Corporate Climate Responsibility Monitor 2023

Der Thinktank New Climate Institute und die Umweltorganisation Carbon Market Watch untersuchten die Klimaversprechen global agierender Konzerne. Das Ergebnis der Studie: Die Klimaversprechen seien intransparent und reichten nicht, um die Erderhitzung zu begrenzen.

Am 13.02. wurde die zweite Ausgabe des Corporate Climate Responsibility Monitor (CCRM) veröffentlicht. Der Berliner Thinktank New Climate Institute und die Umweltorganisation Carbon Market Watch untersuchten für die Studie die Integrität der Klimastrategien von 24 globalen Unternehmen, die sich selbst als klimafreundlich darstellen. Der Report bemängelt irreführende Behauptungen, fragwürdige CO2-Kompensationspraktiken und kommt zum Schluss, die Klimastrategien der untersuchten Unternehmen seien „völlig unzureichend und von Unklarheiten durchzogen“.

Integrität von Klimastrategien lässt zu wünschen übrig

Die untersuchten Unternehmen eint die Eigenaussage, sich auf dem Weg zu „Netto-Null“ oder „Klimaneutralität“ zu befinden. Der Report untersucht die Integrität der Klimastrategie in Bezug auf diese Aussagen. Die Klimastrategie der dänischen Reederei Maersk wird als einzige als „angemessen“ eingestuft – wie schon in der ersten Auflage des Reports. Die höchste Klasse einer hohen Integrität erreicht kein einziges der untersuchten Unternehmen.

Die Strategien von acht Unternehmen – Apple, ArcelorMittal, Google, H&M Group, Holcim, Microsoft, Stellantis und Thyssenkrupp – sind den Studienautoren zufolge „moderat“ integer. Die verbleibenden 15 Konzerne fallen komplett durch: ihre Strategien weisen laut Untersuchung eine geringe oder sehr geringe Integrität auf. Die Klimastrategien der Deutschen Post sowie der Autokonzerne Mercedes-Benz und Volkswagen fallen in die vorletzte Kategorie „geringe Integrität“.

Corporate Climate Responsibility Monitor 2023

Abbildung: Der Corporate Climate Responsibility Monitor 2023 bewertet die Transparenz und Integrität der Klimastrategien von 24 Konzernen. Zum Ausklappen bitte hier klicken. 

Weit entfernt von „Netto-Null“

Die Studienautoren errechnen, dass die untersuchten Konzerne bis 2030 nur 15 bis 21 Prozent ihrer Treibhausgas-Emissionen in der gesamten Wertschöpfungskette reduzieren werden. Das widerspreche zum einen den Erwartungen, die langfristige „Netto-Null“-Aussagen schüren. Zum anderen seien die Ambitionen weit entfernt vom notwendigen Maß an Einsparungen. Nötig wäre eine 43-prozentige Reduzierung der Treibhausgase auf globaler Ebene, um den Temperaturanstieg auf etwa 1,5°C zu begrenzen, wie in den Pariser Klimazielen vereinbart.

Thomas Day vom New Climate Institut kommentiert: „In diesem kritischen Jahrzehnt des Klimaschutzes spiegeln die aktuellen Pläne der Unternehmen nicht die notwendige Dringlichkeit der Emissionsreduzierung wider. Regulierungsbehörden, freiwillige Initiativen und Unternehmen müssen sich erneut und dringend auf die Integrität der Emissionsreduktionspläne von Unternehmen bis 2030 konzentrieren. Der Diskurs über längerfristige Netto-Null-Emissionen sollte nicht von der unmittelbar anstehenden Aufgabe ablenken.“

Zahlenspielerei untergrabe ernsthafte Bemühungen

Der Report beleuchtet auch Tricks der Unternehmen in Bezug auf ihre Klimaversprechen. So klammerten manche Unternehmen besonders emissionsträchtige Bereiche aus und bezögen ihre Versprechen nicht auf die gesamte Lieferkette. Berechne man diese mit ein, zeige sich: Die angestrebten Treibhausgas-Reduktionen liegen im Schnitt bei ungefähr 36 Prozent. Weit entfernt von den zu erwartenden 100 Prozent.

Ein Beispiel für diese Praktik liefert der Studie zufolge Carrefour: Das französische Unternehmen klammere über 80 Prozent seiner Geschäfte aus seinen Klimazielen aus. Ähnlich gehe Nestlé vor. Das dort formulierte Reduktionsziel von „50 Prozent bis 2023“ entspräche der Studie zufolge über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg eher einer Reduzierungs-Verpflichtung von 16-21 Prozent.

Die Hälfte der untersuchten Unternehmen gibt schon an, klimaneutral zu sein. Dabei sei die Mehrheit der Emissionsquellen von diesen Aussagen ausgenommen. Den Studienautoren zufolge führe das Verbraucher in die Irre, denn „diese wichtige Information ist in den Marketingmaterialien, die den Verbrauchern gezeigt werden, nicht klar“. Die Geschäftsführerin von Carbon Market Watch, Sabine Frank, sagt dazu: „In einer Zeit, in der Unternehmen ihre Auswirkungen auf das Klima offenlegen und ihren CO2-Fußabdruck verkleinern müssen, nutzen viele von ihnen vage und irreführende „Netto-Null“-Versprechen, um ihre Marke grün zu waschen, während sie ihr Geschäft wie gewohnt weiterführen“.

Studienergebnisse unterscheiden sich stark von SBTi-Zertifizierungen

Auffällig ist: Der Report kommt zu gänzlich anderen Ergebnissen als die Zertifizierungen nach dem Science Based Targets initiative (SBTi) Net Zero Standard. Die SBTi hat die 2030-Ziele von 16 der 24 im CCRM 2023 untersuchten Unternehmen als kompatibel mit einem 1,5°C-Pfad beziehungsweise mit einem „deutlich unter 2°C“- oder 2°C-Pfad zertifiziert.

Die meisten dieser Unternehmen betonen ihre SBTi-Zertifizierungen in ihrer klimabezogenen Kommunikation. Die Studienautoren halten die 2030-Ziele der meisten dieser Unternehmen allerdings für wenig seriös. Strenge Ziele seien nur ein Teil – sie müssten durch glaubwürdige und detaillierte Pläne zur Erreichung der Ziele und ein zufriedenstellendes Maß an Transparenz unterstützt werden. So komme es, dass sich die SBTi-Einschätzungen und die Ergebnisse des CCRM 2023 teils stark unterscheiden.

Die gesamte Studie finden Sie unter www.newclimate.org/resources/publications/corporate-climate-responsibility-monitor-2023