Der Controller muss die nächste Krise voraussehen können


Controlling & Management

Controlling und Management waren bisher zwei weitestgehend getrennte Bereiche. Doch im Zuge der Digitalisierung werden die Verknüpfungspunkte zwischen den beiden Bereichen immer größer. Auf dem 32. Stuttgarter Controlling & Management Forum am 18. und 19. September stellte Herr Stéphane Bonutto dieses Zusammenwirken dar und erläuterte die sich daraus ergebenden Vorteile und Herausforderungen.

Controlling gestern, heute und morgen

In der Vergangenheit war der inhaltliche Austausch unter Controllern getrieben von Kennzahlen, Analysen, Szenariorechnungen sowie Kalkulationen und die Kommunikationswege waren bisher eher schriftlich und formell. Heute wird die Controlling-Abteilung vorwiegend von der Erhöhung der Datenmengen (s. Abb.) und neuen Planungs- und Auswertungstools herausgefordert. Das Management hingegen kämpft mit der steigenden Geschwindigkeitsanforderung und fordert stärker synthetische Cockpits und Datentransparenz, so Stéphane Bonutto, Head of Finance Europe bei Oerlikon Balzers.

Viele sprechen von einer grundlegenden Veränderung des Controllings und des Managements, doch was ist konkret damit gemeint? Der Referent nannte als Antwort sechs Aspekte, die im Folgenden näher dargelegt werden. 

Rahmenbedingungen im Finanzbereich verändern sich

Der erste Wandel im Finanzbereich betrifft die Rahmenbedingungen. Auf Geschäftsebene wird von der Digitalisierung zum einen das Wettbewerbsumfeld beeinflusst, indem ein Eintritt unerwarteter und disruptiver Marktbegleiter wahrscheinlicher wird. Im Bereich der Kundenanbindung steigen die Anwendung digitaler Vertriebsmittel und Produkte sowie die Anpassung der Dienstleistungen. In der Lieferantenanbindung werden Bieterplattformen immer populärer. Die Komplexität der Geschäftsdefinition wird weiter zunehmen, was wiederum einen höheren Anspruch an die Geschäftskontrolle und -steuerung nach sich zieht. Auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen entwickeln sich stetig weiter. Mit der Steigerung der Datenmenge und den cloudbasierten Anwendungen verschärft sich die Gesetzgebung, daher wird ein stringenterer und sensiblerer Umgang mit Daten und geistigem Eigentum notwendig. Die Künstliche Intelligenz (KI) erhöht die Transparenz und Verfügbarkeit von menschenbezogenen Daten, mithilfe deren Unternehmen einen Nutzen und Wettbewerbsvorteil generieren möchten. Die Frage nach den ethischen Grenzen der Datennutzung wird nicht nur heute, sondern auch in Zukunft immer wichtiger.

Datenbasis wird zunehmend größer und erfordert eine angemessene Transparenz

Der zweite Aspekt ist die Datenbasis. Im Kontext der Digitalisierung nehmen sowohl Datenbreite als auch -tiefe für Kundendaten sowie für Produktionsdaten zu. Eine angemessene Datentransparenz wird eine der zentralen Herausforderungen für das Controlling sein, denn eine verbesserte Planungsgrundlage erzielt letztlich einen besseren Unternehmenserfolg.

Controlling und Management brauchen eine partizipative Kultur

Als dritten Blickpunkt wurden die Herausforderungen, die sich für Controller und Manager aus den Veränderungen ergeben, genannt. Diese sind: 

  • Datenmengen müssen beherrscht werden: Trotz des Vorteils von mehr und schnelleren Daten steigt der Anspruch an die Quantifizierung und die Beantwortung der daraus resultierenden Fragen. 
  • Datenintelligenz muss geschaffen werden können: Eine bessere Datenanalytik optimiert die unternehmerischen Entscheidungen. 
  • Umgang mit Veränderungen: Veränderungen können gleichzeitig als Perspektive und als Bedrohung wahrgenommen werden. Angst und Widerstände der Mitarbeiter müssen angenommen werden, damit der Wandel des Controller-Bereichs aktiv gestaltet werden kann.
  • Akzeptanz der Notwendigkeit neuer Planungs- und Denkmuster: Die aufkommende Datenflut muss strukturiert werden, zudem wird die Planung künftig eher szenariobasiert sein.
  • Notwendigkeit einer digitalen Controlling- und Managementkultur: Das Controlling muss an seinen Kommunikationsfähigkeiten arbeiten und mit dem Management eine Beziehungskompetenz sowie eine partizipative Kultur aufbauen.

Durch die Digitalisierung verändern sich Kompetenzen und Aufgaben

Die Digitalisierung und ihre Herausforderungen modifizieren die vierte Perspektive, die Kernkompetenzen und -aufgaben. So nimmt bspw. die Konzentration auf das Monats-Reporting ab und im Gegensatz dazu erlangen treiberbasierte Planung und rollierender Forecast an Essenz. Innovationsfähigkeit, Ergebnisorientierung und Selbstdisziplin erweitern das Kompetenzprofil. Neue digitale Tools reduzieren die Zahleneingabe durch den Controller und automatisieren Analysen, Berichte und Szenarios. Dadurch wird der Controller in seinen Kernaufgaben entlastet und die Erstellungsgeschwindigkeit von Informationen erhöht. Auf Basis dessen können neue Arbeitsinhalte und Prozesse definiert werden. Mittels KI lassen sich aktuelle Entwicklungen im Unternehmensumfeld leichter überwachen und analysieren. Damit wird eine gezieltere Auswertung der unternehmensinternen Daten ermöglicht. Controlling und Management können durch diese Grundlage neue Trends und zukünftige Entwicklungsszenarien erarbeiten und nutzen digitale Tools zur Unterstützung bei der Entscheidungsfindung.

Transformation gilt es zu steuern und neue Arbeitsinhalte zu definieren

Die gewonnene Zeit kann der Controller in die Veränderungsdimensionen fünf und sechs, d.h. Steuerung der Transformation und Definition neuer Arbeitsinhalte und Prozesse, investieren. Diese sind beispielsweise:

  • die kritische Bewertung von bestehenden Sachverhalten,
  • das Ersetzen von traditionellen durch progressive Methoden,
  • die Festlegung von Parametern für die prädikative Analyse und
  • die Erforschung zukünftiger Möglichkeiten jenseits des Aktionsfeldes von KI.

Some things never change …

Obwohl sowohl im Controlling als auch im Management große Veränderungen wahrgenommen werden, gibt es auch Dinge, die von der Digitalisierung unberührt bleiben. So wird der Manager auch in Zukunft nicht von der Verantwortung der Entscheidungsfindung entbunden werden und auch der Controller wird weiterhin für die Aufbereitung der Entscheidungsgrundlage verantwortlich sein. Positiv ist, dass die Kommunikation zwischen dem Controller und dem Manager weiter an Bedeutung gewinnen wird. Gründe dafür sind bspw., dass

  • die Datenlage in Zusammenhang gebracht werden muss,
  • die gewonnenen Erkenntnisse zielgerichtet genutzt werden sollten und
  • eine konsistente strategische Orientierung der Firma sichergestellt werden muss.

Seinen Vortrag beendete Herr Bonutto mit den Worten, dass das Controlling weg vom patriarchischen Vorgehen und hin zu mehr Demokratie gehen müsse.