Coronavirus und die Auswirkungen auf die Jahresabschlussprüfung
Zugangsbeschränkungen für den Jahresabschlussprüfer aufgrund der Corona-Pandemie
Der Abschlussprüfer hat Art und Umfang der im Einzelfall erforderlichen Prüfungshandlungen im Rahmen seiner Eigenverantwortlichkeit nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Berücksichtigung berufsständischer Anforderungen sowie gesetzlicher Vorschriften zu bestimmen. Nach diesen gibt es keine Vorgaben zum Ort, an dem die Prüfungshandlungen durchzuführen sind. Daher können prüfungspflichtige Unternehmen dem Abschlussprüfer den Zugang zu den eigenen Räumlichkeiten mit dem Hinweis auf die Corona-Pandemie verwehren, da grundsätzlich auch durch Fernprüfungshandlungen Prüfungsnachweise erlangt werden. Das IDW führt in dem Fachlichen Hinweis „ Zweifelsfragen zu den Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung und deren Prüfung (Teil 3 4. Update)“ (FH Corona Teil 3) v. 26.02.2021 auf S. 34 dazu aus:
Unter Ausnutzung der heutigen technischen Möglichkeiten kommen neben vor Ort-Prüfungen grundsätzlich auch Fernprüfungen z.B. in Form von Videokonferenzen, Rundgänge mit Bildübertragung über ein Smartphone oder Tablet, Einsichtnahme in eingescannte oder fotografierte Unterlagen oder Bildschirme, ggf. ergänzt um Kurzbesuch mit entsprechendem Sicherheitsabstand, Nutzung des Postweges sowie „remote“-Zugänge zum Austausch von Unterlagen in Betracht. In Abhängigkeit vom Einzelfall hat der Abschlussprüfer zu beurteilen, ob er auf diesem Wege ausreichende geeignete Prüfungsnachweise erlangen kann.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass es einige Sachverhalte gibt, die ein Abschlussprüfer nach den Prüfungsstandards vor Ort prüfen sollte. So gilt etwa für Vorräte, die von wesentlicher Bedeutung für die Darstellung des Unternehmens sind, dass eine körperliche Bestandsaufnahme zu beobachten ist, um auf diesem Wege ausreichende geeignete Prüfungsnachweise insb. über das Vorhandensein, die Vollständigkeit und die Beschaffenheit der Vorräte zu erlangen. Dabei hat sich der Abschlussprüfer von der ordnungsgemäßen Handhabung der Inventurverfahren zu überzeugen (vgl. IDW PS 301, Tz. 7). Allerdings können bei Unmöglichkeit auch durch alternative Prüfungshandlungen ausreichende geeignete Prüfungsnachweise erlangt werden (vgl. IDW PS 301, Tz. 21). So könnte etwa mittels Echtzeit-Bildübertragungen über ein Smartphone oder einen Tablet-PC oder sogar durch Drohnen das Vorhandensein von Vorräten oder der Fertigstellungsgrad von Sachanlageinvestitionen beurteilt werden – eine Übersicht über Möglichkeiten zur Durchführung von Fernprüfungshandlungen bietet das IDW im FH Corona Teil 3 4. Update, S. 68–70. Dabei ist allerdings immer das erhöhte Risiko durch den Abschlussprüfer zu berücksichtigen und ggf. durch geeignete Vorgaben zu minimieren.
Generell ist der Abschlussprüfer nach IDW PS 300 verpflichtet, Informationen, die das Unternehmen erstellt hat, daraufhin zu beurteilen, ob die Informationen für seine Ziele ausreichend verlässlich sind. Dabei gelten Originaldokumente grundsätzlich als verlässlicher als Kopien oder eingescannte Unterlagen. Dazu stellt das IDW klar ( FH Corona Teil 3 4. Update, S. 41):
Auswertungen aus dem IT-System des Mandanten (z.B. Summen- und Saldenlisten), die der Abschlussprüfer mangels der Möglichkeit des Fernzugriffs („Remote“-Zugriffs) auf die Systeme des Mandanten derzeit nicht eigenhändig erzeugen kann, stellen nur dann verlässliche Prüfungsnachweise dar, wenn diese mit Reports abgerufen wurden, die vom Abschlussprüfer mittels aussagebezogener Prüfungshandlungen oder durch die Prüfung von generellen IT-Kontrollen auf Vollständigkeit und Richtigkeit geprüft wurden und bei denen die Parametereinstellungen des IT-Systems klar erkennbar sind bzw. die Parametereinstellungen anderweitig in geeigneter Form nachvollzogen werden können. Es kann sich je nach Konstellation empfehlen, einen Screenshot des technischen Namens des Reports sowie der jeweiligen Abfrage mitanzufordern.
Bei dem Fernzugriff sind die Belange des Datenschutzes zu bedenken. So kann im Fall der Einholung von Saldenbestätigungen in einer unverschlüsselten E-Mail ein konkreter (Forderungs- bzw. Verbindlichkeiten-)Saldo des Mandanten bspw. in Euro gegenüber dem Dritten enthalten sein. Hierfür wäre aber die Zustimmung des Außenstehenden notwendig. Somit sollte entweder sichergestellt werden, dass eine Einwilligung zur Datenweitergabe via IT-Verfahren an den Abschlussprüfer von den Dritten vorliegt oder dass die Dokumente keine konkreten Daten enthalten (offene Bestätigungsanfragen; vgl. IDW PS 302 n.F., Tz. 6), so dass eine Verletzung von Datenschutzregeln ausgeschlossen werden kann ( IDW im FH Corona Teil 3 4. Update, S. 42).
Besondere Herausforderungen stellt die Fernprüfung von Systemen und ausgelagerten Dienstleistungen, wie dem Internen Kontrollsystem oder dem Risikomanagementsystem, dar, aber auch die Prüfung von ausgelagerten Dienstleistungen im Rahmen des Rechnungslegungsprozesses. In diesem Fall sind dem Abschlussprüfer Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die ihm ein Verständnis darüber erlauben, ob und wie das Unternehmen ausgelagerte Dienstleistungen in Anspruch nimmt und inwieweit das für die Abschlussprüfung relevante interne Kontrollsystem (IKS) des Unternehmens hiervon berührt wird. Das Verständnis von Art und Bedeutsamkeit der durch das Dienstleistungsunternehmen erbrachten Leistungen und von deren Auswirkungen auf die für die Abschlussprüfung relevanten internen Kontrollen des auslagernden Unternehmens muss ausreichen, um als Grundlage für die Identifizierung und Beurteilung der Risiken wesentlicher falscher Darstellungen zu dienen. Als Beispiele können Benutzer-Handbücher, Systemübersichten, fachliche Handbücher, Vertrag oder Vereinbarung über den Dienstleistungsumfang zwischen der auslagernden Einheit und dem Dienstleister sowie Berichte von Dienstleistern, der Internen Revision oder Aufsichtsbehörden über Kontrollen beim Dienstleister dienen. Wenn die durch den Mandanten bereitgestellten Informationen für dieses Verständnis nicht ausreichen, muss der Abschlussprüfer weitere Prüfungshandlungen in Bezug auf das Dienstleistungsunternehmen durchführen (vgl. IDW PS 331 n.F., Tz. 14).
Zudem besteht keine gesetzliche Notwendigkeit, dass der Abschlussprüfer an der Bilanzsitzung des Aufsichtsrats oder Prüfungsausschusses körperliche anwesend sein muss. Selbst wenn alle Aufsichtsratsmitglieder körperlich anwesend sind, muss der Abschlussprüfer nicht ebenfalls körperlich anwesend sein, sondern kann für die Erörterungen per Telefon- oder Videokonferenz zugeschaltet werden.
Beurteilung der Prämisse der Unternehmensfortführung (going-concern)
Die Rechnungslegung nach HGB hat zu erfolgen unter der Prämisse der Fortführung des Unternehmens (going concern). Diese Einschätzung kann aktuell teilweise aber nur schwer getroffen werden. Die Modifizierung des Bestätigungsvermerks aufgrund eines Prüfungshemmnisses kommt dennoch nur in Betracht, wenn der Abschlussprüfer nicht in der Lage ist, ausreichende geeignete Prüfungsnachweise zu den Rechnungslegungsinformationen des geprüften Unternehmens zu erlangen. Die den zukunftsbezogenen Sachverhalten im Abschluss sowie prognostischen Angaben im Lagebericht aufgrund der dynamischen Entwicklung der Coronavirus-Pandemie innenwohnenden erheblichen Unsicherheiten allein begründen jedoch nicht das Vorliegen eines Prüfungshemmnisses. Letztlich ist die Einschätzung von den gesetzlichen Vertretern des Unternehmens zu treffen und der Abschlussprüfer hat diese lediglich zu prüfen. Daher müssen die Annahmen der gesetzlichen Vertreter ausreichend begründet sein. Bei der Prüfung wird dabei gewürdigt,
- ob die getroffenen Annahmen auf aktuellen Informationen aufsetzen,
- ob sie konsistent sind und
- ob das tatsächliche Handeln der gesetzlichen Vertreter nicht im Widerspruch zu den getroffenen Annahmen steht; das IDW sieht etwa die tatsächliche Beantragung oder Vorbereitung der Beantragung von in einer Liquiditätsprognose berücksichtigten staatlichen Liquiditätshilfen als ggf. konfligierend mit der Unternehmensfortführungsprämisse an.
Beabsichtigen die gesetzlichen Vertreter nämlich die Inanspruchnahme von staatlichen Stützungsmaßnahmen, handelt es sich um Gegenmaßnahmen, die die gesetzlichen Vertreter bei ihrer Einschätzung der Fähigkeit zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit zu berücksichtigen haben. Sofern die konkreten Hilfen dem Unternehmen noch nicht verbindlich zugesagt wurden, hat sich die Einschätzung der gesetzlichen Vertreter auch auf die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen zu beziehen. Dies hat der Abschlussprüfer auch zu würdigen.
Auch wenn für das Kalenderjahr 2021 aufgrund der durch die Corona-Pandemie bedingten Unsicherheiten bei der Überschuldungsprüfung ein Prognosezeitraum von nur vier Monaten zugrunde zu legen ist, soweit die (potentielle) Überschuldung auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist (§ 4 COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz), bleibt es für die handelsrechtliche Einschätzung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit weiterhin bei dem Mindestzeitraum von zwölf Monaten ab dem Abschlussstichtag (vgl. IDW PS 270 n.F., Tz. 18).
Haben die gesetzlichen Vertreter Sanierungsmaßnahmen ergriffen, so fließen diese in deren Einschätzung über die Aufrechterhaltung der Going-Concern-Annahme ein, die der Abschlussprüfer zu beurteilen hat (IDW PS 270 n.F., Tz. 21 b). Sind die Sanierungsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Erteilung des Bestätigungsvermerks noch nicht eingeleitet, aber geplant, und ist deren Realisierung unsicher, ist dies ein Indiz für das Vorliegen eines bestandsgefährdenden Risikos. Die Going-Concern-Annahme ist jedoch erst aufzugeben, wenn die Unternehmenstätigkeit bereits eingestellt worden ist oder keine realistische Alternative hierzu besteht (FH Corona Teil 3 4. Update, S. 55f.)
Allerdings stellt das IDW auch klar ( FH Corona Teil 3 4. Update, S. 49):
Die Stützungsmaßnahmen der öffentlichen Hand dienen im Wesentlichen der Bewältigung der akuten Liquiditätskrise. Die Berechtigung zur Inanspruchnahme dieser Stützungsmaßnahmen kann ausschlaggebend dafür sein, dass die gesetzlichen Vertreter von der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit über den Prognosezeitraum ausgehen (zum angemessenen Prognosezeitraum vgl. die Fragen 3.4.10. und 3.4.11.). Gegen die Fähigkeit zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit könnte demgegenüber bspw. sprechen, wenn das Geschäftsmodell des Unternehmens durch die Folgen der Corona-Pandemie auch nach Bewältigung der akuten Liquiditätskrise voraussichtlich nicht mehr tragfähig ist und das Unternehmen sein Geschäftsmodell nicht dementsprechend anpasst bzw. anzupassen plant.
Zu beachten ist aber, dass, auch wenn das Management von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausgeht und der Abschlussprüfer dies mitträgt, oftmals aufgrund der derzeit großen Bandbreite der Prognosen zur weiteren Entwicklung wesentliche Unsicherheiten bestehen bleiben. Dies macht eine angemessene Information der Abschlussadressaten über das bestandsgefährdende Risiko im Jahresabschluss und im Lagebericht erforderlich. Außerdem hat der Abschlussprüfer in den Bestätigungsvermerk dann auch einen entsprechenden Hinweis im gesonderter Abschnitt mit der Überschrift „Wesentliche Unsicherheit im Zusammenhang mit der Fortführung der Unternehmenstätigkeit“ aufzunehmen; vgl. § 322 Abs. 2 Satz 3 und 4 HGB sowie IDW PS 270 n.F., Tz. 29.
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Berichterstattung über entwicklungsbeeinträchtigende Tatsachen und bestandsgefährdende Risiken
Das IDW hat eine Einteilung von Unternehmen nach dem Grad der Pandemiebetroffenheit vorgeschlagen, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie als entwicklungsbeeinträchtigende Tatsachen oder bestandsgefährdende Risiken abzugrenzen. Hintergrund ist die aus § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB abzuleitende Pflicht des Abschlussprüfers, über die bei Durchführung der Abschlussprüfung festgestellten Tatsachen zu berichten, welche die Entwicklung des geprüften Unternehmens wesentlich beeinträchtigen oder seinen Bestand gefährden können. Ein bestandsgefährdendes Risiko liegt vor, wenn eine Unsicherheit in Bezug auf die Fähigkeit zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit besteht, deren Eintritt zwar nicht so wahrscheinlich ist, dass eine Abkehr von der Fortführungsannahme zu erfolgen hat, aufgrund der möglichen Auswirkungen und der nicht nur latenten Eintrittswahrscheinlichkeit jedoch eine angemessene Information der Abschlussadressaten erforderlich ist (vgl. IDW PS 270 n.F., Tz. 23). Entwicklungsbeeinträchtigende Tatsachen sind noch eine Stufe geringer; sie werden bestandsgefährdenden Risiken regelmäßig vorausgehen. Auch bei diesen muss es sich jedoch um Tatsachen handeln, die mehr als eine nur angespannte wirtschaftliche Lage des Unternehmens verursachen.
Das IDW klassifiziert Unternehmen nach dem Grad der Pandemiebetroffenheit ( FH Corona Teil 3 4. Update, S. 57f. und S. 71):
- Unternehmen nicht von der Krise betroffen – keine Berichterstattung notwendig.
- Unternehmen ist positiv von der Krise betroffen – keine Berichterstattung notwendig.
- Unternehmen ist negativ von der Krise betroffen, wird dies aber nach der Krise vollständig kompensieren – Berichterstattung pandemiebedingte entwicklungsbeeinträchtigende Tatsachen nur unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls selten notwendig.
- Unternehmen ist negativ von der Krise betroffen und wird dies nach der Krise nicht vollständig kompensieren – Berichterstattung der entwicklungsbeeinträchtigenden Tatsache wahrscheinlich notwendig.
- Unternehmen ist negativ von der Krise betroffen; ohne ein neues Geschäftsmodell ist es auch nach der Krise voraussichtlich nicht überlebensfähig – Berichterstattung mindestens einer entwicklungsbeeinträchtigenden Tatsache sowie ggf. bereits einer pandemiebedingten Bestandsgefährdung. Wenn ein solches Unternehmen, trotz möglicherweise realistischer Durchfinanzierung über die nächsten zwölf Monate, sein Geschäftsmodell nicht anpasst bzw. anzupassen plant, kann u.U. die Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit nicht mehr aufrechterhalten werden.
Während entwicklungsbeeinträchtigende Tatsachen i.d.R. Bestandteil des Risikoberichts nach den §§ 289 Abs. 1 Satz 4, 315 Abs. 1 Satz 4 HGB im (Konzern-)Lagebericht sind, müssen bestandsgefährdende Risiken darüber hinaus auch im (Konzern-)Abschluss und im Bestätigungsvermerk berichtet werden.
Davon unabhängig kann nach IDW PS 406, Tz. 10 ein Hinweis zur Hervorhebung eines Sachverhalts in den Bestätigungsvermerk aufgenommen werden. Dies ist notwendig, wenn der Abschlussprüfer es für notwendig erachtet, die Adressaten auf einen im Abschluss, im Lagebericht oder in einem sonstigen Prüfungsgegenstand dargestellten oder angegebenen Sachverhalt aufmerksam zu machen, der nach seiner Beurteilung von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des betroffenen Prüfungsgegenstands durch die Adressaten ist. Hinweise zur Hervorhebung eines Sachverhalts sollten jedoch nur in engen Grenzen eingesetzt werden und auch international wird etwa die bestehende große Unsicherheit im Kontext der Corona-Pandemie gerade als genereller Grund hierfür angesehen. Vielmehr werden als exemplarische Beispiele gegeben ( FH Corona Teil 3 4. Update, S. 63f.):
- Die Einschätzung und Begründung der gesetzlichen Vertreter, dass das Unternehmen trotz der massiven Umsatz- und Ertragseinbrüche nicht in seinem Bestand gefährdet ist, ist nach der Beurteilung des Abschlussprüfers von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des Jahresabschlusses und des Lageberichts durch die Adressaten.
- Bei einem Immobilienunternehmen sind die Einnahmen aus den Immobilien stark zurückgegangen. Ein externer Sachverständiger hat daher einen Hinweis auf eine wesentliche Bewertungsunsicherheit bei den im Anlagevermögen bilanzierten Gewerbeimmobilien in sein Gutachten aufgenommen. Die gesetzlichen Vertreter haben diese Bewertungsunsicherheit im Anhang und im Risikobericht als Teil des Lageberichts angemessen dargestellt. Der Abschlussprüfer konnte unbeschadet dieser Unsicherheit ausreichende geeignete Prüfungsnachweise über die Bewertung der Immobilien erlangen. Weil die Gewerbeimmobilien einen sehr großen Anteil der Vermögensgegenstände des zu prüfenden Unternehmens ausmachen und seiner Beurteilung nach die Bewertungsunsicherheit von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der Vermögens- und Ertragslage durch die Adressaten ist, erachtet er es für notwendig, die Adressaten des Abschlusses darauf aufmerksam zu machen.
Weitere Besonderheiten Jahresabschlussprüfung während der aktuellen Corona-Pandemie
- Geändertes Verhalten der Abschlussprüfer: Nach der Einschätzung des IDW bestehen aufgrund der Corona-Pandemie neben den neu auftretenden Risiken auch sowohl erhöhte Risiken von wesentlichen unbeabsichtigten falschen Darstellungen (Unrichtigkeiten) als auch von beabsichtigten falschen Darstellungen (Verstößen), was der Abschlussprüfer im Rahmen seiner Risikobeurteilung zu würdigen hat ( FH Corona Teil 3 4. Update, S. 31).
- Festlegung der Wesentlichkeit: Die Toleranzschwellen für die Beanstandungen bei Abschlussprüfungen dürften angepasst werden. Einerseits sind häufig alleine die numerischen Ausgangswerte (z.B. Eigenkapital, Umsatzerlöse) verändert, andererseits bedürfen die oben dargestellten erhöhten Risiken und Unsicherheiten auch eine Verringerung der Toleranzschwelle, um die Prüfungssicherheit insgesamt gewährleisten zu können. Der Abschlussprüfer kann aufgrund der Corona-Pandemie zudem zusätzlich die Wesentlichkeiten für einzelne Arten von Geschäftsvorfällen, Kontensalden oder Abschluss- bzw. Lageberichtsangaben neu festlegen. Dies wird dann notwendig, wenn falsche Angaben von Beträgen auch unterhalb der Wesentlichkeit für den Abschluss als Ganzes den Adressaten eine unrichtige Grundlage für seine wirtschaftlichen Entscheidungen bieten (vgl. IDW PS 250 n.F., Tz. 16).
- Keine Möglichkeit zur Einbindung von Mitarbeitern des Mandanten für den Abschlussprüfer: Die Beauftragung von Personal des zu prüfenden Unternehmens, wie etwa Arbeitnehmer der Internen Revision, durch den Abschlussprüfer würde eine nicht zulässige Integration von Arbeitnehmern des zu prüfenden Unternehmens – und damit auch von Personal der Internen Revision – bedeuten, was nach § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 HGB untersagt ist.
- Beachtung des Datenschutzes: Fernprüfungen bedingen auch stets die Übermittlung von Informationen von dem Unternehmen an den Prüfer. Nicht nur in diesem Zusammenhang sind die Anforderungen des Datenschutzes und die Sicherheit der Übermittlung sicherzustellen.
- Beachtung interner Kontrollprozesse: Das IDW weist darauf hin, dass durch die in vielen Unternehmen notwendigerweise eingeführte oder ausgeweitete Heimarbeit auch das Kontrollrisiko in Bezug auf prüfungsrelevante Kontrollen neu zu beurteilen ist (vgl. IDW PS 261 n.F., Tz. 77). Als Beispiele dafür werden genannt: Das Kontrolldesign wird ggf. verändert (z.B. Verringerung der Häufigkeit der Kontrolldurchführung), das Kontrolldesign wird nicht angepasst, obwohl sich relevante Prozesse durch die „Heimarbeit“ diverser Mitarbeiter faktisch geändert haben (z.B. Änderung der Person des Kontrolldurchführenden bei manuellen Kontrollen). Veränderung von Zugriffsrechten, so dass die Beurteilung, ob der Schutz vor unberechtigter Änderung rechnungslegungsrelevanter Daten durch angemessene und wirksame Kontrollen weiterhin gegeben ist, erneuert werden muss. Oder es werden kurzfristig neue Technologien eingeführt, wie z.B. Online-Handelsplattformen oder ein bargeldloses Bezahlsystem, deren Einbindung in das Kontrolldesign noch nicht ausgereift ist.
- Dokumentation durch den Prüfer: Nach IDW PS 460 n.F. ist generell die Vorgehensweise zur Erlangung von Prüfungsnachweisen aufzuzeichnen bezüglich Art, Umfang und Ergebnis der Prüfungshandlungen. In diesem Zusammenhang bietet es sich an zu erläutern, dass eine Abweichung vom bisherigen Prüfungsvorgehen und/oder der Wechsel zu alternativen Prüfungshandlungen vorgenommen wurde und aus welchen Gründen dies erfolgte.
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