Bilanzielle Abbildung scheinbar unbegrenzt laufender Leasingverhältnisse
Entscheidend ist der Nachweis durchsetzbarer Rechte und Pflichten
Die bilanzielle Abbildung eines als lease identifizierten (Dauer-)Schuldverhältnisses nach IFRS 16 erfordert die Bestimmung des Zeitraums der Nutzungsüberlassung (lease term). Der lease term ist der Zeitraum für den – zumindest für eine der beteiligten Parteien - durchsetzbare Rechte und Pflichten (enforceable rights) bestehen (IFRS 16.B34). Der für die bilanzielle Abbildung zu betrachtende Zeitraum einer Nutzungsüberlassung wird durch ein beiderseitiges (each has the right) Kündigungsrecht in zeitlicher Dimension begrenzt, wenn die folgenden Anforderungen kumulativ erfüllt sind:
- Beide Vertragsparteien (lessee and lessor) können ohne Zustimmung der anderen Vertragspartei das Leasingverhältnis beenden.
- Das Vertragsverhältnis kann ohne Zahlung einer signifikanten Strafe (insignificant penalty) eingestellt werden.
Treffen beide Anforderungen zu, fehlt es an dem Nachweis durchsetzbarer Rechte und Pflichten für die Vertragsparteien. Es liegt kein Leasingverhältnis vor.
Unbestimmte Leasingdauer versus vertragliche Kündigungsrechte
Der Leasingnehmer bilanziert eine Leasingverbindlichkeit und ein right-of-use asset für den Zeitraum der Nutzungsüberlassung, für den er oder der Leasinggeber ein einseitig durchsetzbares Recht auf Vertragserfüllung hat (IFRS 16.BC128). Dabei bezieht der Leasingnehmer in seinem Ermessen stehende Verlängerungs- und Kündigungsoptionen, deren Ausübung er als hinreichend sicher einschätzt (IFRS 16.18), in die Bestimmung des lease term ein. Ein einseitiges Kündigungsrecht des Leasingebers ist für die Bestimmung des lease term unbeachtlich (IFRS 16.BC128), somit also aus der Perspektive des Leasingnehmers nicht relevant.
Beispiel: Ein Leasingverhältnis wird auf unbestimmte Dauer geschlossen
- Der Leasingnehmer hat das Recht, nach Ablauf von jeweils 4 Jahren beginnend mit dem Nutzungsbeginn den lease zu beenden.
- Der Leasinggeber hat das Recht nach 8 Jahren erstmals das Recht zur Kündigung.
Die Kündigungsrechte sind jeweils ohne eine Belastung mit einer penalty zu den vereinbarten Zeitpunkten aufkündbar. Nach Ablauf von 8 Jahren haben beide Parteien ein Recht auf Kündigung.
Aus Sicht des Leasingnehmers ist der Vertrag 4 Jahre nach Nutzungsbeginn und dann wieder alle 4 Jahre kündbar, der Leasinggeber kann das Verhältnis erstmals nach 8 Jahren beenden. Eine Zustimmung zur Kündigung des Leasingnehmers durch den Leasinggeber ist nicht erforderlich, die Zahlung einer signifikanten Strafe durch den Leasingnehmer nicht vorgesehen. Der lease term beträgt daher mindestens vier Jahre aufgrund des Vorliegens einer durchsetzbaren Rechtsposition des Leasingnehmers gegenüber dem Leasinggeber. Der maximale lease term beträgt allerdings nur 8 Jahre, wegen des beiderseitigen Kündigungsrechts fehlen enforceable rights. Darf in Abwandlung zu dem Beispiel der Leasingnehmer erst nach Ablauf von 8 (statt 4) Jahren, der Leasinggeber jedoch bereits nach 4 (statt 8) Jahren die Kündigung aussprechen, beträgt der lease term mindestens 8 Jahre (IFRS 16.BC128).
Unbestimmte Leasingdauer versus gesetzliche Kündigungsrechte
Fehlt es an der vertraglichen Gestaltung von Kündigungsrechten eines auf unbestimmte Dauer geschlossenen Leasingverhältnisses, sind die gesetzlichen Kündigungsbestimmungen für Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit zu beurteilen (§§ 573 ff BGB in Deutschland).
Leasingverhältnisse mit einer unbestimmten Dauer lassen sich wegen ebenfalls zu berücksichtigender gesetzlicher Kündigungsregeln regelmäßig nicht nachweisen. Sollte tatsächlich eine zeitlich unbegrenzte Nutzungsdauer vereinbart worden sein, wäre zu würdigen, ob die Transaktion nicht eher als in-substance sale anstatt als lease zu behandeln wäre (IFRS 16.BC139(b)).
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