Gesetzliche Änderungen
Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26.4.2006 (BGBl 2006 I S. 1091) waren die Möglichkeiten zur Übertragung von stillen Reserven nach § 6b EStG erweitert worden, indem die bei der Veräußerung eines Binnenschiffs aufgedeckten stillen Reserven auf erworbene Binnenschiffe übertragen werden konnten. Nach bisheriger Rechtslage bestand für die Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung von Binnenschiffen gem. § 6b Abs. 1 Nr. 4 EStG eine Befristung bis einschließlich 2010.
Diese Befristung wurde über das Jahressteuergesetz 2010 über § 52 Abs. 18b Satz 1 EStG aufgehoben.
Seit Inkrafttreten des BilMoG können Wahlrechte, die nur steuerrechtlich bestehen, unabhängig vom handelsrechtlichen Wertansatz ausgeübt werden (§ 5 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz EStG). Die Ausübung des steuerlichen Wahlrechts wird insoweit nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz EStG durch die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beschränkt. Dies betrifft auch die Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG, die zur Vermeidung der Besteuerung auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten anderer Wirtschaftsgüter übertragen werden.
Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz bleiben nicht genutzte Verluste i. H. der stillen Reserven erhalten, die auf den anteiligen Beteiligungserwerb entfallen. Die Bewertung der stillen Reserven ist durch Gegenüberstellung des auf den erworbenen Anteil entfallenden steuerlichen Eigenkapitals der Körperschaft und des gemeinen Werts der erworbenen Anteile zu ermitteln (§ 8c Abs. 1 Sätze 6 - 8 KStG). Hierdurch bleiben Verluste erhalten, soweit sie die anteilig auf sie entfallenden stillen Reserven nicht übersteigen. Dabei wird auf die stillen Reserven zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs abgestellt.
Maßgeblich nach § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG ist das in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesene Eigenkapital. Nicht zum Eigenkapital gehören auf der Passivseite der Steuerbilanz ausgewiesenen Posten, die aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften erst bei ihrer Auflösung zu versteuern sind. Darunter fällt auch die 6b-Rücklage.
Rechtsprechung
Die Frist von 4 Jahren verlängert sich nach § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG bei neu hergestellten Gebäuden auf 6 Jahre, wenn mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des 4. auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres begonnen worden ist. Ist eine Rücklage am Schluss des 6. auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden und bei Gebäuden mit deren Herstellung bis zu diesem Zeitpunkt schon begonnen worden, kann die Reinvestitionsfrist verlängert werden. Das ist allerdings von der weiteren Voraussetzung abhängig, dass innerhalb der allgemein geltenden Frist das konkrete Investitionsvorhaben umgesetzt wurde. Der Steuerpflichtige kann die Verlängerung nicht mit der Behauptung erreichen, er beabsichtige, die Rücklage auf ein Gebäude zu übertragen; vielmehr muss er diese Absicht durch den Beginn der Herstellung dokumentieren. Nach dem Gesetzeszweck wird mit der Herstellung nicht erst mit dem Beginn der Bauarbeiten begonnen. Vielmehr ist die vorausgehende Einreichung des Bauantrags jedenfalls dann maßgebend, wenn das Bauvorhaben aufgrund des Bauantrags später tatsächlich innerhalb der 6-Jahres-Frist durchgeführt wird und als Beginn der Herstellung kann deshalb auf einen Zeitpunkt vor dem Beginn der Bauarbeiten abgestellt werden, weil die Planung und die Errichtung eines Bauwerks einen einheitlichen Vorgang bilden. Die Ernsthaftigkeit der Reinvestitionsabsicht wird deshalb auch dadurch in einer objektiv nachprüfbaren Weise kenntlich gemacht, dass der Steuerpflichtige die erforderlichen Planungsarbeiten durchführt und einen Antrag auf Baugenehmigung mit den erforderlichen Unterlagen stellt, soweit das Bauwerk alsdann auch innerhalb der verlängerten Reinvestitionsfrist fertiggestellt wird (BFH, Urteil v. 14.3.2012, IV R 6/09).
Nach Bildung einer 6b-Rücklage ist die Reinvestition innerhalb von 4 Wirtschaftsjahren auszuführen. Bei der beabsichtigten Herstellung eines neuen funktionsgleichen Gebäudes beträgt die Frist 6 Wirtschaftsjahre. Soweit das das neue Wirtschaftsgut bis zum Ablauf der Frist nicht angeschafft oder hergestellt worden ist, ist die Rücklage bei Fristablauf gewinnerhöhend aufzulösen. Während des Laufs der Reinvestitionsfrist bedarf es keiner ständigen Überprüfung, ob die ursprünglich festgestellte Investitionsabsicht noch fortbesteht. Der Fortbestand der Absicht wird widerleglich vermutet. Bestehen im Einzelfall Anhaltspunkte für eine Aufgabe der Investitionsabsicht, hat das Finanzamt diese darzulegen und ggf. nachzuweisen (BFH, Urteil v. 12.1.2012, IV R 4/09).
Wird der Gewinn aus der Auflösung einer § 6b EStG-Rücklage rechtsirrig im falschen Veranlagungszeitraum berücksichtigt und dies auf Antrag des Steuerpflichtigen korrigiert, kann die Finanzverwaltung den Auflösungsgewinn gem. § 174 Abs. 4 AO im richtigen VZ ansetzen. Die in einem Einzelbetriebsvermögen gebildete Rücklage kann aufgrund der gesellschaftsbezogenen Betrachtungsweise des § 6b Abs. 10 EStG nicht auf Anschaffungskosten eines Gesamthandsvermögens übertragen werden, an dem der Steuerpflichtige beteiligt ist. Die nur für Veräußerungsvorgänge zwischen 1999 und 2001 geltende gesellschaftsbezogene Betrachtungsweise nach § 6b Abs. 10 EStG a.F. ist verfassungsgemäß (FG Köln, Urteil v. 17.10.2011, 7 K 3218/09).
Der Veräußerungspreis i. S. d. § 6b EStG wird bestimmt durch das vertraglich vereinbarte Entgelt und etwaige Leistungen, die der Erwerber als Gegenleistung für den Erwerb des Wirtschaftsguts zu erbringen hat. Kein Teil der Gegenleistung ist eine Entschädigung, die der Steuerpflichtige nicht für das hingegebene Grundstück bzw. Gebäude, sondern anlässlich der Veräußerung zum Ausgleich eines anderweitigen Nachteils erzielt. Nicht jeder wirtschaftliche Zusammenhang ist ausreichend, um einen Veräußerungsgewinn zu begründen. Ein Gewinn aus der Auflösung eines Rechnungsabgrenzungspostens ist dann nicht einzubeziehen, wenn Grundlage für die Bildung des Rechnungsabgrenzungspostens nicht eine Gegenleistung des Erwerbers gewesen ist (FG Hamburg, Urteil v. 4.4.2011, 2 K 91/10, EFG 2011 S. 2052).
Bei Abspaltung eines Teilbetriebs von einer GmbH geht eine § 6b-Rücklage insoweit auf die übernehmende Körperschaft über, als bei der übertragenden Gesellschaft eine Rücklage für ein veräußertes Wirtschaftsgut gebildet wurde, das dem übertragenen Teilbetrieb zuzurechnen war. Abgespalten werden kann auch ein bereits beim übertragenden Rechtsträger zum Zeitpunkt der Übertragung vorliegender Teilbetrieb im Aufbau. Ein im Aufbau befindlicher Teilbetrieb liegt erst dann vor, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen bereits vorhanden sind und bei zielgerechter Weiterverfolgung des Aufbauplans ein selbstständig lebensfähiger Organismus zu erwarten ist. Wird eine § 6b-Rücklage wegen rechtsirrtümlicher Annahme eines teilweisen Übergangs der Rücklage infolge Abspaltung eines Teilbetriebs teilweise aufgelöst, ist die Bilanz insoweit nicht fehlerhaft (BFH, Urteil v. 22.6.2010, I R 77/09, BFH/NV 2011 S. 10).
Der Übertragung des im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter einer KG entstandenen Gewinns aus einer Anteilsveräußerung auf ein von der personenidentischen Schwester-KG errichtetes Gebäude gem. § 6b Abs. 10 EStG steht - entgegen R 6b.2 Abs.13 EStH - nicht entgegen, dass das Gebäude bereits im Jahr vor der Veräußerung der Anteile hergestellt wurde (FG München, Urteil v. 27.4.2010, 12 K 4/06).