Gründerstory: Vom Finanzbeamten zum Steuerberater mit 28
Ein Großteil des Erfolgs kann daraus resultieren, dass man sich im Vorfeld eine gute Struktur überlegt und detailliert plant – lautet Patrick Kassers Zwischenfazit nach einem knappen halben Jahr Selbstständigkeit in der Gemeinde Horhausen im rheinland-pfälzischen Teil des Westerwalds.
5.000 Einwohner zählt der Ort, den sich der 31-Jährige bewusst als Kanzleisitz gewählt hat. „Der Standort war mir sehr wichtig: Ich wohne nur wenige Kilometer entfernt und konnte außerdem den Bedarf und die Verhältnisse hier gut einschätzen“, sagt er. Es sei einfach vorteilhaft, dass man sich hier auf dem Land ein schönes Büro aussuchen könne, 90 Quadratmeter im selben Gebäude mit Immobilienfirma und Versicherungsgesellschaft, gut erreichbar nahe dem Autobahnanschluss.
Stadtmandanten auf dem Land: Der Standort der Steuerkanzlei
Denn, so erklärt Kasser, als Steuerberater müsse man nicht in der Stadt ansässig sein, um Mandanten von dort zu betreuen. Jene kämen vielmehr inzwischen auch aufs Land, zum persönlichen Erstgespräch und dann nur noch gelegentlich, wenn besonderer Gesprächsbedarf herrsche, der sich nicht über Telefon oder Videocall decken ließe. Nach Koblenz, Köln oder Frankfurt habe es ihn ohnehin nie gezogen, sagt er, selbst Neuwied, das er aus seiner Zeit als Finanzbeamter kannte, sei keine wirkliche Option gewesen.
Die Beamtenlaufbahn selbst war es unabhängig vom Standort irgendwann auch nicht mehr. Begonnen hatte Kasser sie 2012 mit dem Studium an der verwaltungsinternen Hochschule des Landes Rheinland-Pfalz in Edenkoben, „mitten in der schönen Pfalz, umgeben von Weinbergen und kleinen Gasthöfen“. Nach Abschluss des Studiums und Übernahme in den gehobenen Dienst betreute der Diplom-Finanzwirt Steuerpflichtige aus verschiedensten Bereichen, bspw. Arbeitnehmer, Freiberufler, Gewerbetreibende, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften.
Ursprüngliches Berufsziel: Steuerfahnder
Dennoch gingen irgendwann die Perspektiven aus: „Mein Ziel war die Steuerfahndung, aus der Erfahrung war jedoch klar, dass es sieben bis acht Jahre gedauert hätte, bis ich dorthin gelangen hätte können – das war mir viel zu lang“, sagt Kasser. Außerdem seien auch seine finanziellen Ziele ambitionierter gewesen, als dies der Staatsdienst hergegeben hätte.
Plötzlich war der Steuerpflichtige der Mandant, der Ton ein ganz anderer, der Arbeitstag viel länger und die Software deutlich komplexer
Der Entschluss war daraufhin rasch gefällt; es folgten Steuerberaterlehrgang über knapp eineinhalb Jahre, schon mit reduzierter Dienstzeit, ein mit 28 Jahren im ersten Anlauf bestandenes Examen und schließlich der Entlassungsantrag. Kassers weiterer Berufsweg führte ihn in eine mittelständische Kanzlei – und in eine ganz andere Welt. „Plötzlich war der Steuerpflichtige der Mandant, der Ton ein ganz anderer, der Arbeitstag viel länger und die Software deutlich komplexer“, sagt Kasser.
Die eigene Steuerkanzlei: Investment sollte beherrschbar bleiben
Trotzdem zweifelt Kasser nicht, im Gegenteil. „Es macht Spaß, jeden Tag etwas Neues zu lernen, das war es unter anderem, was mir im Finanzamt gefehlt hat“, erklärt er. Schnell wird er zur Rechten Hand des Chefs, übernimmt Verantwortung, die Partnerschaft wird Thema. Doch hier zögert Kasser, es passte nicht hundertprozentig, sagt er, und gegen eine sechsstellige Investitionssumme will er sich nicht auf Kompromisse einlassen.
Genauso wenig im Übrigen wie auf Unwägbarkeiten: Ein Kanzleikauf scheidet daher ebenso aus. Einige Unbekannte habe es freilich auch bei der Neugründung in Horhausen gegeben: „Wie wirke ich überhaupt auf die Leute? Wann kommen sie auf mich zu? Finde ich Mitarbeiter?“, so Kasser. Tatsächlich lief alles bestens, einige Mandanten folgten aus der angestammten Kanzlei, als ehemaliger Finanzbeamter musste er seine Kompetenz im Hinblick auf den idealen Umgang mit dem Fiskus nicht lang erklären. Im Sommer wurde es dann plötzlich beinahe schon zu viel, mit dem Winter kommt glücklicherweise die erste Mitarbeiterin zur Entlastung.
Beruflich wie privat: Alles hat seinen Plan
Geplant ist ein weiteres organisches Wachstum, in fünf Jahren, so sein Zwischenziel, sollen die drei bis vier Arbeitsplätze in der Kanzlei besetzt sein. „Wenn wir in fünf Jahren hier nicht mehr reinpassen, habe ich meine Ziele erreicht“, sagt Kasser. Danach sieht es in jedem Fall aus, die Mandantschaft in Land und Stadt wächst stetig.
„Wenn wir in fünf Jahren hier nicht mehr reinpassen, habe ich meine Ziele erreicht.“
Daneben soll genug Zeit bleiben, für das Mountainbiken im Westerwald und womöglich den künftigen Hausbau gemeinsam mit seiner Frau, wie er erzählt: „Wir wohnen im Moment direkt am Feldrand, in einem sehr ruhigen Ort und suchen gerade nach einem geeigneten Grundstück.“ Auch im Privatleben, so scheint es zumindest, hat bei Patrick Kasser alles seinen Plan und damit einen bereits durchdachten Weg zum Gelingen.
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