Natürlich hat die LE auch im Falle von Honorarstreitigkeiten (gerichtlich oder außergerichtlich) eine gewisse Beweisfunktion. Allerdings ist es hier ähnlich wie mit dem Fahrtenbuch des Unternehmers: die perfekte Führung ist fast unmöglich. Daher sind eine klare Struktur und zumindest plausible Aufzeichnungen so wichtig.
Auch die Kontrolle Ihrer Mitarbeiter zählt zu den Aufgaben der LE. Ein offener und fairer Umgang mit dieser Funktion bezieht die Mitarbeiter in den Prozess der Kalkulation ein und deutet auf ein gutes Kanzleimanagement hin.
Bausteine einer aussagekräftigen Leistungserfassung
Vollzeiterfassung für alle Kanzleimitglieder
Ohne eine vollständige Erfassung aller in der Kanzlei geleisteten Zeiten durch alle Kanzleimitglieder bleibt die Leistungserfassung ein zahnloser Papiertiger. Sie werden weder bei den Honorarverhandlungen mit dem Mandaten noch bei der Kontrolle der Effizienz der Mitarbeiter und schon gar nicht vor Gericht mit einer sporadischen Zeiterfassung punkten können. Die Folgen ähneln einer nicht ordnungsgemäßen Kassenführung.
Es ist also entscheidend, sowohl Mandantenzeiten (abrechenbare Zeiten) als auch Kanzleizeiten (nicht abrechenbare Zeiten) lückenlos zu erfassen. Dies betrifft insbesondere die Chefs. Immer wieder gibt es Probleme bei der Abrechnung von Beratungsleistungen. Was nicht erfasst ist, fällt auch schnell durch das "Berechnungssieb".
Der Kontenrahmen
Die Vorgabe eines einheitlichen Kontenrahmens ist eines der Erfolgsgeheimnisse. Dabei ist weniger oft mehr! Standardmäßig sind in Ihrer Software meist der StBVV entsprechende, sehr umfangreiche Leistungsarten hinterlegt. Entrümpeln Sie diesen Katalog! Beschränken Sie sich auf die Positionen, die in Ihrer Kanzlei wirklich vorkommen.
Zu einem LE-Kontenrahmen gehören auch immer "Buchungsanweisungen":
- Trennung von Mandaten- und Kanzleizeit: Welche Tätigkeiten gehören zu den abrechenbaren Mandantenzeiten, welche zu den nicht abrechenbaren Kanzleizeiten? Hier gibt es immer wieder Klärungsbedarf: Was ist z. B. mit Ablagetätigkeiten oder Scannzeiten? Wie werden die Ausbilderzeiten von Azubi-Paten erfasst? Wie wird die Zeit für Recherche (Fachliteratur) verbucht? Wohin mit den Zeiten für die "private" Kommunikation mit Mandanten ("Small Talk" z. B. bei Übergabe der Buchführungsunterlagen)? Auch innerhalb der Kanzleizeiten gibt es Unsicherheiten. Was ist mit dem Plausch am Kopierer?
- Erfassung von "Zusatzleistungen": Nur wenn genau definiert ist, was zu einer jeweiligen Leistungsart – die ja dann in der Rechnung zu einer Gebührenposition wird – gehört, sind Ihre Mitarbeiter (und Sie selbst) in der Lage, in der Leistungserfassung die Grundlage für eine Abrechnung zu liefern. Die Frage ist also z. B. was gehört zur "FiBu"? Was sind zusätzlich abzurechnende Zusatzleistungen? Gibt es in Ihrer Kanzlei einen Dienstleistungskatalog, bildet er die Grundlage für die LE.
Je besser Ihre Buchungsanweisungen diese Fragen beantworten, desto aussagekräftiger wird Ihre LE. Am besten entwickeln Sie den Kontenrahmen gemeinsam mit den Mitarbeitern. So können Zweifelsfragen vorab geklärt werden. Die Einbeziehung der Mitarbeiter bewirkt auch, dass die LE besser akzeptiert wird. Dies hat einen direkten Einfluss auf die "Ehrlichkeit" der Eingabe. Zusätzlich bietet Ihnen die Zusammenarbeit am Kontenrahmen die Möglichkeit Ihren Mitarbeitern zu vermitteln, wie Sie die Honorare kalkulieren (müssen), und was Sie von ihnen in diesem Zusammenhang erwarten.
Sofort-Erfassung
Die zeitnahe Erfassung in der LE ist ein ganz wichtiger Punkt. Grundsätzlich sollten am Ende jeden Arbeitstages alle Zeiten erfasst sein. Manchmal greift aber sogar das zu kurz. Wird an einem Auftrag gearbeitet, für den dann noch am selben Tag die Rechnung geschrieben wird, muss gewährleistet sein, dass dem Rechnungsprogramm alle Zeiten auch schon zur Verfügung stehen (je nach Softwaresystem gibt es hier Unterschiede zu beachten). Hier spielt die Kommunikation zwischen Sachbearbeiter und Rechnungsersteller eine wichtige Rolle. Ansonsten bleiben Zeiten "hängen" und können später meist nicht mehr abgerechnet werden.
Die Kontrolle
Selbst in einer kleinen Kanzlei sammeln sich in der Leistungserfassung schnell viele Daten an. Das ist in etwa mit den Überwachungsvideos in einem Kaufhaus zu vergleichen. Es stellt sich also die Frage, wer und wann zumindest die Plausibilität der Aufzeichnungen prüft.
Kontrolle ist ja in Deutschland ein eher negativ belegter Begriff. Es geht aber ja auch darum, dem Mandanten wirklich nur den von ihm verursachten Aufwand zu berechnen. Außerdem ist es Ihre Verpflichtung als Teamchef, im Auge zu behalten, welcher Mitarbeiter welchen Anteil am Gesamterfolg der Kanzlei hat. Sie können sicher sein, dass Ihre Mitarbeiter sehr genau wissen, wer in der Kanzlei "C-Mitarbeiter" ist.
Die Plausibilität der zeitnahen Erfassung aller Kanzleimitglieder müssen Sie nicht selbst machen. Das kann an das Sekretariat bzw. an den Azubi delegiert werden. Die Plausibilitätsprüfungen (falsches Jahr, berechenbare Zeit auf Mandant, ect.) können Sie ebenfalls an das Sekretariat auslagern. Beginnen Sie neu damit, sollten Sie sich zuerst selbst ein Bild machen.
Fazit
Ihre Abrechnung gegenüber dem Mandanten wird nur das enthalten, was vorher dokumentiert ist. Nach dem "Erfassungssieb" kommt dann ja noch der "Abrechnungsfilter".
Es ist also immens wichtig, dass alle Kanzleimitglieder wissen, welche Leistungen wie und wo zu erfassen sind. Eine tägliche Vollständigkeitskontrolle gepaart mit einer mindestens monatlichen Plausibilitätskontrolle (zusätzlich natürlich bei jeder Rechnung) sorgt für möglichst kleine Löcher im Erfassungssieb.
Kommunikation ist wie fast immer der Schlüssel zum Erfolg. Machen Sie also die Leistungserfassung bei der nächsten Bürobesprechung zum Thema.
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