Einzahlungen in Kapitalrücklage als nachträgliche Anschaffungskosten
Praxis-Hinweis: Wofür das eingezahlte Geld durch die Gesellschaft verwendet wird, ist unerheblich
Die Entscheidung des BFH (Urteil v. 20.07.2018, IX R 5/15) stellt eine konsequente Fortführung der Rechtsprechung des BFH zur Änderung der Rechtslage nach dem Wegfall des Eigenkapitalersatzrechts dar. Der hierfür zentrale § 32a GmbHG a.F. wurde im Jahr 2008 durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts (MoMiG) gestrichen. Der BFH sah sich deshalb gezwungen, seine Rechtsprechung zu den steuerlichen Folgen der als „eigenkapitalersetzend“ einzustufenden Zahlungen eines Gesellschafters zu ändern. Zentral ist hierbei die Entscheidung des BFH vom 11.01.2017 (IX R 36/15).
Nach dieser neuen Rechtsprechung sind nur solche Zahlungen nachträgliche Anschaffungskosten auf eine Beteiligung, die nach handels- und steuerrechtlichen Grundsätzen eine offene oder verdeckte Einlage in das Kapital der Gesellschaft darstellen. Eine solche Zahlung hat der Kläger hier geleistet. Wofür das eingezahlte Geld durch die Gesellschaft verwendet wird, ist unerheblich, solange kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Dies war hier aber nicht der Fall, wie der BFH ausdrücklich entschied. Die Finanzverwaltung war hierzu anderer Ansicht, drang jedoch nicht durch. Allerdings steht zu befürchten, dass die Finanzverwaltung auch weiterhin einen Gestaltungsmissbrauch intensiv prüfen wird, wenn ein Gesellschafter Einzahlung in die Kapitalrücklage leistet und sodann zeitnah Verbindlichkeiten der Gesellschaft beglichen werden. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf dieses Urteil reagiert. Wünschenswert wäre eine Veröffentlichung im Bundessteuerblatt, da dies eine Anerkennung und Allgemeinverbindlichkeit für die Verwaltung zur Folge hätte.
Zahlung eines GmbH-Gesellschafters um Inanspruchnahme durch Bürgschaft abzuwenden
Kläger war ein GmbH-Gesellschafter, der eine Bürgschaft für Bankverbindlichkeiten der Gesellschaft übernommen hatte. Als eine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft drohte, leistete er wie weitere Gesellschafter eine Zahlung in die Kapitalrücklage der GmbH. Ein Teil der Einzahlung stammte aus der mit der Bank abgestimmten Veräußerung eines Grundstücks. Die GmbH verwendete das Geld planmäßig dazu, ihre Bankverbindlichkeiten zu tilgen. Die Bürgen wurden somit nicht in Anspruch genommen. Der Kläger und seine Mitgesellschafter veräußerten im Anschluss an die Zahlung ihre Geschäftsanteile für 0 EUR. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 machte der Gesellschafter einen Verlust aus der Veräußerung seines GmbH-Anteils geltend. Als Anschaffungskosten setzte er hierbei seinen Anteil am Stammkapital der GmbH und die Einzahlung in die Kapitalrücklage an. Das Finanzamt berücksichtigte demgegenüber lediglich den Verlust der eingezahlten Stammeinlage. Das Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg, auch das Finanzgericht wies die die Klage ab.
BFH gab dem Gesellschafter recht
Der BFH hingegen gab dem Gesellschafter recht und hob das Urteil des FG Düsseldorf auf. Er führte damit seine Rechtsprechung fort, die sich aufgrund der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts im Jahr 2008 ergibt. Diese Änderungen im GmbH-Recht haben auch zur Anerkennung nachträglicher Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG geführt. Nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung sind nach dieser Rechtsprechung Aufwendungen eines Gesellschafters, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Dies können auch freiwillige erbrachte Einzahlungen in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB sein. Eine solche Einzahlung hat der Kläger hier geleistet. Diese sind damit als nachträgliche Anschaffungskosten und damit im Rahmen der Berechnung seines Verlustes nach § 17 EStG zu berücksichtigen. Der Anerkennung steht auch nicht entgegen, dass mit den eingezahlten Mitteln Verbindlichkeiten der GmbH beglichen wurden.
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