Herr Adam, das Unternehmen WALA besteht seit fast 80 Jahren. War Umweltschutz damals schon ein Thema?
Biodynamische Grundsätze gehören bei Wala schon durch das Geschäftsmodell von Anfang an dazu. Seit 1950 ist der Hauptsitz in Bad Boll, seit 1955 mit eigenem Heilpflanzengarten. Natürlich war zu der Zeit Umweltschutz unproblematischer und noch nicht so ein Thema wie in den 1970er und 1980er Jahren.
Früher konnten Pflanzen ohne behördliche Genehmigungen gesammelt werden. Heute müssen die Wildsammlungen genehmigt und es muss genau dokumentiert werden, wo und wie viel gesammelt wird. Nachhaltiges Sammeln bedeutet auch Landschaftspflege und Verantwortung, damit sich die Pflanzen gut und ausreichend fortpflanzen können. Denn manche Pflanzen lassen sich nicht gut kultivieren, wie etwa die Arnika, die wir im Schwarzwald und im Elsass sammeln.
Ihre fast 1.000 Mitarbeiter sind über das Vorschlagswesen in das Thema Umweltschutz eingebunden. Welche Veränderungen und Erfolge wurden so erreicht?
2000 haben wir einen grünen Briefkasten eingeführt. Da kann jeder seinen Verbesserungsvorschlag einwerfen. Da unser Unternehmen schon sehr umweltbewusst handelt, ist es gar nicht einfach, neue Ideen zu finden. Bisher sind insgesamt 385 Vorschläge eingegangen. Einmal pro Jahr werden die 20–50 Ideen ausgewertet und wir verlosen unter den Einsendern 5 Gutscheine zu je 40 EUR für einen Einkauf in unserem eigenen Demeter-Bauernhof.
Ideen, die wir aufgegriffen und umgesetzt haben, sind u. a., die Büros mit Recyclingprodukten auszustatten oder die Lichtschaltung in den Gebäuden und den Wasserverbrauch zu optimieren. Eine gelungene Aktion gab es vor 2 Jahren durch den Vorschlag „Büromaterialamnestie“. Jeder sollte in seinem Schreibtisch, in Schränken und verwaisten Rollcontainern nachsehen, ob sich ungenutztes Büromaterial darin befindet. 3 Wochen lang konnte man die „Schätze“, wie Ordner, Klebestifte und vieles mehr, an Sammelstellen abgeben. Da passierte es dann schon einmal, dass ein Kollege vorbei lief und sagte: „Oh, genau das brauche ich gerade" und zufrieden mitnahm, was er benötigte. So wurden vorhandene Ressourcen weitergenutzt, andere wurden recycelt.
Viel genutzt wird auch unsere Mitfahrplattform im Intranet. Da sich unser Firmensitz im ländlichen Raum befindet, kommen viele Mitarbeiter mit dem Auto zur Arbeit. Über die Plattform bilden sie Fahrgemeinschaften oder suchen bzw. bieten Mitfahrgelegenheiten für Wochenendpendler an.
Für Maßnahmen, die über den eigenen Arbeitsplatz hinausgehen, ist unser Umweltkreis zuständig, der sich aus den verschiedenen Abteilungen zusammensetzt. Hier werden sowohl Auswahlkriterien für den Energieanbieter, als auch die Verbesserung der CO2-Werte des Fuhrparks oder der Einsatz von Elektrofahrzeugen besprochen und die Umsetzung der Maßnahmen auf den Weg gebracht.
Wo stößt der Umweltschutz an seine Grenzen?
Immer dann, wenn es keine ökologische Alternative gibt. Oder wenn aus Bequemlichkeit jahrelang die gleichen Produkte bestellt werden. Doch diese Quote ist bei uns gering und nimmt weiter ab.
Außerdem gibt es Bereiche, in denen wir uns in einem Spannungsfeld befinden. Da treffen wir dann Einzelfallentscheidungen und gehen Kompromisse ein. Ein Beispiel: Unsere Kunden haben auch vom Erscheinungsbild unserer Produkte eine genaue Vorstellung. Für unsere Kosmetikserien im Premiumsegment passen da keine Recycling-Verpackungen. Deshalb sind diese Verpackungen „nur“ aus FSC-Papier hergestellt – also aus zertifiziertem Papier, das aus verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern stammt –, das wir mit mineralölfreien Pflanzenfarben bedrucken.
Ihre Mitarbeiter werden am Arbeitsplatz kostenlos mit Kaffee, Tee und Milch in Bioqualität aus fairem Handel versorgt. Wie reagieren die Mitarbeiter auf solche Angebote?
Besonders positiv reagieren vor allem unsere Gäste darauf (lacht). Für die Mitarbeiter ist das inzwischen eher selbstverständlich. Denn auch beim Mittagessen bekommen sie ökologischen Mehrwert geboten. Bei den Gerichten – täglich gibt eines mit und eines ohne Fleisch – liegt die Bioquote bei 75 %. Ansonsten achten wir auf regionalen Einkauf. Die Salatbar ist 100 % bio. Das Essen in unserer Kantine kostet den Mitarbeiter nur 4 EUR, denn das Unternehmen gibt pro Essen noch einmal ungefähr den selben Betrag dazu.
Auch in anderen Bereichen profitieren unsere Mitarbeiter von unserem Einsatz für den Umweltschutz. So bekommt jeder Mitarbeiter einen Fahrradhelm bezahlt. Und beim jährlichen kostenlosen Fahrradcheck erhält jeder, der regelmäßig mit dem Rad zur Arbeit kommt, einen Reparatur-Gutschein.
Welche Umweltaktionen planen Sie in nächster Zeit?
Wir beziehen schon lange Ökostrom. Und seit letztem Jahr fokussieren wir uns auf das Thema Strom und sensibilisieren unsere Mitarbeiter dafür. So hatten wir z. B. in jedem Gebäude Stellwände aufgestellt. Dort konnten die Mitarbeiter Ideen eintragen, wie ein Privathaushalt Strom sparen kann. Die Ergebnisse wurden aufgegriffen und Missverständnisse aufgeklärt, also etwa die Aussage, dass Geschirrspülen von Hand besser für die Umwelt sei bzw. weniger Strom brauche als der Spülgang einer vollen Geschirrspülmaschine.
Als Nächstes wollen wir unseren Mitarbeitern anhand des Vergleichszeitraums 2013/2014 sichtbar machen, wie und wie viel Strom ein Haushalt sparen kann, ohne dabei an Lebensqualität zu verlieren.
Im Bürobereich haben wir als Schwerpunkt gerade das Thema Papier. Wir klären darüber auf, welche Papierqualitäten welche Vorteile haben, wie hoch bei der Produktion der Faser- und Wasserverbrauch ist und was ein papierloses Büro bedeutet. Da ich selbst kein Fan von Papierstapeln bin, praktiziere ich für mich schon seit einiger Zeit das papierlose, digital verwaltete Büro.
Was liegt Ihnen besonders am Herzen?
Statt vom Umweltschutz spreche ich lieber von der Nachhaltigkeit. Denn Nachhaltigkeit ist umfassender und beinhaltet auch soziale und wirtschaftliche Komponenten. Die Qualität unserer Produkte meint nämlich auch, wie wir die Rohstoffe in Dritte-Welt- oder Schwellenländern beschaffen. Die Menschen vor Ort sollen aus der Zusammenarbeit mit uns eine nachhaltige Lebensqualität gewinnen. Deshalb geben wir ihnen z. B. Abnahmegarantien. Und wir vereinbaren, dass sie eine Mehrproduktion anderweitig, auch an unsere Konkurrenz, verkaufen können. Wir wollen die Menschen nicht von uns abhängig machen.
So wie wir regional darauf achten und etwa die Arnika im Schwarzwald nachhaltig ernten, so achten wir auch global auf Nachhaltigkeit.
Herr Adam, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Bettina Brucker M. A., Freie Journalistin und Autorin.