Steuerkanzleien: In 7 Schritten zur Digitalisierung

Bis Sie vollständig in der digitalen Welt angekommen sind, kann es 1 bis 3 Jahre dauern. Je früher Sie also starten, desto besser. Wir zeigen Ihnen, wie Sie dabei Schritt für Schritt vorgehen sollten.

Schritt 1: Überzeugungsarbeit leisten

1a – Die eigene positive Einstellung

Ein Steuerberater hat es treffend ausgedrückt: "Als mir die Tragweite der digitalen Welt bewusst wurde, merkte ich: Es geht nicht weg!"

Sie selbst müssen natürlich als Erster überzeugt sein und den Weg gehen wollen. Dieses E-Magazin hat Ihnen dazu zahlreiche Informationen und Argumente geliefert. Wenn das noch nicht ausreicht, besuchen Sie Kongresse von Kammern und Verbänden, die das Thema Digitalisierung auf der Agenda haben.

1b - Holen Sie von Anfang an Ihre Mitarbeiter mit ins Boot

Suchen Sie sich Verbündete in der Kanzlei. Mitarbeiter, die der digitalen Welt gegenüber aufgeschlossen sind und eine Vorreiterrolle übernehmen. Besprechen Sie mit diesen Mitarbeitern vorab, welche Schritte in welcher Reihenfolge umgesetzt werden und bei welchen Themen sie federführend mitwirken können und wollen.

Veranstalten Sie einen Team-Workshop, in dem Sie die zukünftige Entwicklung aufzeigen und Ihren konkreten Umsetzungsplan. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter dabei ihre Ängste äußern und greifen Sie diese in einer Pro-und-Contra-Liste auf. Ablehnung ist bei Neuem normal. Nehmen Sie die "Aber" ernst und überlegen Sie gemeinsam, mit welchen Maßnahmen das "Aber" aus der Welt geschaffen wird.

Schritt 2: Mit den internen Prozessen beginnen

Falls Sie noch keinen Kontoauszugsmanager einsetzen: das ist absolutes Muss. Sollte es an den 10 EUR monatlich beim Mandanten scheitern, die einige Banken noch dafür verlangen, übernehmen Sie diese Kosten. Das ist es allemal wert, entscheidend ist eine laufend gepflegte Lerndatei. Damit automatisieren Sie 80 % und mehr der Bankbuchungen.

2a - Führen Sie ein Dokumentenmanagementsystem ein

Sprechen Sie mit Ihrem Softwarehaus bzw. sehen Sie sich nach passenden Lösungen um. Es gibt auch externe Berater, die bei der Einführung unterstützen. Die Systeme sind inzwischen voll ausgereift. Alle internen Dokumente werden digitalisiert und verschlagwortet. Die Mitarbeiter werden auf das System geschult. In den meisten Kanzleien hat es sich bewährt, das aktuelle Jahr und das Vorjahr von Aushilfskräften in einer Einmal-Aktion digitalisieren zu lassen und ab dann sämtlichen Postein- und -ausgang und interne Belege von den Mitarbeitern einscannen zu lassen. Je nach Kanzleistruktur übernimmt das dann das Sekretariat oder falls nicht vorhanden, die einzelnen Mitarbeiter.

Schaffen Sie rigoros – nachdem alles eingescannt ist - alle Ordner mit Papierbelegen ins Archiv. Und warten Sie ab, wie oft die Mitarbeiter tatsächlich dort hingehen, weil ihnen etwas fehlt. So stellen Sie sicher, dass die Mitarbeiter mit dem DMS arbeiten. 2 Monitore pro Arbeitsplatz oder ein großer Bildschirm sind ab jetzt sinnvoll.

Bis das System rund läuft dauert es 3 bis 6 Monate.

2b - Nutzen Sie ASP

Lagern Sie Ihre Rechnerkapazitäten aus. Das ist quasi Ihr erster Schritt in die Cloud. Sie müssen sich intern nicht mehr um Hard- und Softwareaktualisierungen und die Sicherheitsroutinen kümmern. Es gibt zahlreiche Angebote der Softwarehäuser und Systempartner dazu. Holen Sie sich entsprechende Angebote ein.


Schritt 3: Kanzleirechnungswesen digital umstellen

Beginnen Sie mit Ihrer eigenen Finanz- und Lohnbuchhaltung. Scannen Sie Ihre Belege ein und nutzen Sie die von Ihrem Softwarehaus angebotenen digitalen Lösungen in vollem Umfang.

3a – Pilotteam bilden

Stellen Sie parallel dazu eine Handvoll Mandanten im Rahmen eines Pilotprojekts um. Bilden Sie dazu ein Digital-Team mit den interessierten Mitarbeitern und Mandanten, die Erfahrungen sammeln und auch bei Rückschlägen nicht gleich das ganze Projekt infrage stellen.

Prüfen Sie bei diesen Mandanten, welche Schnittstellen vorhanden sind oder geschaffen werden müssen, um die digital vorhandenen Unterlagen beim Mandanten reibungsfrei in das eigene System einzulesen. Hier werden dann Fragen geklärt wie: wer scannt – Kanzlei oder Mandant bzw. welche Kombinationen sind möglich. Wie sieht der Buchungsrhythmus künftig aus, bis wann sind die digitalen Belege einzureichen. Ziel des Projektteams ist es, den physikalischen Pendelordner durch digitale Zusammenarbeit abzuschaffen.

3b - Umsetzungsstrategie für alle Mandanten

Dann können Sie portionsweise an Ihre bestehenden Mandanten herantreten. Bilden Sie Kategorien, welche Mandanten sinnvoller Weise zuerst umgestellt werden. Beginnen Sie mit den Aufgeschlossenen und mit denen, für die es den größten Nutzen bringt, z. B. weil die Entfernung zur Kanzlei mehr als 30 km beträgt.

Es wird Mandanten geben, die sich darauf nicht einlassen wollen. Stellen Sie diese ans Umstellungsende. Wenn alle anderen umgestellt sind, entscheiden Sie, ob das noch die richtigen Mandanten sind oder erhöhen Sie die Preise aufgrund manueller Zusatztätigkeiten.

Der Gesamtprozess dauert erfahrungsgemäß 1 Jahr, wenn Sie eine klare Zielsetzung formulieren und diese mit Ihren Mitarbeitern vereinbaren.

Schritt 4: Prozesse der internen Zusammenarbeit optimieren

Sehen Sie sich Ihre Abläufe in der digitalen Welt neu an. Gibt es Strukturen oder Prozesse, die einfach nur die Papierwelt digital abbilden? Wie können der Informationsfluss und die Zusammenarbeit mithilfe von digitalen Lösungen neu strukturiert werden? Sehen Sie sich OneNote, Collaboration-Tools und Wiki-Lösungen an und wählen Sie die passenden für sich aus.



Schritt 5: Den Außenauftritt anpassen

Wenn Sie intern sowie die Buchhaltung digitalisiert haben, spiegelt sich das auch in Ihrem Webauftritt wider. Widmen Sie dem Thema "Digitale Zusammenarbeit" einen eigenen Bereich, in dem potenzielle Mandanten erkennen, dass Sie hier Experte sind. Momentan haben Sie damit noch einen Innovationsvorsprung. Mandanten wechseln ihren Steuerberater, wenn der bisherige am Pendelordner festhält und den Weg in die digitale Welt verweigert.

Ein eigenes Portal für Mandanten, um sämtliche Belege – also nicht nur Fibu-Belege – digital in die Kanzlei zu übertragen, unterstreicht dabei Ihre Besonderheit.

Schritt 6: Cloud-Lösungen für Mandanten

Cloud-Lösungen bieten Unternehmern inzwischen zahlreiche Möglichkeiten, die eigenen Prozesse des Rechnungswesens schlanker und effizienter zu gestalten.

Lassen Sie Ihr Pilotteam 3 bis 5 dieser Cloud-Lösungen testen. LexOffice, Exact und Scopvisio haben mit DATEVConnect direkte Schnittstellen zur Kanzleisoftware und sollten auf jeden Fall dabei sein.

Sie benötigen mehrere Lösungen, da Mandanten unterschiedliche Anforderungen haben und Sie so die passende auswählen können. Sehen Sie sich dazu die Abläufe vor Ort beim Mandanten an und zeigen Sie auf, wie er mithilfe der Cloud-Lösung selbst erhebliche Zeitersparnis erzielen kann. Mit dem positiven Nebeneffekt, dass der Mandant künftig die Buchungsvorbereitung übernimmt und in der Kanzlei im besten Fall 80 % bereits korrekt verbucht über die Schnittstelle landen.

Wenn Sie und Ihr Team sich für eine oder mehrere Lösungen entschieden haben, präsentieren Sie sich auf der Webseite als Cloud-Experte.

Schritt 7: Neue Beratungsthemen erschließen

Auch wenn Buchführung, Lohn, Steuern und Jahresabschluss noch die Hauptumsatzbringer der Kanzleien sind: Wenn die Digitalisierung in den Unternehmen voranschreitet – und das wird sie – werden die klassischen Aufgaben zwar nicht wegfallen, aber durch Automatisierung vereinfacht und die Honorare sinken.

Bauen Sie für sich und Ihre Mitarbeiter neue Beratungsthemen auf. In den nächsten 3 bis 5 Jahren können Sie Ihr digitales Know-how an die Mandanten weitergeben. Werden Sie zum Digitalisierungsberater für KMU. Bilden Sie Ihre Mitarbeiter im Bereich Schnittstellen und Cloud-Lösungen aus und verbinden Sie das mit der Beratung zu GoBD und ersetzendem Scannen.

Ein weiteres, großes Beratungsfeld ist die Begleitung bei der Betriebsprüfung im digitalen Zeitalter. Das Finanzamt ist gerüstet und analysiert Betriebe mithilfe von BigData und Künstlicher Intelligenz. Bauen Sie sich entsprechendes Know-how auf, um Paroli zu bieten und Ihren Mandanten ein wertvoller Partner zu sein.



Hinweise: Dieser Beitrag stammt aus einer  kostenfreien Sonderausgabe des E-Magazins Steuer 1, das sich mit der Frage beschäftigt, wie sich Steuerkanzleien erfolgreich auf die digitale Zukunft vorbereiten. 


Schlagworte zum Thema:  Steuerberater, Kanzleimanagement, Digitalisierung