Sockelbetrag des Elterngeldes bei der Unterstützung für bedürftige Personen
Beispiel
A machte in seiner Einkommensteuererklärung 2015 8.657 EUR Unterhaltsleistungen (8.472 EUR Höchstbetrag + 185 EUR KV + PV) für bedürftige Personen geltend. Bei der unterhaltenen Person handelt es sich um die Mutter der gemeinsamen Kinder. Diese erhielt in 2015 für 10 Monate 6.000 EUR Elterngeld und erzielte zusätzlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i. H. v. 1.000 EUR.
Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2.461 EUR Unterhaltsleistungen. Diese berechnete das Finanzamt wie folgt: 8.657 EUR - 6.196 EUR Einkünfte und Bezüge (1.000 EUR Einkünfte + Elterngeld 6.000 EUR - Kostenpauschale 180 EUR - Anrechnungsfreibetrag 624 EUR).
Ältere BFH-Rechtsprechung
In älterer Rechtsprechung hat der BFH die Auffassung vertreten, dass Bezüge aufgrund des Gesetzes zum Erziehungsgeld (BErzGG), dass dem BEEG vergleichbare Leistungen gewährte, nicht anrechenbar sind, weil in der damals geltenden Fassung des § 33a EStG ausdrücklich Voraussetzung war, dass nur solche von der unterhaltenen Person erzielte Einkünfte oder Bezüge den abzuziehenden Betrag mindern, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind. Dies wurde u. a. damit begründet, dass das Erziehungsgeld keine übliche Hilfe zum Lebensunterhalt und auch nicht die Funktion eines Lohn- oder Einkommensersatzes darstellte. Ab 2010 ist diese Voraussetzung aber im § 33a EStG entfallen.
FG Sachsen: Sockelbetrag ist zu berücksichtigen
Das FG Sachsen kommt daher zu dem Ergebnis (Urteil v. 21.10.2015, 2 K 1175/15 Hauf Index 8972418), dass der unterhaltenen Person das Elterngeld in voller Höhe für den Unterhalt zur Verfügung steht. Hierfür spreche, dass mit der Einführung des BEEG (ab 2007), das der Sicherung des Einkommens dienen sollte, der Gesetzgeber geregelt hat, dass das Elterngeld steuerfrei ist aber in vollem Umfang dem Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG unterliegt.
Zudem habe der BFH klargestellt (Urteil v. 21.9.2009, VI B 31/09, HI2228062), dass steuerrechtlich das Elterngeld insgesamt als Einkünfteersatz zu qualifizieren ist. Daher ist nach Auffassung des FG Sachsen auch der Sockelbetrag i. H. von 300 EUR als Bezug zu berücksichtigen.
Ebenso FG Münster
Zu diesem Ergebnis kommt aktuell auch das FG Münster (Urteil v. 26.11.2015, 3 K 3546/14 E). Zwar wird wohl hier (auch ab 2010) weiterhin davon ausgegangen, dass die Bezüge zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sein müssen (so auch FG Sachsen, Urteil v. 15.10.2015, 1 K 436/14). Da das Elterngeld aber insgesamt als Einkünfteersatz ausgestaltet ist, sei diese Voraussetzung erfüllt.
Praxis-Tipp: Trotzdem Einspruch einlegen
Die FG haben allerdings die Revision aufgrund der Entscheidung des BFH zum Erziehungsgeld v. 24.11.1994 (III R 37/93, BStBl 1995 II S. 527, HI65244) zugelassen. Dies hat wohl folgenden Hintergrund: Das Erziehungsgeld blieb der Bemessung des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch in der Regel unberücksichtigt (§ 9 Satz 1 BErzGG). Die Bezieher von Erziehungsgeld waren stets so zu stellen, als ob ihnen die Mittel des Erziehungsgeldes nicht zur Verfügung gestanden haben. Das bedeutet, dass Barunterhaltsverpflichtete durch das Erziehungsgeld in ihrer Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich nicht entlastet wurden. In diesem Zusammenhang hat der BFH darauf hingewiesen, dass es bei einer Anrechnung des Erziehungsgeldes im Rahmen des § 33a EStG zu einem unüberbrückbaren Wertungswiderspruch zwischen § 9 BErzGG und dem Steuerrecht käme. Denn wenn der Gesetzgeber eine Kürzung der zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung nicht zulässt, müsse dies auch im Steuerrecht beachtet werden.
Eine vergleichbare Regelung ist jetzt auch in § 11 Satz 1 BEEG zu finden. Danach werden Unterhaltsverpflichtungen durch die Zahlung des Elterngeldes nur insoweit berührt, als die Zahlung 300 EUR monatlich übersteigt. Dementsprechend werden auch beim Elterngeld Unterhaltsverpflichtete i. H. des Sockelbetrages in ihrer Unterhaltsverpflichtung nicht entlastet. Hält der BFH weiter an dem unüberbrückbaren Widerspruch fest, kann grundsätzlich nichts anderes für § 11 BEEG i. V. m. § 33a EStG gelten. Daher sollte in vergleichbaren Fällen Einspruch eingelegt werden und das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO beantragt werden (Az. der Revision: VI R 57/15).
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