IASB veröffentlicht Änderungen an IFRS 17 und IFRS 4
IFRS 17 „Versicherungsverträge“ wurde nach jahrelanger Entwicklungszeit im Mai 2017 veröffentlicht. Im Anschluss an die Veröffentlichung wurden jedoch von Anwendern und der kommentierenden Öffentlichkeit Bedenken hinsichtlich bestimmter Anforderungen von IFRS 17 geäußert. Resultat waren Anpassungsvorschläge, die der IASB am 25.6.2020 mit den „Amendments to IFRS 17“ veröffentlicht hat.
Verschiebung von IFRS 17 auf 2023
Hierdurch wurde v.a. der Erstanwendungszeitpunkt von IFRS 17 auf Geschäftsjahre verschoben, die ab dem 1.1.2023 beginnen. Die aktuellen Änderungen an IFRS 17 beinhalten zudem zahlreiche weitere Anpassungen, u.a.:
- Bei Abschluss von Versicherungsverträgen gezahlte Akquiseprämien, d.h. im Voraus gezahlten Vertriebsprovisionen zu erwarteten Vertragserneuerungen/-verlängerungen, sind anteilig etwaigen künftig erwarteten Versicherungsverträgen zuzurechnen. Es erfolgt – analog zu den Vorgaben des IFRS 15 – ein Ansatz als eigenständiger Vermögenswert, der einem jährlichen Wertminderungstest zu unterziehen ist.
- Verpflichtende Ausnahme bestimmter Kreditkarten- und ähnlicher Verträge, die Versicherungskomponenten beinhalten, aus dem Anwendungsbereich des IFRS 17. Für bestimmte Darlehensverträge, die die Definition eines Versicherungsvertrags nach IFRS 17 erfüllen, darf wahlrechtsweise – unter bestimmten Voraussetzungen – auch IFRS 9 angewendet werden.
- Sofortige erfolgswirksame Berücksichtigung von Gewinnen aus passiver Rückversicherung, wenn die von der Rückversicherung abgedeckte Gruppe von Erstversicherungsverträgen als belastend („onerous underlying insurance contracts“) einzustufen ist.
- Umfassen Versicherungsverträge neben den Versicherungs- auch Kapitalanlage- bzw. Investment-Services, ist die Servicemarge (contractual service margin) unter bestimmten Voraussetzungen auf beide Service-Teile aufzuteilen.
- Anerkennung von passiven Rückversicherungsverträgen und Derivaten als Risikominderungsinstrumente bei Anwendung der sogenannten „Risk Mitigation Exemption“.
- Einführung eines Wahlrechts, ob Annahmen, die für Zwischenperioden getroffen wurden, in den nachfolgenden Berichtsperioden beibehalten oder zurückgenommen werden.
- Keine Änderung bei der Bildung von Jahreskohorten, d.h. weiterhin Verpflichtung Versicherungsverträge nach IFRS 17 in Jahreskohorten zu gruppieren.
Korrespondierende Änderung an IFRS 4
Da für IFRS 17 auf europäischer Ebene noch eine Übernahme durch die Europäische Kommission aussteht, bedurfte es einer weiteren Änderung an IFRS 4. IFRS 4 sieht in der aktuell von der Europäischen Kommission anerkannten und damit rechtsverbindlichen Fassung nämlich noch eine Erstanwendung des IFRS 9 durch bestimmte Versicherungsunternehmen für Geschäftsjahre, die ab dem 1.1.2021 beginnen, vor.
Die ebenfalls am 25.6.2020 veröffentlichten Änderungen an IFRS 4 „Applying IFRS 9 Financial Instruments with IFRS 4 Insurance Contracts“ sehen eine – analoge – Verlängerung des Zeitraums für die vorübergehende Befreiung bestimmter Versicherungsunternehmen von der Anwendung des IFRS 9 (temporary exemption from IFRS 9) vor. Für betroffene Versicherungsunternehmen wird die Anwendung von IAS 39 für Geschäftsjahre, die vor dem 1.1.2023 beginnen, zulässig bleiben. Eine Übernahme in EU-Recht wird nach aktuellem Endorsement-Status Report der EFRAG (Stand: 6.7 2020) noch in Q4/2020 erwartet.
Praxistipp: Umstellung auf IFRS 17 bedeutet erhebliche Herausforderung
Die Umstellung auf IFRS 17 birgt erhebliche Herausforderungen für betroffene insurance companies. Das IASB hat bereits vor der Erstanwendung in der EU Unklarheiten im Zusammenhang mit der Umsetzung von IFRS 17 nachgebessert. Für Versicherungsunternehmen mit Sitz in der EU, die IFRS 9 infolge der vorübergehenden Befreiung noch nicht anwenden, wird das Endorsement der Änderungen an IFRS 4 noch im Jahr 2020 mit Spannung erwartet werden.
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