Sieben Insider-Tipps zur Selbständigkeit
Wann immer die Rede von Unternehmensgründungen ist, stehen zunächst die acht bis zehn Prozent Start-ups im Mittelpunkt, deren Geschäftsmodelle höchste Wachstumsraten versprechen. Weniger prominent, aber allein durch den Marktanteil von 90 Prozent nicht unbedeutender, sind die Gründungen in Handwerk oder Dienstleistung, die nicht technologie- und wachstumsgetrieben starten. Sie stehen häufig vor ganz anderen Herausforderungen als die umschwärmte Start-up-Szene und profitieren immens vom Erfahrungsaustausch mit anderen Neu-Unternehmer:innen. Diese Tipps stehen wahrscheinlich in eher wenigen Start-up-Ratgebern:
1. Wert auf das Beratungsklima legen
Für Steuerberater ist das ein ganz zentraler Punkt, der über weitaus mehr als das gegenwärtige Arbeitsklima entscheidet. Ob bewusst oder unbewusst: Wer sich wohlfühlt, bleibt. Das gilt für Mandant:innen ebenso wie für die Mitarbeitenden – strategisch ein ganz wesentliches Asset. Doch wie sieht sie aus, die Atmosphäre, in der ein angenehmes Beratungsklima entsteht? „Es ist wichtig, sich auf Augenhöhe zu begegnen und trotzdem eine kompetente Beratung abzuliefern“, sagt die Steuerberaterin Ariane Fischer. Mit dieser Haltung gewinnt die Beraterin Mandate, die sich andernorts nicht aufgehoben fühlen – und profitiert selbst unmittelbar von der angenehmen Atmosphäre.
2. Passende Mandant:innen gewinnen
Wie wählerisch sollten Gründende sein, wenn sie ihre Kundengruppe definieren? Auch Neu-Selbstständige tun sich einen Gefallen, wenn sie nicht jedes zufällige Mandat annehmen, sondern von Anfang an eine bestimmte Zielgruppe adressieren. Am stimmigsten gelingt das, wenn ein Zusammenhang zur eigenen Person besteht. Ein augenfälliges und direktes Beispiel für diese Strategie liefert Carina Heckmann , die sich mit der Gründung ihrer Kanzlei auf Online-Unternehmerinnen spezialisiert hat – mit Erfolg. „Gerade Gründerinnen werden in unserer Branche in der Regel nicht ernst genommen", sagt die Steuerberaterin – und macht es in ihrer Kanzlei bewusst anders.
3. Nach Partner:innen suchen
Letztlich geht es immer darum, genau das Kanzleikonzept verwirklichen, das man selbst für ideal hält. An Schlagkraft kann das Ganze gewinnen, wenn es im Team realisiert wird. So geschehen bei den Steuerberaterinnen Maike Karstens und Sabrina Knoll: Die beiden Beraterinnen gründeten gemeinsam, weil sie genau dieselbe Strategie verfolgen – und genau aus diesem Grund wählte das Duo schon für den Beginn zwei Standorte. Sie wollten aus unterschiedlichen Gründen in der Nähe ihrer Wohnungen im Kölner Süden und im Bonner Umland arbeiten. Im Team gründen bedeutet also nicht unbedingt, alles gleich zu machen, sondern nur dieselben Ziele zu verfolgen.
Kontinuität, Mut und Zielstrebigkeit: Der Weg zur Steuerkanzlei
4. Immer weiter gründen
Sich mit Zwischenzielen zufriedengeben und nicht von Umwegen ablenken lassen, funktioniert als Success-Model für Gründer nur eingeschränkt. Was es genau bedeutet, sich immer weiterzuentwickeln und zwar in verschiedene Richtungen, das lässt sich aus der Business-Story von Bärbel Metzger ableiten. Die Steuerberaterin gründete zuerst eine Kanzlei, dann eine Coaching-GbR und erst vor wenigen Monaten eine neue Steuerberatungsgesellschaft. Dabei geht nichts verloren, alles wächst aus dem Vorigen, und das Zentrum ist stets die Persönlichkeit der Beraterin selbst. Eine Lektion, die sich aus Bärbels Geschichte auch lernen lässt: Wer in der Retrospektive bemerkt, dass vieles auch anders geht, hat in jedem Fall eine Entwicklung durchlaufen – und wird dies vermutlich auch in Zukunft tun.
5. Erste Jahre der Entbehrung einplanen
Eine Binsenweisheit, die trotzdem in diese Liste gehört, lautet, dass Gründer zu Beginn mit überlangen Arbeitszeiten und herausfordernden Arbeitsumständen konfrontiert sind. Der gefragte Einsatz kann im Extremfall dazu führen, dass man im Büro übernachtet, wie der Steuerberater David Kasper, der mit 27 Jahren einer der jüngsten Partner einer Steuerberatungsgesellschaft in Nordbayern wurde. Der oft gelesene Ratschlag: Wer persönlich bereit ist, die Entbehrungen bei einer Gründung auf sich zu nehmen, sollte auch sicherstellen, dass das Umfeld das nötige Verständnis und bestenfalls die benötigte Unterstützung geben kann. Familiäre Verpflichtungen lassen sich mit einer Gründung vereinbaren – allerdings müssen sie auch ehrlich eingeplant und die Ziele entsprechend angepasst werden.
6. Die Organisationsform bewusst wählen
Ob die Gründung auf der grünen Wiese, eine Stand-alone-Beteiligungs- und Nachfolgelösung oder der Anschluss an ein größeres Netzwerk: Das hängt von der Persönlichkeit und den individuellen Zielen ab. Im Vorfeld über die unterschiedlichen Möglichkeiten informiert zu sein, erweitert den persönlichen Handlungsrahmen – unabhängig davon, ob eine Option von Beginn präferiert wird. So war es auch beim Steuerberater Stefan Wacker: „Ich habe überlegt, wie ich das realisieren kann, habe Gespräche mit mehreren mittelgroßen Kanzleien geführt. Da hieß es dann immer, in drei, vier Jahren, wenn sich das alles etabliert hat, schauen wir halt mal, ob das mit der Partnerschaft klappt – das war mir zu vage.“ Angeschlossen hat er sich schließlich der RTS-Gruppe, wichtige Beweggründe seien Vertretungslösungen und der offene Austausch mit Kolleg:innen gewesen. Der Mandantenmarkt hätte eine Neugründung sicherlich hergegeben, der Personalmarkt vielleicht schon weniger. Vor allem aber haben seine persönlichen Ziele nicht zu dieser Form der Berufsausübung gepasst, meint Wacker.
7. Nicht beirren lassen
Eine Gründung braucht besonderen Mut, wenn sie aus einem gesicherten Umfeld erfolgt, noch mehr aus einem Beamtenverhältnis heraus. Viele Ex-Finanzbeamt:innen sind diesen Weg erfolgreich gegangen, obwohl ihr Umfeld das nicht gleich nachvollziehen konnte. Einer von ihnen ist der Steuerberater Patrick Kasser, der eigentlich schon ausgesorgt hatte, aber für seine Weiterentwicklung das Beamtentum gegen das Abenteuer „Selbstständigkeit" eingetauschte. Irgendwann gingen ihm die Perspektiven aus: „Mein Ziel war die Steuerfahndung, aus der Erfahrung war jedoch klar, dass es sieben bis acht Jahre gedauert hätte, bis ich dorthin gelangen hätte können - das war mir viel zu lang", sagt er. Dafür nahm er in Kauf, dass „plötzlich der Steuerpflichtige der Mandant war, der Ton ein ganz anderer, der Arbeitstag viel länger und die Software deutlich komplexer”.
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