IASB legt finale Version von IFRS 9 vor
Mit der Veröffentlichung hat der International Accounting Standards Board (IASB) sein Projekt zur Überarbeitung der derzeitigen Regelungen zu Finanzinstrumenten in IAS 39 komplettiert. Damit wurden erstmalig alle einzelnen Phasen des Gesamtprojekts in einem Standard zusammengefasst. Die neu aufgenommen Abschnitte umfassen Wertminderungsregelungen in Bezug auf Finanzinstrumente (Impairment) und angepasste Regelungen zu Bewertungskategorien für finanzielle Vermögenswerte (Classification and Measurement). Weiterhin enthält der neue IFRS 9 Leitlinien zur Klassifikation von finanziellen Vermögenswerten. Speziell die Kriterien „Geschäftsmodellbedingung“ sowie „Zahlungsstrombedingung“ sollen hierdurch besser, d.h. weniger ermessensbehaftet beurteilt werden.
Die Neuerungen im Überblick
Impairment: Die Wertminderungsregeln erfahren eine grundlegende Änderung. Die Abkehr vom incurred-loss Modell hin zum „Modell der erwarteten Ausfälle“ (expected-loss Modell) wurde vollzogen. Durften bisher (IAS 39) Verluste erst dann erfasst werden, wenn diese tatsächlich eingetreten waren (incurred), ist nach dem neuen Konzept ein zweistufiges Vorgehen geboten. Mit einer Ausnahme für finanzielle Vermögenswerte, die bereits eine Wertminderung bei Zugang aufweisen, sind erwartete Ausfälle (Verluste) wie folgt zu erfassen:
- Erstansatz mit dem Betrag, der die 12-Monats-Verlusterwartungen wiederspiegelt/ beinhaltet. Der erwartete 12-Monatsverlust entspricht dem Barwert der erwarteten Zahlungsausfälle, die aus möglichen Verlustereignissen innerhalb der nächsten 12 Monate nach dem Abschlussstichtag resultieren; oder
- Erfassung mit einem Betrag, der den erwarteten Verlusten über die gesamte Restlaufzeit des Instruments entspricht, wenn eine signifikante Verschlechterung des Kreditrisikos eingetreten ist. Dies entspricht dem Barwert der erwarteten Zahlungsausfälle infolge aller möglichen Verlustereignisse über die gesamte Restlaufzeit.
Classification and Measurement: Es wurde in das bereits bestehende Regelwerk eine (zusätzliche) neue Kategorie für bestimmte finanzielle Vermögenswerte aufgenommen. Neben den beiden Kategorien „fortgeführte Anschaffungskosten“ und „fair value (GuV)“ können bestimmte Fremdkapitalinstrumente nun einer ergebnisneutralen fair value-Bewertung (fair value through OCI) unterworfen werden. Hinsichtlich der Kategorisierung bestehen folgende Bedingungen:
- Erfüllung des Zahlungsstrom-Kriteriums: Analog der Kategorie „fortgeführte Anschaffungskosten“ dürfen die vertraglichen Bedingungen des finanziellen Vermögenswerts zu zeitlich festgelegten Zeitpunkten nur Zahlungen vorsehen, die ausschließlich Zins- und Tilgungsleistungen auf den Nominalbetrag darstellen.
- Erfüllung des Geschäftsmodell-Kriteriums: Die Zielsetzung des zugrundeliegenden Geschäftsmodells in Bezug auf die zu kategorisierenden finanziellen Vermögenswerte besteht sowohl im Halten als auch im Verkauf der Finanzinstrumente.
Änderung des Erstanwendungsdatum
Ebenso wurde das Erstanwendungsdatum (wieder) geändert. In dem finalen IFRS 9 ist eine Anwendung auf Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnen vorgesehen. Der Anwendung auf EU-Ebene ist indes eine Übernahme in EU-Recht vorgeschaltet (endorsement). Am 24. Juli 2014 enthielt die Übersicht der Europäischen Beratungsgruppe zur Rechnungslegung (EFRAG) weiterhin das (gewohnte) Bild einer „verzögerten“ (postponed) Übernahme ohne spezifiziertes Datum. Entsprechend ist auch die in der neuen Version von IFRS 9 gewährte Möglichkeit vorherige Versionen von IFRS 9 vorzeitig anzuwenden (sofern deren Datum der erstmaligen Anwendung vor dem 1. Februar 2015 liegt) nicht von Relevanz für den EU-Raum. Grundsätzlich ist eine retrospektive Anwendung vorgesehen. Jedoch gibt es Ausnahmen in Bezug auf die Hedge-Accounting Regelungen sowie für die Darstellung. So müssen frühere Perioden bzgl. Klassifizierung und Bewertung (einschließlich Wertminderung) nicht neu dargestellt werden.
Praxistipp
Das IASB hat ein weiteres Großprojekt abgeschlossen. Die Regelungen zu Finanzinstrumenten waren seit jeher als zu kompliziert eingestuft worden. Es bleibt abzuwarten, ob die EU nun endlich den endorsement-Prozess anstoßen wird. Hinsichtlich der angepassten Vorgaben zur Wertminderung ist fraglich, ob die Erfassung von „erwarteten“ Verlusten nicht einer pauschalen Erfassung von Verlusten gleichzustellen ist, die sich jedoch nicht am tatsächlichen wirtschaftlichen Verlauf wiederspiegeln lässt.
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