Ansparabschreibung nachträglich beantragt: Änderung der Steuerfestsetzung
Sachverhalt: Einnahmen-Überschussrechner löste Ansparabschreibung nicht auf
Der Kläger und Revisionsbeklagte war Arzt, der gemäß § 4 Abs. 3 EStG seine Einkünfte als Überschuss der Einnahmen über die Betriebsausgaben ermittelte. In der Gewinnermittlung 2004 hatte er einen Betrag von EUR 25.500 als Zuführung zur Ansparabschreibung als Betriebsausgabe erfasst. Diese Ansparabschreibung löste er entgegen den gesetzlichen Bestimmungen jedoch in den Folgejahren nicht auf, was das Finanzamt aber erst im Rahmen der Bearbeitung der Steuerveranlagung 2008 bemerkte.
Das Finanzamt änderte hierauf die bestandskräftige Steuerfestsetzung des Jahres 2006 unter Hinweis darauf, dass eine neue Tatsache gegeben sei, die die Änderung ermöglichen würde. Es löste die Ansparabschreibung auf und erhöhte dementsprechend den Gewinn des Jahres 2006. Der Kläger legte hierauf Einspruch und anschließend Klage ein. Das Finanzgericht gab ihm hierauf Recht, da es die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht als gegeben ansah. Das Finanzamt erhob gegen das Urteil die Revision zum BFH.
Entscheidung: Steuerbescheid darf nicht geändert werden
Der BFH wies die Revision des Finanzamts zurück, bestätigte also die Entscheidung des Finanzgerichts. Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sei ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, sofern Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Allerdings seien diese Voraussetzungen hier nicht gegeben. Die Nichtanschaffung sei jedoch keine Tatsache,
Das Gesetz knüpfe ausdrücklich und ausschließlich an das Fortbestehen der Rücklage am Ende der Investitionsfrist an und stelle nicht
- auf die – negative Tatsache der – "Nichtanschaffung" des Wirtschaftsgutes oder
- andere tatsächliche Umstände ab.
Dementsprechend sei die Ansparabschreibung, sofern sie am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist, unabhängig davon gewinnerhöhend aufzulösen, ob
- die begünstigten Anlagegüter später angeschafft oder
- hergestellt worden sind,
- die Investition geringer ausgefallen ist als geplant oder
- gar völlig ausbleibt.
Die Nichtanschaffung sei dabei kein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes und somit keine rechterhebliche Tatsache. Auch der Umstand, dass der Kläger die Rücklage nicht durch die Berücksichtigung einer Betriebseinnahme aufgelöst habe, sei keine nachträglich gewordene Tatsache, da die Rücklage kraft einer gesetzlichen Anordnung stets aufzulösen sei, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Praxis-Hinweis: Für den Steuerpflichtigen positiv
Die Entscheidung des BFH, die für den Steuerpflichtigen positiv ausgefallen ist, ist auf den ersten Blick nicht ganz einfach zu verstehen.
Nach § 173 Abs. 1 AO kann eine bestandskräftige Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden, wenn
- nachträglich eine Tatsache oder ein Beweismittel bekannt werden,
- die zu einer höheren oder niedrigeren Steuer führt.
Ergibt sich eine niedrigere Steuer kann eine Aufhebung oder Änderung zu Gunsten des Steuerpflichtigen allerdings nur dann erfolgen, wenn diesen an dem nachträglichen Bekanntwerden kein Verschulden trifft.
In der Praxis wird denn auch meist bei Änderungsanträgen über das Verschulden des Steuerpflichtigen gestritten. Das Finanzgericht und auch der BFH verneinten aber bereits die Voraussetzungen des § 173 AO dahingehend, dass sie keine Tatsache sahen. Eine Tatsache liegt nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH verkürzt dann vor, wenn ein steuerlich relevanter Lebenssachverhalt gegeben ist.
Die Nichtanschaffung stellt in diesem Sinne keine rechtserhebliche Tatsache dar, denn das Gesetz schreibe die Auflösung der Rücklage zwingend vor, unabhängig, ob eine Anschaffung erfolgt ist oder nicht. Anzumerken ist, dass es verschiedene Urteile von Finanzgerichten gibt, die dies abweichend vom BFH gesehen haben. Diese werden vom BFH zwar genannt, aber verworfen.
In der Tat wäre jedoch das Urteil verständlicher, wenn der BFH der bisher herrschenden Ansicht der Finanzgerichte gefolgt wäre, allerdings hätte der Steuerpflichtige dann den Fall verloren. Für die Praxis zeigt das Urteil des BFH indes, dass es sich durchaus lohnen kann, einen Rechtsstreit auch dann zu führen, wenn Urteile von Finanzgerichten eine gegenteilige Auffassung vertreten. Solange der BFH sich zu einer Rechtsfrage nicht geäußert hat, besteht noch Hoffnung.
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