Finance Factory 2.0: Weiterentwicklung des Shared Service Center bei der Deutschen Telekom


Finance Factory 2.0: Weiterentwicklung des Shared Service Center

Jürgen Wittland, Geschäftsführer der Deutschen Telekom Accounting GmbH, präsentierte globale Factory-Konzepte für Finanzen und Controlling. Er stellte die Factories im Rechnungswesen der Deutschen Telekom vor und veranschaulichte ihre Bedeutung im Kontext der „One.ERP“ Initiative.

Die Finance Factory der Deutschen Telekom

Die unternehmensinterne Zentralisierung von Aktivitäten im Bereich Rechnungswesen und Controlling ist bereits seit Jahren ein gegenwärtiges Thema in den Führungsetagen von Großkonzernen. Der Fokus bei der Einrichtung sogenannter Finance Shared Service Center liegt dabei in der Regel zunächst auf den transaktionalen Prozessen der Finanzbuchhaltung. Aufgrund des repetitiven und standarisierten Charakters dieser Prozesse können bei vergleichsweise geringem Aufwand relativ schnell hohe Einspareffekte erzielt werden. Ist dieses Ziel erreicht, stoßen viele Unternehmen jedoch an die vermeintlichen Grenzen der Zentralisierung. Nicht so die Deutsche Telekom Accounting GmbH: Sie strebt bewusst die kontinuierliche Erweiterung ihres Factory Konzepts an und wandelt sich vom reinen Dienstleister zum Berater und Sparringspartner für ihre Kunden.

Die Deutsche Telekom Accounting GmbH verfügt heute über 24 Standorte in Deutschland und einem Standort in Rumänien und bedient als Finance Factory der Deutschen Telekom über 200 Konzerngesellschaften mit Leistungen im Bereich Debitoren, Kreditoren,- und Anlagenbuchhaltung im Bereich Zahlungsverkehr sowie im Bereich Intercompany- und Abschlussleistungen. Jürgen Wittland, Geschäftsführer der Deutschen Telekom Accounting GmbH, zeigt in seinem Vortrag eindrucksvoll den Entwicklungspfad aber auch die Herausforderungen auf, die es bei dem Auf- und Ausbau des Factory Konzepts der Deutschen Telekom zu meistern galt.

Grundsätzlich, so Wittland, gibt es zwei Möglichkeiten ein Shared Service Center aufzubauen: Entweder man harmonisiert und standardisiert zunächst die zu zentralisierenden Prozesse und führt sie anschließend organisatorisch zusammen, oder man vollzieht die Optimierung der Prozesse erst, nachdem man sie organisatorisch gebündelt hat.

Als historisch gewachsene Flächenorganisation wählte die Deutsche Telekom letzteren Ansatz: Im Jahr 2007 begann man mit dem Aufbau eines Share Service Centers Accounting durch die organisatorische Zusammenführung von Buchhaltungsaktivitäten in Deutschland. In den Folgejahren hat man den globalen Factory Ansatz weiter verfolgt und nach und nach weitere Dienstleistungen mit in das Portfolio aufgenommen. Heute basiert die Finance Factory der Deutschen Telekom auf folgenden vier Säulen:

  • Payment Factory - Zentralisierung und Harmonisierung des nationalen und internationalen Zahlungsverkehrs

  • Accounting Factory - Automatisierte Belegbuchung und Harmonisierung der Buchungsprozesse

  • Closing Factory - Zentrale Führung der Hauptbücher und effiziente Erstellung der Einzelabschlüsse

  • Consolidation Factory - Erstellung von Konzern- und Segmentabschlüssen für externes und internes Reporting sowie Abschlussbetreuung der Konzerngesellschaften

Optimierungsprozesse durch den Einsatz von Finance Factories

Zielsetzung insbesondere in der Initialphase der Finance Factories war die Optimierung der Kosten. Durch die Konsolidierung und Funktionalisierung der Standorte sowie die weitestgehende Automatisierung transaktionaler Prozesse beim Aufbau der Payment Factory und der Accounting Factory konnten insbesondere Personalkosten und Betriebsausgaben gesenkt werden. Eine Steigerung der Abschlussqualität sowie die Verkürzung der Abschlusserstellung auf vier Arbeitstage für einen Einzelabschluss bzw. 14 Arbeitstage für den Konzernabschluss, wurden durch die erfolgreiche Reduzierung der Prozessvielfalt und eine weitestgehende Standardisierung der Abschlussprozesse erreicht.

Heute steht das Einsparpotential im Bereich der Lohnkosten nicht mehr so stark im Fokus, vielmehr stellen die zunehmende Internationalsierung und vor allem die heterogene IT-Landschaft des Konzerns die größten Herausforderungen dar. Die Deutsche Telekom kam so zu der Erkenntnis, dass die Möglichkeiten der Prozessoptimierung nach und nach an ihre Grenzen stoßen und eine weitere Realisierung von Effizienzen nur durch eine grundlegende Optimierung der konzernweiten IT-Landschaft möglich war. Dies nahm man zum Anlass, mit One.ERP eines der größten Konzernprojekte der letzten Jahre aufzusetzen. Im Zeitraum von 2013 bis 2018 hat sich die Deutsche Telekom zum Ziel gesetzt, sukzessiv alle Gesellschaften auf eine einheitliche ERP Plattform zu migrieren. Die Schaffung einer Homogenen IT-Landschaft bietet nicht nur die Grundlage für die einheitliche Ausgestaltung und Durchführung gesellschaftsübergreifendender Finanzprozesse, sie steigert darüber hinaus auch die Flexibilität, ad hoc auf Konzernveränderungsprozesse reagieren zu können und diese seitens der Deutschen Telekom Accounting GmbH zentral begleiten zu können.

Zusammenfassend sieht Herr Wittland folgende kritische Erfolgsfaktoren für die erfolgreiche Einführung und stetige Weiterentwicklung des Factory Konzepts bei der Deutschen Telekom:

  • Ein klares Commitment des gesamten Konzerns zum Aufbau einer zentralen Finance Factory: Die stärkere Ausprägung des SSC Gedankens und die damit verbundene Ausweitung des Service Portfolios führt unweigerlich zum Abbau entstandener „Fürstentümer“ und kann somit immer wieder zu Widerständen innerhalb des Konzerns führen.

  • Ein eindeutiges Rollenverständnis: Die Deutsche Telekom Accounting GmbH  steht heute nicht mehr nur für die kostengünstige Zentralisierung der Buchhaltung. Als weiterentwickeltes Finance Shared Service Center haben der Servicegedanke und damit die Kundenzufriedenheit höchste Priorität. Zudem fungiert die Deutsche Telekom Accouning GmbH inzwischen erfolgreich als Regelgeber und Sparringspartner für ihre Kunden: „Wenn wir alles blind umsetzen würden, was der Kunde erwartet, verstricken wir uns in Komplexität“, so Herr Wittland. Die Deutsche Telekom Accounting GmbH zeigt daher ihren Kunden klar den Rahmen auf, in dem Prozesse durchgeführt werden. „Unserem Kunden ist bewusst, dass Abweichungen vom Standard teurer werden. Er hat somit ein Eigeninteresse, gemeinsam mit uns auf eine optimale Prozesslösung hinzuarbeiten“ kommentiert Herr Wittland die Zusammenarbeit weiter. Aufgrund ihrer gesellschaftsübergreifenden Expertise entlang der kompletten End-to-End Prozesse im Finanzbereich ist die Deutsche Telekom Accounting GmbH inzwischen auch gefragter Berater in großen Konzernveränderungsprojekten und hat so die Möglichkeit, proaktiv Mehrwert für ihre Kunden und damit letztendlich auch für den Gesamtkonzern zu schaffen.

Ausblick der Deutschen Telekom auf den Aufbau einer Reporting Factory

Abschließend gab Herr Wittland noch einen kurzen Ausblick auf das aktuelle Vorhaben der Deutschen Telekom Accounting GmbH: Den Aufbau einer Reporting Factory. Man hat erkannt, dass neben der Harmonisierung der zerklüfteten IT-Landschaft durch das Großprojekt One.ERP die ebenfalls zerklüftete Reporting-Landschaft signifikantes Potenzial zur Effizienzsteigerung bietet.

Dieses Vorhaben befindet sich jedoch erst in einer initialen Phase und wird derzeit noch kontrovers diskutiert. Für grundlegende Fragestellungen der Unternehmenssteuerung und der Governance gilt es zunächst noch einen Konsens zu finden: Welche Informationen werden zum Steuern des Unternehmens benötigt, welches System kann mir diese aufbereiten und wer hat letztendlich die Daten- und Berichtshoheit? Da sich Tochtergesellschaften gegenüber dem Konzern in der Regel über Berichtsinhalte definieren, wird auch hier an der einen oder anderen Stelle noch Überzeugungsarbeit zu leisten sein.