ILO-Abkommen für die Landwirtschaft

Deutschland hat das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft endgültig ratifiziert. Die Bundesregierung verfolgt damit hauptsächlich das Ziel, einen grundlegenden Arbeitnehmerschutz in der globalen Landwirtschaft zu sichern. In Deutschland selbst sind die vom Übereinkommen geforderten Standards nach Ansicht der Regierung bereits umgesetzt. Experten sehen jedoch auch auf nationaler Ebene weiterhin Handlungsbedarf.

Die Landwirtschaft ist eine Branche, in der die Beschäftigten zahlreichen Risiken ausgesetzt sind, darunter chemischen und biologischen Gefahren, großen Maschinen und oft schwierigen Witterungsbedingungen. Das Übereinkommen 184 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) der Vereinten Nationen legt die wichtigsten Arbeitsschutzmaßnahmen für Beschäftigte gegen diese Gefahren und Gefährdungen fest. 

Deutschland bindet sich spät

Das ILO-Abkommen wurde bereits im Jahr 2001 geschlossen. Deutschlands späte Ratifizierung des Abkommens setzt eine Vereinbarung aus dem aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung um. Im Juli 2023 hat die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Abkommens ein entsprechendes Rechtssetzungsverfahren auf den Weg gebracht. Dies tut Deutschland vor allem aus globalpolitischen Gründen. Lilian Tschan, Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, erklärt die Motivation folgendermaßen: „Mit der Ratifikation des ILO-Übereinkommens Nr. 184 leistet Deutschland einen bedeutenden Beitrag, um den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft weltweit zu fördern. Zugleich senden wir ein klares Signal zur Stärkung internationaler Arbeits- und Sozialstandards. Sie sind die Grundfesten einer fairen Globalisierung.“

Inhaltliche Schwerpunkte des ILO-Abkommen

Die wichtigsten Maßnahmenbereiche des Übereinkommens sind:

  • Präventiv- und Schutzmaßnahmen in Bezug auf den Arbeitsschutz (Sicherheit von Maschinen, Chemikalienmanagement, Bau und Instandhaltung landwirtschaftlicher Anlagen),
  • Regelungen zur Einrichtung eines Systems der sozialen Sicherheit für den Fall von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten,
  • Mindestanforderungen an Unterkünfte für Beschäftigte in der Landwirtschaft sowie besondere Regelungen zum Schutz von Zeit- und Saisonarbeitskräften in der Landwirtschaft, von jungen Beschäftigten bei gefährlicher Arbeit in der Landwirtschaft sowie zu besonderen Bedürfnissen von Arbeitnehmerinnen im Rahmen des Mutterschutzes.

Defizite beim Arbeitsschutzvollzug

Die Bundesregierung hält im Rahmen des Gesetzentwurfs eine weitere Anpassung deutschen Rechts oder auch nur gesetzliche Ergänzungen für nicht notwendig. Das sehen einige Experten anders, zumindest was die Sicherstellung des Gesetzesvollzugs angeht. So zum Beispiel Kurt Kreizberg, Lehrbeauftragter für Arbeits- und Sozialrecht an der FOM Essen: „Aber auch wenn die Bundesregierung der Auffassung ist, dass sich aus dem Übereinkommen kein Handlungsbedarf für den nationalen Gesetzgeber ableite, zeigen die Entwicklungen der vergangenen fünf Jahre in Deutschland einen faktischen Handlungsbedarf im Arbeitsschutzvollzug.“ Mit den Entwicklungen meint Kreizberg vor allem die während der Corona-Krise bekannt gewordenen Zustände bei der Unterbringung osteuropäischer Vertragsmitarbeiter in der Fleischindustrie sowie die „nicht hinnehmbare“ Anzahl tödlicher Unfälle in der Branche.