Etwas weniger "Papierkram" für kleine und mittlere Unternehmen
Im Zentrum der Neuregelungen durch das Bürokratieentlastungsgesetz stehen die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten, die für zahlreiche Selbstständige weniger werden sollen. Aber auch der Abbau von Statistikpflichten sowie das Installieren einer generellen Bürokratiebremse („one in, one out“) sollen dazu führen, dass Unternehmen nicht über Gebühr Formulare aufgebürdet werden. Insgesamt rechnet die Bundesregierung mit einer Entlastung für die Wirtschaft in Höhe von 744 Millionen Euro pro Jahr.
Meldepflichten – weniger ist mehr
Rund 11.000 Informationspflichten muss die Wirtschaft laut Bundesrecht erfüllen. Hier Abhilfe zu schaffen und mit weniger Bürokratie Existenzgründern den Weg zu ebnen, war das erklärte Ziel eines Eckpunktepapiers der Bundesregierung. Ein erster Teil schaffte es im Juli 2015, in Gesetzesform gegossen zu werden: mit dem „Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie“ werden hauptsächlich kleine und mittlere Unternehmen von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten befreit (Bundestagsdrucksache 18/4948) Parallel dazu soll die so genannte „one in, one out“-Regel dafür sorgen, dass nicht zusätzliche Lasten auf die Unternehmen zukommen. Die Bundesregierung verpflichtet sich demnach, neuen Erfüllungsaufwand der Wirtschaft durch Entlastungen an anderer Stelle auszugleichen. Außerdem sollen weitere Gesetzesinitiativen folgen, um den Eckpunktebeschluss zum Thema Bürokratie vollständig umzusetzen.
Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten: Angehobene Schwellenwerte bewirken Befreiung von Buchführungspflicht
Die Grenzwerte für die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten bezüglich Umsatz und Gewinn werden im Handelsgesetzbuch und in der Abgabenordnung angehoben. Demnach sind alle Einzelkaufleute, deren Umsatz nicht mehr als 600.000 Euro beträgt und einen Gewinn von bis zu 60.000 Euro aufweist, von der Buchführungspflicht befreit. Zudem müssen sie kein Inventar erstellen. Die Schwellenwerte wurden damit jeweils um 20 % erhöht. Die betroffenen Unternehmer müssen damit auch keinen Jahresabschluss nach § 242 Absatz 4 HGB aufstellen.
Parallel dazu hat der Gesetzgeber die Grenzwerte in § 141 AO angehoben. Damit sind gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte unterhalb einer Umsatzgrenze von 600.000 Euro bzw. einem Gewinn von 60.000 Euro von der steuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht ausgenommen. Laut Schätzungen des Statistischen Bundesamts reduziert sich dadurch der Erfüllungsaufwand für die Buchführung und den Jahresabschluss jeweils um 25 %.
Die höheren Schwellenwerte gelten erstmals für alle Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen. Für die Praxis bedeutet dies, dass künftig so mancher Betrieb, der bislang buchführungspflichtig war, auf die einfachere Einnahmen-Überschussrechnung umstellen kann. Die Finanzämter sind angehalten, keine Mitteilung zur Buchführungspflicht zu versenden, wenn die Umsätze in den Jahren bis 2015 zwar den bisherigen Grenzwert überschritten haben, nicht aber den neuen Schwellenwert übersteigen.
Pauschale Lohnsteuer wird ausgeweitet
Um einfach und unkompliziert Aushilfen beschäftigen zu können, haben Arbeitgeber die Möglichkeit, die Lohnsteuer pauschaliert zu erheben. Die pauschale Lohnsteuer in Höhe von 25 % sorgt dafür, dass das komplexe Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale entfällt. Voraussetzung dafür war bislang, dass der tägliche Arbeitslohn durchschnittlich 62 Euro pro Arbeitstag nicht übersteigt.
Um dem neuen Mindestlohn Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber die tägliche Verdienstgrenze auf 68 Euro angehoben – das entspricht acht Arbeitsstunden a 8,50 Euro. Die erweiterte Möglichkeit, die Lohnsteuerpauschalierung anzuwenden, greift erstmals für das Veranlagungsjahr 2015.
Zahlen über Zahlen: Neue Regeln für die Statistik
Existenzgründer und Jungunternehmer sollen sich so wenig wie möglich mit Bürokratie herumschlagen müssen. Allerdings gibt es – je nach Branche – eine Vielzahl von statistischen Pflichten, die Selbstständige erfüllen müssen.
Aus diesem Grund hat sich der Gesetzgeber entschlossen, die Jahresumsatzschwellen anzuheben. Existenzgründer müssen künftig nicht mehr bei einem Jahresumsatz von 500.000 Euro, sondern erst beginnend bei einem Jahresumsatz von 800.000 Euro bestimmte Meldepflichten erfüllen. Das gilt für das Jahr der Betriebseröffnung und die beiden darauf folgenden Jahre. Davon betroffen sind
- die Umweltstatistik,
- die Kostenstrukturstatistik,
- die Dienstleistungsstatistik,
- die Statistik im Produzierenden Gewerbe,
- die Handelsstatistik,
- die Beherbergungsstatistik,
- die Preisstatistik sowie die
- die Verdienststatistik.
Bei der Preisstatistik werden außerdem einige Hilfsmerkmale integriert, die unter die Meldepflicht fallen – dazu zählen vor allem Name und Anschrift der Erhebungseinheiten. Artikel- oder Bestellnummern müssen nicht genannt werden.
Energiewirtschaft: Weniger Details
Für Unternehmen, die Biogas einspeisen, fällt das Monitoring künftig weniger detailliert aus. Es ist nicht mehr erforderlich, die genaue Kostenstruktur, die erzielbaren Erlöse, die Kostenbelastung der Netze und Speicher sowie die Notwendigkeit von Musterverträgen zu überprüfen. Stattdessen sollen nun lediglich die Zahl der Anlagen, die Biogas einspeisen, erfasst werden, außerdem die Biogasmenge sowie die Kosten, die bundesweit auf alle Netznutzer umgelegt werden.
Bürokratieabbau: weiterer Handlungsbedarf gegeben
Sowohl der Nationale Normenkontrollrat als auch der Bundesrat empfehlen, weitere Regelungen auf den Prüfstand zu stellen. So schlägt der Normenkontrollrat unter anderem vor, Umfang, Detailtiefe und Verständlichkeit des Formulars zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu hinterfragen. Bis Ende 2015 soll es Vorschläge geben, das Formular zu vereinfachen.
Außerdem verweist der Normenkontrollrat darauf, dass sich das Gesetz darauf beschränkt, Meldepflichten abzubauen, nicht jedoch, den Inhalt und Umfang einzelner Statistiken zu hinterfragen. Die Notwendigkeit, dies zu tun, habe der Mittelstandsbeirat des Bundeswirtschaftsministeriums am Beispiel der Intrahandelsstatistik dargelegt. In diesem Zusammenhang sei es notwendig, nicht nur nationale Vorgaben, sondern auch EU-bedingte Meldepflichten zu überprüfen und sich auf europäischer Ebene für den Abbau unnötiger Bürokratie einzusetzen.
Der Bundesrat wiederum fordert in seiner Stellungnahme zum Gesetz, die Grenze für Kleinbetragsrechnungen von derzeit 150 Euro auf 300 Euro zu erhöhen. Damit soll vor allem die Abrechnung kleiner Barumsätze – etwa in der Lebensmittelbranche oder an Tankstellen – vereinfacht werden. Die Bundesregierung sagte zu, die Vorschläge im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen.
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