Sachverhalt
R hat auf dem zu seiner Villa gehörenden Vorhof einen Carport für 20.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer errichtet. Den Carport nutzt R zur Unterstellung seines privat genutzten Fahrzeugs. Auf diesem Carport wurde von ihm eine neue Photovoltaikanlage im Frühjahr 2012 (Inbetriebnahme Anfang April 2012) errichtet, für die ihm 25.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer berechnet wurden. In 2012 produziert R insgesamt 11.000 kWh Strom, von dem er 1.500 kWh selbst verbraucht. Für die eingespeiste Strommenge vergütet ihm der Netzbetreiber 0,185 EUR/kWh zzgl. Umsatzsteuer. Da sein hochgerechneter Gesamtumsatz nicht 17.500 EUR übersteigen wird, hat er gegenüber seinem Finanzamt auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichtet.
Aufgrund sachgerechter Schätzung geht R davon aus, dass er von einem gewerblichen Betreiber von Photovoltaikanlagen eine Miete von 300 EUR pro Jahr erhalten würde, wenn er ihm die Dachfläche zur Installation einer Photovoltaikanlage vermieten würde. Für den Carport würde er bei einer Fremdvermietung im Jahr 600 EUR erhalten.
Fragestellung
R bittet um Auskunft, welche umsatzsteuerrechtlichen Auswirkungen sich aus diesem Sachverhalt für ihn ergeben. Insbesondere bittet er um Mitteilung, welche Angaben er in seiner Umsatzsteuerjahreserklärung für 2012 machen muss.
Lösung
R ist Unternehmer, da er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig ist. Sein Unternehmen umfasst den Betrieb der auf seinem Carport installierten Photovoltaikanlage. Fraglich ist, ob R den Carport seinem Unternehmen zuordnen kann. Der Carport wird zum Teil für die Errichtung der Photovoltaikanlage und zum anderen für die offensichtlich private Unterstellung seines Fahrzeugs verwendet. Grundsätzlich kann ein Unternehmer einen Gegenstand seinem Unternehmen zuordnen, wenn er zu mindestens 10 % für seine unternehmerischen Zwecke verwendet wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Der BFH hat mit Urteil v. 19.7.2011, XI R 21/10, zu einem solchen Fall entschieden, dass zur Ermittlung des unternehmerischen Nutzungsanteils durch sachgerechte Schätzung ein Umsatzschlüssel in Betracht kommen kann, bei dem ein fiktiver Vermietungsumsatz für den nichtunternehmerisch genutzten inneren Teil des Carports einem fiktiven Umsatz für die Vermietung der Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer Photovoltaikanlage gegenübergestellt wird. Im vorliegenden Fall wird der Carport danach in einem Verhältnis von 1/3 zu 2/3 für die Photovoltaikanlage genutzt.
In dem vom BFH entschiedenen Fall wurde die Photovoltaikanlage in vollem Umfang für unternehmerische Zwecke verwendet. Selbst wenn in dem hier vorliegenden Fall die Photovoltaikanlage noch zu (1.500 kWh von 11.000 kWh) 13,64 % für private Zwecke verwendet wird, ergibt sich immer noch eine Verwendung von mindestens 10 % für unternehmerische Zwecke.
R kann damit den Carport vollständig seinem Unternehmen zuordnen. Da der Carport aber als "Grundstück" i. S. d. § 15 Abs. 1b UStG anzusehen ist, besteht – da der Carport ab dem 1.1.2011 errichtet worden ist – ein Vorsteuerabzugsverbot i. H. d. nichtunternehmerischen Nutzung.
Das Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 1b UStG hat aber keinen Einfluss auf die Zuordnungsmöglichkeit des Gegenstands zum Unternehmen. Die Zuordnungsentscheidung ist wichtig, da sich bei einer Nutzungsveränderung nur dann eine Vorsteuerberichtigung zugunsten des Unternehmers ergeben kann, wenn der Gegenstand vollständig dem Unternehmen zugeordnet worden ist. Ergibt sich die Zuordnungsentscheidung des Unternehmers nicht aus der Höhe des geltend gemachten Vorsteuerabzugs, muss der Unternehmer sie nicht nur zeitnah zum Leistungsbezug treffen, sondern dies auch bis zum 31.5. des folgenden Jahrs dem Finanzamt mitteilen (BFH, Urteile v. 7.7.2011, V R 21/10 und V R 42/09).
- Der Carport wird nach der oben dargestellten Aufteilungsmethode des BFH zu 1/3 für die Photovoltaikanlage verwendet.
- Da die Photovoltaikanlage aber zu 13,64 % noch für den “Eigenverbrauch” des Stroms verwendet wird, ergibt sich eine unternehmerische Verwendung des Carports für das Unternehmen des R i. H. v. (33,33 % ./. (13,64 % von 33,33 %) =) 28,78 %.
- R kann damit von der aus der Errichtung des Carports entstandenen Umsatzsteuer (20.000 EUR × 19 % USt =) 3.800 EUR insgesamt 28,78 % abziehen.
- Für R ergibt sich damit ein Vorsteuerabzug aus der Errichtung des Carports i. H. v. (3.800 EUR × 28,78 % =) 1.093,64 EUR.
Eine Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe für den Teil des Carports ergibt sich nicht, da R nur insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt war, wie er das "Gebäude" für sein Unternehmen nutzt.
Da es sich bei der Photovoltaikanlage nicht um ein "Grundstück" handelt, kommt für die Anschaffungskosten der Anlage keine Beschränkung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1b UStG infrage. Da die Anlage zu mindestens 10 % für unternehmerische Zwecke verwendet wird und keine vorsteuerabzugsschädliche Verwendung vorliegt, kann R die ihm berechneten (25.000 EUR × 19 % =) 4.750 EUR vollständig als Vorsteuer abziehen.
R muss seine Umsätze der Besteuerung unterwerfen. Er liefert an den Netzbetreiber den Strom steuerbar und steuerpflichtig (vgl. dazu Fall “Altanlage”). Eine Vergütung für den selbst verbrauchten Strom ergibt sich aber für die ab dem 1.4.2012 in Betrieb genommenen Anlagen nicht mehr. Aus diesem Grund muss R den für private Zwecke verwendeten Strom als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG der Besteuerung unterwerfen:
- Die unentgeltliche Wertabgabe gilt als an dem Ort ausgeführt, an dem R sein Unternehmen betreibt (§ 3f UStG).
- Der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Eigenverbrauch ist auch nicht nach § 4 UStG steuerfrei.
- Die Bemessungsgrundlage für die Stromlieferung an den Netzbetreiber bestimmt sich nach § 10 Abs. 1 UStG mit dem, was der Unternehmer von seinem Vertragspartner erhält. R verkauft insgesamt 9.500 kWh an den Netzbetreiber zu einem Preis von 0,185 EUR/kWh.
- Damit ergibt sich ein Nettoumsatz von (9.500 EUR × 0,185 EUR/kWh =) 1.757,50 EUR. Die Umsatzsteuer entsteht nach § 12 Abs. 1 UStG mit (1.757,50 EUR × 19 % =) 333,93 EUR. Steuerschuldner ist R (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG).
- Die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe des Stroms bestimmt sich nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG. Danach ist der Einkaufspreis zum Zeitpunkt des Umsatzes, bei dessen Fehlen die Selbstkosten heranzuziehen. Die Finanzverwaltung (LfSt Bayern, Hilfe zu Photovoltaikanlagen mit Stand v. 1.4.2013) geht davon aus, dass in diesem Fall die Selbstkosten anzusetzen sind, bei denen die zum Vorsteuerabzug berechtigenden Anschaffungskosten der Anlage über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu verteilen sind (in diesem Fall 20 Jahre). Somit ergeben sich Selbstkosten für 2012 i. H. v. (25.000 EUR × 1/20 × 9/12 =) 937,50 EUR. Da nur 1.500 kWh von 11.000 kWh selbst verbraucht werden, ergeben sich anteilige Selbstkosten von (937,50 EUR x 1.500/11.000 =) 127,84 EUR für 2012. Damit entsteht auf den Eigenverbrauch des Stroms eine Umsatzsteuer i. H. v. (127,84 x 19 % =) 24,29 EUR. Steuerschuldner ist R (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Der BFH war in seinem Urteil v. 12.12.2012, XI R 3/10, dagegen bei der unentgeltlichen Wertabgabe von Strom nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG aus einem Blockheizkraftwerk von den Wiederbeschaffungskosten des Stroms am Versorgungsmarkt ausgegangen.
- R schuldet damit aus der Stromlieferung und der unentgeltlichen Wertabgabe des Stroms für 2012 (333,93 EUR + 24,29 EUR =) 358,22 EUR Umsatzsteuer.
- Dem steht für 2012 der Vorsteuerabzug aus der Errichtung des Carports und der Photovoltaikanlage von (1.093,64 EUR + 4.750,00 EUR =) 5.843,64 EUR gegenüber.
Die Ermittlung des ertragsteuerlichen Gewinns ergibt sich analog der im 2. Teil der Serie dargestellten Rechtslage.
vielen Dank für Ihren Hinweis (und ein Lob des Autors an unsere aufmerksamen Leser!). Sie haben völlig recht. Wir haben das Berechnungsbeispiel entsprechend korrigiert.
Beste Grüße
Yan Christoph, Redaktion haufe.de/steuern