Bericht zu den Aktivitäten der EU-Enforcementstellen 2017 veröffentlicht
Der Bericht der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) vom 3. April 2018 ( Enforcement and Regulatory Activities of Accounting Enforcers in 2017) enthält quantitative Daten zu durchgeführten Enforcements innerhalb von Europa in 2017.
Hierbei wird primär
- auf die Darstellung des Abschlusses sowie
- die Klassifikation eines Finanzinstruments als Eigenkapital- oder Fremdkapitalinstrument
eingegangen.
Es wurden rund 1.100 IFRS-Emittenten geprüft (Vorjahr: ca. 1.200). Dies entspricht ca. 19 % aller IFRS-Emittenten (Vorjahr: 21 %), deren Aktien in regulierten Märkten gehandelt werden. Diese Überprüfungen führten zu 328 Durchsetzungsmaßnahmen, bei denen wesentliche Abweichungen von den IFRS festgestellt wurden. Dies entspricht einer Steigerung von ca. 6 % zum Vorjahr (2016: 311). Betroffen waren 204 Abschlüsse aus der Grundgesamtheit (Vorjahr: 206).
Einheitliche Guideline von IASB erbeten
Bei der Darstellung von finanziellen Informationen ist der ESMA eine weite Bandbreite der Beschreibung der „operativen Gewinngröße“ (operating profits) aufgefallen. Neben gängigen Kennzahlen, wie EBIT oder „operating result“, wurden diverse andere Umschreibungen mangels genauer Leitlinien in IAS 1 genutzt (z. B. Operating results before other incomes and expenses; Operating profit before joint ventures, specific items and other separately disclosed items; Recurring operating activities; Underlying operating profit/ Adjusted operating profit). Hier adressiert ESMA die Bitte an das IASB eine einheitliche Guideline bzgl. Klarstellung zu implementieren.
Fehler bei Ausweis der außerordentlichen Ergebnisbeiträgen
Fehleranfällig ist trotz des expliziten Verbots in IAS 1.87 scheinbar weiterhin der Ausweis „außerordentlicher“ Ergebnisbeiträge unter anderem Label (z. B. non-recurring, exceptional, unusual oder infrequent). Ebenso verweist ESMA darauf, dass Aufwendungen aus Wertminderungen zum „operativen“ Geschäft gehören und selten als „non-recurring“ anzusehen sind.
Zur Segmentberichterstattung wurden auch diverse Fehlerquellen gesichtet, u. a. die Nichtangabe der sog. Entity-wide disclosures nach IFRS 8.32 ff. (ca. 24 % der Grundgesamtheit verfehlten die Anforderung) sowie die Angaben zu den wesentlichen Annahmen bei der Zusammenfassung von operativen Segmenten nach IFRS 8.22aa) (36 % verfehlten diese Anforderung).
35 Enforcement-Entscheidungen wegen Nichterfüllung von Guidelines und fehlenden Definitionen
Alleine 35 Enforcemententscheidungen wurden zur (Nicht-)Erfüllung der ESMA Guideline on Alternative Performance Measures (APM) getroffen:
- 15 % der geprüften Abschlüsse enthielten z. B. gar keine Definition der gewählten alternativen Kennzahl,
- 20 % legten keine Überleitung zur GuV vor und
- 10 % stellten ihre jeweilige alternative Kennzahl nach Ansicht des Enforcer prominenter dar als GuV-Ergebnisgrößen.
Die Klassifikation von Finanzinstrumenten als Eigenkapital oder Fremdkapital ist ebenfalls weiterhin ermessensbehaftet. Es wurden insgesamt 73 Fälle untersucht, wobei der Enforcer in sieben Fällen eine andere Einschätzung als das bilanzierende Unternehmen hatte. Ebenfalls legten weniger als 25 % der betroffenen Unternehmen wesentliche Annahmen zur Abgrenzung nach IAS 1.177 bzw. IAS 1.122 offen.
Ebenso finden sich Erläuterungen zu einer separaten Überprüfung (fact-finding exercise) im Zusammenhang mit Anhangangaben zu den Auswirkungen neuer Standards auf den IFRS-Konzernabschluss, speziell IFRS 15 und IFRS 9. Diese sind nach Ansicht der ESMA in vielen Fällen nicht unternehmensspezifisch, jedoch wurde nur in einem Fall (IFRS 9) eine Fehlerfeststellung getroffen.
Beachtlich ist die Auffassung von ESMA die Angabevorschriften gem. IFRS 15.C8 zur geänderten accounting policy (Anpassungsbeträge sowie Erläuterung der identifizierten wesentlichen Änderungen) in jedem Zwischenabschluss der Periode der Erstanwendung abzubilden. Diese „weite“ Interpretation einer Angabepflicht für interim periods ist weder aus IAS 34 selbst noch aus IFRS 15.C1-8 abzulesen (vgl. Freiberg, PiR 4/2018, S. 129).
Praxis-Hinweis: Eine Zusammenarbeit der nationalen Behörden auf europäischer Ebene ist notwendig
Die Zusammenarbeit der nationalen Durchsetzungs- bzw. Aufsichtsbehörden auf europäischer Ebene ist unstrittig notwendig, letztlich auch um allen EU-Unternehmen gleiche Rahmenbedingungen in Bezug auf die Durchsetzungsaktivitäten zu schaffen. Die Darstellung der überprüften Themen in der Rechnungslegung zeigt hierbei Problembereiche auf, die Unternehmen – sofern einschlägig – bei ihrer Berichterstattung zwingend berücksichtigen sollten.
Quelle: ESMA – Report on Enforcement Activities
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