Rücklage nach § 6b EStG nur eingeschränkt übertragbar

Eine Rücklage nach § 6b EStG darf vor der Anschaffung eines Reinvestitionswirtschaftsguts nicht auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden. Dies stellt der BFH unter Bestätigung der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung in einem aktuellen Urteil fest.

Praxis-Hinweis: Reinvestitionswirtschaftsgut muss zum Zeitpunkt der Übertragung der Rücklage bereits vorhanden sein

Der BFH schließt sich in seinem Urteil der Regelung in R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR (Übertragung aufgedeckter stiller Reserven und Rücklagenbildung nach § 6b EStG) an. Diese Auslegung des BFH (Urteil vom 22.11.2018, VI R 50/16) und der Finanzverwaltung, die sich am Wortlaut der Bestimmung orientiert, wird auch im Schrifttum nahezu ausschließlich als zutreffend erachtet. Der Gesetzeswortlaut setzt nämlich insbesondere voraus, dass der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines innerhalb der gesetzlichen Fristen (bereits) angeschafften oder hergestellten Reinvestitionswirtschaftsgutes vorgenommen wird (vgl. § 6b Abs. 3 Satz 2 EStG).

Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, ob das Wirtschaftsgut in dem Betrieb des Steuerpflichtigen angeschafft oder hergestellt worden ist, in dem auch die Rücklage nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG gebildet wurde. Vielmehr kann der Abzug insbesondere auch im Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Betrieb vorgenommen werden. Die Übertragung einer Rücklage ohne Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Reinvestitionswirtschaftsguts ist jedoch mangels gesetzlicher Grundlage nicht möglich. Insofern ist neben der Einhaltung der übrigen Voraussetzungen des § 6b EStG stets darauf zu achten, dass das Reinvestitionswirtschaftsgut zum Zeitpunkt der Übertragung der Rücklage bereits vorhanden ist.

Übertragung der Rücklage eines landwirtschaftlichen Betriebs in Sonderbetriebsvermögen einer KG beantragt

Die Eltern des Klägers unterhielten einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Im maßgeblichen Wirtschaftsjahr 2005/2006 bildeten sie für einen Gewinn aus Grundstücksverkäufen eine Rücklage nach § 6b i.V.m. § 6c EStG. Am 30.12.2006 übertrugen sie den Betrieb unentgeltlich auf den Kläger.

Bereits 2003 hatten die Eltern des Klägers eine KG zur Errichtung und Vermietung von Mehrfamilienhäusern gegründet. Kommanditisten waren zunächst die Eltern, nach Schenkungen im Wesentlichen ihre Kinder. In ihrer Sonderbilanz bei der KG auf den 31.12.2006 wiesen die Eltern eine Rücklage nach § 6b EStG aus. Sie hatten hierbei die im landwirtschaftlichen Betrieb gebildete Rücklage in ihr Sonderbetriebsvermögen bei der KG übertragen.

Im Sonderbetriebsvermögen befand sich außerdem ein Grundstück, auf dem die Eltern ein Mehrfamilienhaus errichteten, das am 30.6.2007 fertiggestellt und in der Sonderbilanz bilanziert wurde. Die gebildete Rücklage wurde in voller Höhe von den Herstellungskosten des Gebäudes abgezogen. Anschließend wurden das Grundstück und das Gebäude von den Eltern unentgeltlich auf die KG übertragen.

Das Finanzamt verwehrte indes den Abzug der Rücklage. Es berief sich auf R 6b Abs. 8 Satz 3 EStR. Danach kann eine Rücklage auf einen anderen Betrieb erst in dem Wirtschaftsjahr übertragen werden, in dem der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei den Wirtschaftsgütern des anderen Betriebs vorgenommen wird. Das ist hier erst das Jahr 2007 als Fertigstellungsjahr des Gebäudes. Die Rücklage wurde daher in der Sonderbilanz der Eltern auf den 31.12.2006 nicht anerkannt. Vielmehr sei – so die Finanzverwaltung - die Rücklage im landwirtschaftlichen Betrieb aufzulösen, wenn es nicht zur Anschaffung eines Ersatzwirtschaftsguts kommt. Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, die zeitliche Einschränkung in R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR finde im Gesetz keine Grundlage.

BFH: Übertragung der Rücklage ohne gleichzeitigen Abzug von AK/HK nicht zulässig

Der BFH hob auf die Revision des Finanzamts die Entscheidung des Finanzgerichts auf und bestätigt die Verwaltungsregelung in R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR. Die Eltern des Klägers waren zwar nach Ansicht des BFH grundsätzlich befugt, die in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb gebildete Rücklage von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten anderer Wirtschaftsgüter in ihrem Sonderbetriebsvermögen bei der KG abzuziehen (unter Berücksichtigung der weiteren Voraussetzungen des § 6b EStG). Dieser Abzug setzt aber nach dem Wortlaut des Gesetzes voraus, dass sich zum Bilanzstichtag 31.12.2006 in ihrem Sonderbetriebsvermögen bei der KG bereits ein Reinvestitionswirtschaftsgut befand, von dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten sie die Rücklage hätten abziehen können. Dies war indes nicht der Fall, da das Gebäude erst 2007 fertiggestellt wurde. Eine Übertragung der Rücklage in ein anderes Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen ohne (gleichzeitigen) Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines begünstigten Wirtschaftsgutes lässt § 6b EStG nicht zu.

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Schlagworte zum Thema:  Bilanzierung, Rücklage