Verlautbarung zur Bilanzierung von aktiven latenten Steuern auf Verlustvorträge nach IAS 12
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat am 15.7.2019 ein Public Statement „Considerations on recognition of deferred tax assets arising from the carry-forward of unused tax losses (ESMA32-63-743)” veröffentlicht. Die Verlautbarung geht auf die Ergebnisse und Diskussionen der European Enforcers Coordination Sessions (EECS) zurück.
Dauerthema im Enforcement
In den letzten Jahren haben die ESMA und die europäischen Enforcer mehrere Fälle im Zusammenhang mit der Anerkennung des Ansatzes von deferred tax assets (DTAs) diskutiert, die sich aus dem Vortrag nicht genutzter steuerlicher Verluste ergeben. Teils sind die Enforcer auf Situationen aufmerksam geworden, in denen Emittenten wesentliche DTAs angesetzt hatten, jedoch ohne ausreichende Belege für die Erwartungshaltung, dass in zukünftigen Perioden zu versteuerndes Einkommen verfügbar sein wird, gegen das die nicht genutzten steuerliche Verluste verwendet werden können.
In Anlehnung an die bereits in der Vergangenheit festgestellten Mängeln bei den Belegen (die ESMA verweist auf seinen im März 2016 veröffentlichten Tätigkeitsbericht – Activity Report on Enforcement and Regulatory Activities of Accounting), die zur Unterstützung der Anerkennung vorgelegt wurden, unterstreicht die ESMA die neuerlichen Bedenken (concerns).
Knackpunkt „convincing other evidence“
Die Verlautbarung befasst sich insbesondere mit zwei Aspekten, die im Rahmen des Enforcements häufig in Frage gestellt wurden:
- IAS 12.34: Die Wahrscheinlichkeit, dass zukünftig zu versteuernde Gewinne zur Verfügung stehen, gegen die noch nicht genutzte steuerliche Verluste und noch nicht genutzte Steuergutschriften verwendet werden können, beurteilt anhand der Kriterien in IAS 12.36; und
- IAS 12.35: „Überzeugende substanzielle Hinweise“ (convincing other evidence), dass ein ausreichender zu versteuernder Gewinn zur Verfügung stehen wird, gegen den die nicht genutzten steuerlichen Verluste oder Steuergutschriften vom Emittenten verwendet werden können, wenn der Emittent in der näheren Vergangenheit eine Verlusthistorie aufgewiesen hat.
Zum ersten Punkt weist die ESMA daraufhin, dass bei der Beurteilung, ob es wahrscheinlich ist, dass zukünftige steuerpflichtige Gewinne verfügbar sein werden, alle verfügbaren Nachweise, sowohl negative als auch positive, zu berücksichtigen sind. Zwar enthält sich IAS 12 einer Definition der Wahrscheinlichkeitsschwelle, die ESMA wendet hierbei aber das bekannte „more likely than not“-Kriterium an. Daher sollten Emittenten feststellen, ob ausreichende positive Beweise die vorhandenen negativen Beweise überwiegen und damit die 50-%-Schwelle überschritten wird.
In Bezug auf den zweiten Punkt erwartet die ESMA, dass überzeugende andere Beweise objektiv nachprüfbar sein sollten, um die Anerkennung von DTAs zu unterstützen. So ist beispielsweise eine Verlusthistorie ein nachprüfbarer objektiver negativer Hinweis auf die Verfügbarkeit ausreichender zukünftiger steuerpflichtiger Gewinne. In diesem Zusammenhang ist die ESMA auch der Ansicht, je negativer die vorhandenen (aktuellen) Belege, desto weniger sollte auf die Prognosen künftiger steuerpflichtiger Erträge zurückgegriffen werden.
Ebenso sollten die Anhangangaben (disclosures) im Zusammenhang mit DTAs unternehmensspezifisch sein und nicht nur eine „Kopie“ der Anforderungen von IAS 12 (boiler plate).
Praxis-Tipp: Verlautbarung bei der Bilanzierung aktiver latenter Steuern berücksichtigen
Die ESMA und die nationalen Enforcer werden die Anwendung der in IAS 12 festgelegten Anforderungen weiterhin überwachen. Die in dieser öffentlichen Verlautbarung hervorgehobenen Themen werden durch die nationalen Enforcer besonders berücksichtigt. Emittenten, Wirtschaftsprüfer und Prüfungsausschüsse sollten die Verlautbarung bei der Bilanzierung aktiver latenter Steuern nach IFRS daher dringend berücksichtigen.
Quelle: ESMA sets out expectations regarding application of IAS 12
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