Bilanzierung von Software as a Service (SaaS)

Informieren Sie sich über die Problematik der Softwarebilanzierung.

Der Fall: Einsatz cloud-basierter Software

Das Beratungsunternehmen B stellt seinen Consultants Notebooks zur Verfügung, die unter anderem mit einer Office-Software bestehend aus Textverarbeitungs-, Tabellenverarbeitungs- und Präsentationsprogramm ausgestattet sind. Im Jahr 2019 hat B entschieden, von den bislang auf den Laptops gespeicherten Programmversionen (on premise-Software) auf cloud-basierte Software (Software as a Service – SaaS) überzugehen. Die für sie zu zahlende jährliche Lizenzgebühr liegt deutlich unter den Anschaffungskosten der bisher genutzten Office-Anwendung. Den eigentlichen Vorteil des Arbeitens in der Cloud sieht B indes in der größeren Flexibilität, da ein Zugriff auf die Programme auch mit Smartphones und Tablets möglich ist.

Die (fehlende) Lösung: wie ist cloud-basierte Software zu bilanzieren?

Für B macht die cloud-basierte Software vieles einfacher, eines jedoch nicht: die Bilanzierung. Das HGB stellt die Frage nach dem wirtschaftlichen Eigentum an der Software, beantwortet sie aber nicht. Der Deutsche Rechnungslegungs Standard DRS 24 erläutert in über 100 Textziffern, wie immaterielle Vermögensgegenstände zu bilanzieren sind, kennt aber (selbst in der englischen Fassung) die Wörter „Cloud“ und „Service“ nicht. Auch das IDW hat in seiner erst im Jahr 2017 überarbeiteten Stellungnahme zur Bilanzierung von entgeltlich erworbener Software beim Anwender (IDW RS HFA 11) nur lokal genutzte Programme vor Augen.

Orientierung an internationaler Rechnungslegung

Eine bilanzielle Hilfestellung mag man von der internationalen Rechnungslegung erwarten. Sie zeichnet sich bekanntlich durch eine höhere Änderungsdynamik aus und greift aktuelle Entwicklungen schneller auf. Zudem hat der deutsche Gesetzgeber die Weichen für die Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte schon mit dem BilMoG klar in Richtung IFRS gestellt. 
Aber auch beim Blick nach London bleibt der Erkenntnisgewinn überschaubar. Immerhin hat sich das IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) Ende letzten Jahres eingehend mit einer Anfrage zur Bilanzierung von Cloud Computing-Vereinbarungen befasst. Nach seiner Auffassung können derartige Vereinbarungen je nach Ausgestaltung zum Ansatz eines „Software Asset“ beim Anwender veranlassen oder als Dienstleistungsvertrag zu deuten sein. Grundlage für die Aktivierung eines Vermögenswerts kann ein Leasingvertrag oder ein anderes Vertragsverhältnis sein, das die Beherrschung (Control) über die Software auf den Anwender überträgt (vgl. IFRIC Update November 2018). Diese Möglichkeiten mag man durchaus auch nach HGB in den Blick nehmen.

Frage nach dem wirtschaftlichen Eigentum ist entscheidend

Sie führen indes zurück zum Ausgangspunkt, nämlich zu der Frage, wann das wirtschaftliche Eigentum an der Software auf den Nutzer übergeht. Es bedarf keiner großen Fantasie, um die Streitanfälligkeit dieser Beurteilung zu erkennen. So ist keineswegs klar, wann überhaupt ein Leasingverhältnis anzunehmen ist. Kaum weniger ermessensbehaftet ist die Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen der Anwender kraft eines bloßen Nutzungsvertrags wirtschaftlich wie ein Eigentümer der Software dasteht. 

Ein Blick auf die US GAAP-Regelung ist hilfreich

Pragmatischer als die wenig griffigen Erwägungen des IFRS IC fällt die Antwort der US GAAP aus. Danach soll eine Cloud Computing-Vereinbarung dann zur Aktivierung eines immateriellen Vermögenswerts beim Nutzer führen, wenn diesem

  1. das Recht zusteht, sich die Software jederzeit ohne signifikante Strafe anzueignen, und 
  2. es möglich ist, die Applikation auf seiner eigenen Hardware zu betreiben oder durch einen Dritten bereitstellen zu lassen.

An eine Behandlung der Vereinbarung nach den Vorschriften für Leasingverhältnisse denkt der Standardsetzer nicht (vgl. ASU 2015-05).

Trotz hilfreicher Orientierung an US GAAP weiter Unklarheiten zum Thema Softwarebilanzierung

Dieser Beurteilungsansatz hat auch aus HGB-Sicht einen gewissen Charme. Inhaltlich weist er eine Nähe zur Position des BFH auf, der das wirtschaftliche Eigentum an einem Wirtschaftsgut an der tatsächlichen Sachherrschaft des rechtlichen Nichteigentümers festmacht. Indem er mit der Möglichkeit zur Aneignung der Software zudem ein relativ einfaches Unterscheidungsmerkmal zwischen Erwerb und Dienstleistung einführt, vermeidet er komplexe Ermessensentscheidungen. Die prinzipiengeleiteten Rechnungslegungsvorschriften des HGB lassen allerdings durchaus Raum für andere Erwägungen. Auch mit Blick auf die wachsende Bedeutung cloud-basierter Softwarelösungen wird daher das letzte Wort zu dieser Thematik noch lange nicht geschrieben sein.


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