Steuerschuldner für die Lieferung ist F (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG).
Mit dem Umtausch des Fernsehers wird die erste Lieferung des kleineren Fernsehers vom August 2014 im September rückgängig gemacht (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG). Eine Rücklieferung kann in diesem Fall nicht vorliegen, da von Beginn an vertraglich die Möglichkeit eingeräumt wurde, den Fernseher umzutauschen. Außerdem liegt auch zwischen der ersten Lieferung und dem Zeitpunkt des Umtauschs kein ungewöhnlich langer Zeitraum. Die Änderung der Bemessungsgrundlage wird in dem Zeitraum umgesetzt, in dem die Änderung eingetreten ist (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG).
Hinweis: Die in § 17 Abs. 2 UStG aufgeführten Vorgänge, die wie eine Änderung der Bemessungsgrundlage anzusehen sind, werden immer in dem Voranmeldungszeitraum umsatzsteuerrechtlich erfasst, in dem die Änderung als solche eingetreten ist. Eine rückwirkende Änderung der Voranmeldung für den ursprünglichen Meldezeitraum kann nicht erfolgen.
Da eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung aus dem August 2014 im September 2014 rückgängig gemacht wurde, ergibt sich für F im September 2014 aus diesem Vorgang eine Minderung der Bemessungsgrundlage um ./. 1.260,50 EUR und eine Minderung der von ihm geschuldeten USt von ./. 239,50 EUR.
Die Lieferung des größeren Fernsehers im September 2014 ist ebenfalls eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Lieferung. Allerdings liegen jetzt bei dieser Lieferung die Voraussetzungen für eine Ausfuhrlieferung vor. F als Lieferer befördert den Gegenstand der Lieferung selbst in das Drittlandsgebiet. Bei den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG sind keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen; in diesem Fall ist es unerheblich, dass K nur eine Ferienwohnung in der Schweiz hat und offensichtlich nicht die Voraussetzungen des ausländischen Abnehmers erfüllt. Die Lieferung des F im September 2014 ist steuerfrei nach § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG. Die Bemessungsgrundlage für die Ausfuhrlieferung beträgt 2.000 EUR (1.500 EUR aus der Aufrechnung mit dem Auszahlungsbetrag für den umgetauschten „kleineren“ Fernseher sowie die Zuzahlung von 500 EUR).