Aktuelle Rechtsprechung

Nachfolgend eine Liste mit aktuellen Entscheidungen zur Rücklage für Ersatzbeschaffung aus den vergangenen Monaten in Zusammenfassung. Je nach Bedarf empfiehlt sich die intensive Lektüre der kompletten Urteile.

Nach Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung ist die Reinvestition innerhalb von 4 Wirtschaftsjahren nach der Bildung der Rücklage auszuführen. Bei der beabsichtigten Herstellung eines neuen funktionsgleichen Gebäudes beträgt die Frist 6 Wirtschaftsjahre. Soweit das Ersatzwirtschaftsgut bis zum Ablauf der Frist nicht angeschafft oder hergestellt worden ist, ist die Rücklage bei Fristablauf gewinnerhöhend aufzulösen (Abweichung von R 35 EStR a.F.). Es wird widerleglich vermutet, dass die bei Bildung der Rücklage nachgewiesene Investitionsabsicht bis zum Fristablauf fortbesteht. Wird festgestellt, dass die Investitionsabsicht vor Ablauf der Reinvestitionsfrist aufgegeben worden ist, ist die Rücklage für Ersatzbeschaffung im Zeitpunkt der Aufgabe der Absicht aufzulösen (BFH, Urteil v. 12.1.2012, IV R 4/09).

Sollte das Finanzamt im Nachhinein zu der Annahme gelangen, der Selbstständige habe seine Ersatzbeschaffungsabsicht aufgegeben, sind Bilanzierungsfehler grundsätzlich und vorrangig in der Bilanz des Wirtschaftsjahres zu berichtigen, in der es zu der fehlerhaften Bilanzierung gekommen ist. Liegt für das Jahr, in dem es zu der fehlerhaften Bilanzierung gekommen ist, bereits ein Steuerbescheid vor, der aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden kann, so ist nach dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs der unrichtige Bilanzansatz grundsätzlich in der ersten Schlussbilanz richtigzustellen, in der dies unter Beachtung der für den Eintritt der Bestandskraft und der Verjährung maßgeblichen Vorschriften möglich ist  (BFH, Urteil v. 19.7.2011, IV R 53/09, BStBl 2011 II S. 1017).

Für den Veräußerungsgewinn aus der Übertragung von Aktien nach §§ 327 a ff. AktG (sog. Squeeze-out) kann keine Rücklage für Ersatzbeschaffung gebildet werden. (BFH, Urteil v. 13.10.2010, I R 79/09).

Schadensersatzzahlungen sind bei einer GmbH gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Mangels einer gesetzlichen Grundlage besteht keine Möglichkeit für die GmbH, vertragliche Schadensersatzzahlungen für die Beschädigung eines betrieblichen Wirtschaftsgutes in eine steuerfreie Rücklage zu stellen (BFH, Beschluss v. 21.9.2009, I B 39/09, BFH/NV 2010 S. 248).

Sind bei einem Land- und Forstwirt, der seinen Gewinn gem. § 13a EStG nach Durchschnittssätzen ermittelt, Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens durch höhere Gewalt zerstört worden und ist eine Entschädigung der Versicherung (Zahlung der Brandschadensversicherung für infolge Brand zerstörte Wirtschaftsgüter) weder im selben Jahr auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Ersatzwirtschaftsgütern übertragen noch einer Rücklage für Ersatzbeschaffung zugeführt worden, so ist diese Entschädigung im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 13a EStG bereits durch den Grundbetrag abgegolten und nicht durch eine gesonderte Hinzurechnung nach § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 oder 4 EStG gewinnerhöhend zu berücksichtigen (FG München, Urteil v. 7.10.2010, 15 K 3677/08, Revision unter IV R 44/11).

Eine Gewinnrealisierung durch Aufdeckung stiller Reserven kann ausnahmsweise vermieden werden, wenn ein WG aufgrund höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen eine Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und alsbald ein funktionsgleiches Ersatz-Wirtschaftsgut angeschafft wird. Eine Rücklage, die aufgrund des Ausscheidens eines beweglichen Wirtschaftsguts gebildet wurde, ist am Schluss des ersten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs gewinnerhöhend aufzulösen, wenn bis dahin ein Ersatz-Wirtschaftsgut weder angeschafft oder hergestellt noch bestellt worden ist. Die Frist verdoppelt sich bei einer Rücklage, die aufgrund des Ausscheidens eines Gebäudes oder Grundstücks gebildet wurde. Die Frist von 1 oder 2 Jahren kann im Einzelfall angemessen verlängert werden, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass die Ersatzbeschaffung noch ernstlich geplant und zu erwarten ist, aber aus besonderen Gründen noch nicht durchgeführt werden konnte. Die gewinnerhöhende Auflösung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung ist nach 6 Jahren rechtmäßig, wenn das zerstörte Wirtschaftsgut (abgebrannte Scheune) erst 9 Jahre und 11 Monate nach seiner Zerstörung wieder neu errichtet worden ist. Dass die Versicherungsbedingungen der Gebäudeversicherung eine Kostenübernahme bis zu 10 Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls vorsehen, ist unbeachtlich (Niedersächsisches FG, Urteil v. 16.12.2008, 15 K 40/07, EFG 2009 S. 914).

Eine Pachtaufhebungsentschädigung, die der Steuerpflichtige dafür erhält, dass er dem Baulastträger unwiderruflich gestattet, bestimmte angepachtete Flächen für den Bau einer Fernstraße dauerhaft in Besitz zu nehmen und zu nutzen, ist nicht über die Restlaufzeit des Pachtvertrags mittels eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens abzugrenzen. Erforderlich wäre gewesen, dass noch eine Verpflichtung zu einer nach dem Bilanzstichtag zumindest zeitanteilig noch zu erbringenden Gegenleistung besteht, wobei diese noch ausstehende Gegenleistung zeitraumbezogen oder periodisch aufteilbar sein muss; das trifft im Streitfall nicht zu, da die Gegenleistung zum Stichtag bereits erbracht war. Erhält der Eigentümer von im Rahmen des Fernstraßenbaus benötigten Grundstücken neben dem Kaufpreis Nebenentgelte (z.B. eine Entschädigung für Erwerbsverluste), kann er eine Rücklage für Ersatzbeschaffung nur i. H. des Kaufpreises für die ansonsten von einer Enteignung bedrohten Grundstücke, nicht hingegen auch hinsichtlich der Nebenentgelte bilden (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 13.11.2008, 2 K 228/06, rkr.).

Schlagworte zum Thema:  Einkommensteuer, Gewinnermittlung, Rücklage