Der Dreiklang guten Feedbacks
Kritik ist in unserem Alltag allgegenwärtig. Sobald wir Sachverhalte betrachten und beurteilen, werden wir eine Kritik dazu äußern. Nun muss man sich bei der Kritik allerdings immer klar machen: Was will ich erreichen? Manchmal ist Kritik falsch, in anderen Fällen überzogen und oft fällt sie völlig aus. Wir wollen uns mit der Wirkung von Kritik auseinandersetzen und uns verdeutlichen, wie wir Kritik gezielt und wirksam nutzen können, um die Motivation der anderen zu erhalten und die Leistung zu verbessern.
Warum kritisieren wir?
Wenn wir Kritik äußern, wollen wir etwas bewegen oder beeinflussen. Wir machen eine Aussage zu einer Leistung oder einem Ergebnis, dass eine andere Person erbracht hat. Natürlich streben wir mit der Kritik immer eine Verbesserung an – oder? Wir betrachten den Sachverhalt oder ein Ergebnis durch unsere Brille und nehmen im Zusammenhang mit eventuellen Abweichungen von unserer eigenen Meinung eine Bewertung vor, die wir in der Kritik benennen.
Manchmal gelingt es uns aber nicht, die richtigen Worte zu finden und die Kritik erzeugt eine völlig andere Wirkung. Daraus ergeben sich dann nicht nur Meinungsverschiedenheiten, sondern sogar handfeste Konflikte. Wird Kritik regelmäßig falsch geäußert, verlieren wir Vertrauen und die Zusammenarbeit wird sehr schwer. Für Führungskräfte, Projektleiter:innen und Controller:innen ist es jedoch essentiell, Kritik richtig zu gestalten. So kann man andere Mitarbeiter:innen motivieren.
Kritik hat zwei Seiten
Was erwarten Sie persönlich, wenn man Sie zu einem Kritik-Gespräch einlädt? Vermutlich geht es Ihnen wie den meisten Menschen: wir erwarten Aussagen zu Fehlern, die wir gemacht haben oder Korrekturen für unsere Arbeit. Also erwarten wir etwas Negatives. Kritik ist im Grunde aber eine Betrachtung oder Würdigung eines Sachverhalts. Dabei kann es sowohl zu positiven als auch zu negativen Aussagen kommen. Somit hat die Kritik zwei Seiten.
Wenn Sie nur kritisieren, wenn etwas falsch war, nicht funktioniert hat oder etwas Anderes erwartet wurde, haben Sie schnell die folgende Wahrnehmung in Ihrem Umfeld erzeugt. „Wenn meine Chefin oder mein Chef etwas kritisiert ist es immer negativ“. Dazu einige Beispiele:
- die Grafik ist falsch,
- die Zahlen müssen anders ausgewertet werden,
- so können Sie mit dem Fachbereich nicht sprechen,
- die Annahmen im Forecast sind nicht nachvollziehbar,
- die Reihenfolge im Report muss geändert werden.
Wenn Sie in Ihrem Umfeld ausschließlich so wahrgenommen werden, haben Sie ein für Sie ungünstiges Image. Eine Zusammenarbeit ist oft nicht sehr vertrauensvoll. Im Extremfall sind die Handlungen der Personen in Ihrem Umfeld durch Angst geprägt. In der Führung bezeichnet man das Verhalten, bei dem u.a. überwiegend negative Kritik geäußert wird, als "Führen mit Angst".
Wann haben Sie zuletzt jemanden für seine Leistung oder seinen Beitrag in einem Meeting gelobt - also positive Kritik geäußert? Können Sie sich noch erinnern, wie sich die Gesichtszüge dieser Person geändert haben?
Ausgewogenes Verhältnis von Lob und Tadel
Um die Motivation von Menschen aufrecht zu erhalten, müssen Sie ein ausgewogenes Verhältnis von Lob und Tadel erreichen (vgl. Abbildung oben). Gleichfalls müssen Sie in Ihrer Art der Kritik die Persönlichkeit auf der anderen Seite einbeziehen. Ist der Mensch besonders sensibel und neigt dazu, Kritik persönlich zu nehmen oder kann er die Kritik als sachliche Aussage von der persönlichen Betroffenheit ausreichend trennen?
Da der Begriff Kritik polarisiert und nur einseitig verstanden wird, ist es günstig, wenn man auf den Begriff komplett verzichtet. Wir äußern selbstverständlich unseren Standpunkt, allerdings ist die Erwartungshaltung des Gesprächspartners nicht negativ geprägt. Oft wird der Begriff Feedback benutzt. Er scheint aktuell noch unbelastet und vermittelt den Eindruck, es gehe um eine positive, sowie negative Betrachtung. Am Ende kommt es aber unabhängig von der Gesprächsbezeichnung, sei es Kritik, Feedback oder Sonstiges, darauf an, was Sie aus dem Gespräch machen.
Es muss Ihnen gelingen, immer den richtigen Ton zu treffen! Ihre Kritik soll unterstützen und zur Lösung beitragen und nicht frustrieren oder verärgern.
Was erzeugt die Kritik beim Gesprächspartner?
Wenn wir Menschen kritisieren, lösen wir immer Emotionen aus. Diese sind entweder positiv oder negativ. Die positiven Emotionen beflügeln, während die negativen einen hemmenden Faktor haben. Gerade deshalb macht der Ton bei der Kritik die Musik.
Die kritisierende Person muss sich zudem immer empathisch in die Lage der zu kritisierenden Person versetzen und versuchen, die Einstellung oder das Verhalten nachzuvollziehen. Wir können generell davon ausgehen, dass Controllerinnen und Controller bei einer Aufgabe ihr bestes geben und am Ende auf das Ergebnis einen gewissen Werkstolz haben. Gerade im Controlling und im Bereich Finance finden wir häufig Personen, die perfektionistische Ansätze haben. Wenn wir nun rücksichtslos negativ kritisieren, vermitteln wir das Gefühl: "Du hast versagt," was eine demotivierende Wirkung hat. Dabei wollen wir nur einen Fehler korrigieren.
Mit Kritik werden Emotionen ausgelöst
Die der Abbildung aufgeführten Gefühle können Sie durch Ihre Kritik auslösen. Somit müssen Sie eine besondere Sensibilität an den Tag legen, wenn Sie negative Kritik äußern wollen. Einer guten Kritik geht immer eine gründliche Analyse voraus. Sie müssen Zusammenhänge und Hintergründe kennen sowie Auswirkungen beurteilen können. Wenn die Analyse in der Art nicht möglich ist, starten Sie das Kritikgespräch nicht mit Aussagen und schon gar nicht mit Vorwürfen, sondern mit Fragen. Fragen Sie den Gesprächspartner wie er zu dieser Auswertung gekommen ist, warum er den Kommentar so geschrieben hat usw. So erfahren Sie etwas über die Arbeitsweise und die führenden Gedanken der Kollegin oder des Kollegen. Als Führungskraft stellen wir dann manchmal fest, dass unsere Anforderungen für die Aufgabe unpräzise waren. Nun müssten wir uns selbst - statt unseres Gegenübers - kritisieren.
Wann Kritik geäußert wird
Die Wirkung der Kritik hängt sehr stark davon ab, ob sie in einem vertraulichen Gespräch unter vier Augen geäußert wird, oder ob die Äußerungen vor der Gruppe geschehen. Das zu beachten ist insbesondere bei negativer Kritik sehr wichtig. Die Betroffenheit der kritisierten Person steigt, weil die Blamage vor dem Team noch hinzukommt. Wir verlieren unser Gesicht.
Achten Sie daher unbedingt darauf, dass negative Kritik nicht vor der versammelten Mannschaft stattfindet. Für positive Kritik gilt: gerne vor dem Team, allerdings sollte im Zeitablauf jeder einmal positive Kritik erfahren.
Ich und die Kritik
An den bisherigen Darstellungen merken wir sehr genau, wie wichtig gute Kritik ist. Die kritisierende Person ist daher immer in der Verpflichtung, gezielt und beherrscht mit Kritik umzugehen. Seit vielen Jahren nutze ich für mich ein Prinzip:
Wenn es mir nicht gut geht, führe ich keine kritischen Gespräche.
Was soll das bedeuten? Wir sind alle gesteuert und beeinflusst durch positive und negative Emotionen. Wir müssen immer in der Lage sein, diese im Griff zu haben. Wenn wir selbst in einer schlechten Stimmung sind, besteht die Gefahr, bei negativer Kritik über das Ziel hinaus zu schießen. Daher bewirkt das Prinzip zum einen eine Gesprächsdisziplin und zum anderen vermeide ich das Gespräch, wenn ich das Gefühl habe, der anstehenden Aufgabe nicht gerecht werden zu können. Eine Verschiebung um 30 Minuten genügt häufig schon, um den erforderlichen Abstand zu erreichen und sich emotional besser aufzustellen.
Bei der Kritik spielt Fairness eine zentrale Rolle. Fragen Sie sich doch bitte mal, ob Sie sich Ihren Mitarbeiter:innen bzw. Kolleg:innen gegenüber stets fair verhalten. Fragen Sie sich dann weiter, wie die Gespräche mit Ihnen von den Anderen beurteilt werden – ebenfalls fair? Fairness zu erreichen ist knifflig, denn die Bewertung liegt jeweils im Auge des Betrachters. Geprägt von momentanen Stimmungen, Erwartungen und den Erfahrungen kann eine Situation sehr unterschiedlich eingeschätzt werden.
Der Dreiklang des guten Feedbacks
Sympathie und Antipathie spielen auch bei der Kritik eine Rolle. Menschen, die wir sympathisch finden, kritisieren wir weniger stark negativ, als solche, die uns unsympathisch sind. Das kann gerade für Führungskräfte zu unangenehmen Situationen führen. Selbst wenn nur der Eindruck entstünde, Sympathie und Antipathie spielten bei der Kritik eine Rolle, würde es die Situation massiv belasten.
Nutzen Sie den Dreiklang, um diesem Risiko zu begegnen:
- Mach bitte weiter so (mir gefällt): Hier machen Sie sich Gedanken, was Sie persönlich an der Person schätzen und was Ihnen in der Zusammenarbeit gut gefällt. Beispielsweise die Genauigkeit, die Zuverlässigkeit, die guten Ideen usw. Nutzen Sie diese Punkte und machen Sie sie zu einem Teil Ihres Kritikgesprächs.
- Höre bitte damit auf (mich stört): Verdeutlichen Sie sich, was Sie an der anderen Person stört und was für die gute und erfolgreiche Zusammenarbeit aus Ihrer Sicht geändert werden soll. Nutzen Sie bei diesen Aussagen unbedingt ICH-Botschaften statt DU-Botschaften und sorgen Sie dafür, dass Ihre Punkte nachvollziehbar sind.
- Fang in Zukunft bitte damit an (ich wünsche mir von Dir): Die unter Punkt 1 genannten Aspekte sollen unbedingt erhalten werden. Gleichfalls sollen die Punkte unter 2 korrigiert werden. Diskutieren Sie das gemeinsam und treffen Sie eine Vereinbarung.
Achtung: Die Vereinbarung kann zwar eine Anweisung von Ihnen sein, eine deutlich bessere Wirkung erzeugen Sie jedoch, wenn man eine gemeinsame Lösung – eventuell einen Kompromiss – findet!
Diese Betrachtung dient insbesondere Ihrer Vorbereitung auf ein Gespräch. Wenn Sie sich diese Aspekte bewusst machen, wird Ihre Kritik nie einseitig oder gar geringschätzend sein. Mit der differenzierten Betrachtung können Sie zum Beispiel in der Sache hart kritisieren und dennoch ein sehr positives Bild der Person zeichnen.
Fazit: Das Wort Kritik bezieht sich sowohl auf positive als auch auf negative Aussagen oder Bewertungen. Kritik sollte immer konstruktiv sein und muss so geäußert werden, dass die kritisierte Person die Aussagen nachvollziehen kann und keinesfalls dadurch verletzt wird. Das Ziel der Kritik wird erreicht, wenn die kritisierte Person einsichtig ist und durch eine Änderung ein Nutzen entsteht. Wenn Kritik gut eingesetzt wird, stärkt sie die Zusammenarbeit und baut Vertrauen auf.
Denken Sie bei Kritik doch zukünftig an die Aussage von Henry Ford: "Ein Geheimnis des Erfolges ist es, den Standpunkt des anderen zu verstehen".
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