BFH zum Freibetrag bei Erbverzicht der Elterngeneration

Verzichtet die Elterngeneration auf ihr Erbe, gilt die zivilrechtliche Vorversterbensfiktion nicht im Erbschaftsteuerrecht. Es zählt der reguläre Freibetrag.

„Sterben und Erben bringen viel Kummer“ besagt schon ein altes Sprichwort. Das zeigt sich oft gerade dann, wenn es an die Verteilung des Nachlasses geht. Denn nicht jedes Testament stellt alle Hinterbliebenen gleichermaßen zufrieden. Mitunter bleibt der letzte Wille sogar äußerst unklar in seiner Formulierung. Nicht immer entstehen die Schwierigkeiten rund um eine Erbschaft allerdings durch deren Aufteilung. Auch die steuerliche Einordnung durch das Finanzamt kann für Erben eine Überraschung bereithalten. So erging es dem Enkel eines Verstorbenen, über dessen Fall zuletzt der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil v. 31.7.2024, II R 13/22) entschieden hat.

Vorversterbensfiktion bei der Erbschaft

Laut Testament hatte der Enkel seinen Großvater 2019 beerbt. Grund dafür war, dass sein eigener Vater zuvor auf das ihm zustehende gesetzliche Erbrecht einschließlich seines Pflichtteils verzichtet hatte. Diese Entscheidung wurde notariell beurkundet. Festgehalten wurde dabei auch, dass der Entschluss des Vaters sich nicht auf dessen Nachkommen erstrecken sollte. Für die Kinder bedeutete das, dass sie nach dem Tod ihres Großvaters weiter erbberechtigt blieben.

Nachdem der Erbfall schließlich eingetreten war, beantragte der Enkel in seiner Erbschaftsteuererklärung einen Freibetrag in Höhe von 400.000 EUR anstelle von 200.000 EUR. Dabei ging er davon aus, dass im Erbschaftsteuerrecht dieselben Regelungen wie im Zivilrecht gelten. Denn nach der dortigen sogenannten Vorversterbensfiktion werden Kinder bei Erbverzicht der vorherigen Generation so behandelt, als ob die Eltern beim Tod des Großvaters nicht mehr gelebt hätten. Im Fall des Freibetrags würde das bedeuten, dass der Enkel vom doppelten Betrag profitieren würde.

Erbverzicht hat keine Auswirkungen auf steuerlichen Freibetrag

Das zuständige Finanzamt gewährte im aktuellen Fall jedoch lediglich den regulär für Enkel vorgesehenen Freibetrag in Höhe von 200.000 EUR. Nach erfolglosem Einspruch wehrte sich der Betroffene dagegen vor dem Niedersächsischen Finanzgericht. Die Richter dort bestätigten allerdings die Auffassung der Finanzbehörde. Zur gleichen Einschätzung kam im Anschluss auch der Bundesfinanzhof, der die Revision schließlich als unbegründet zurückwies.

Nach Meinung der Richter hatte der Erbverzicht des Vaters nicht bewirkt, dass er fiktiv als verstorben anzusehen ist. Dies ergibt sich auch durch die Formulierung im Gesetzestext. Denn dort heißt es ausdrücklich „verstorbene Kinder“ und nicht „als verstorben geltende Kinder“. Entsprechend nimmt das Erbschaftsteuerrecht damit keinen Bezug auf die im Zivilrecht getroffene Vorschrift.

Ausschluss von Umgehungsmöglichkeiten der Staffelregelung

Außerdem wies der Bundesfinanzhof auf den Hintergrund der gestaffelten Freibeträge hin. Denn darin spiegelt sich die Verantwortung für das Auskommen der Folgegeneration wider, die durch den höheren Freibetrag für „verwaiste Enkel“ garantiert werden soll. Darauf kommt es allerdings erst dann an, wenn die erste Generation nach dem Erblasser tatsächlich bereits verstorben ist. 

In diesem Zusammenhang machten die Richter auch deutlich, dass eine Übertragung des Vorgehens aus dem Zivilrecht bei der Erbschaftsteuer eine Möglichkeit zur Steuerumgehung schaffen würde. Denn auch wenn das Kind des Verstorbenen vorab auf sein Erbe einschließlich des Pflichtteils verzichtet hat, könnte der Erblasser es im Testament berücksichtigen. Wäre dies der Fall, würden dann sowohl das Kind selbst als auch der Enkel von einem Freibetrag von 400.000 EUR profitieren.

Praxis-Tipp: Freibeträge bei Erbschaft nutzen

Abhängig vom Grad der Verwandtschaft mit dem Verstorbenen können Erben von unterschiedlich hohen Freibeträgen profitieren. Mit 500.000 EUR ist der Freibetrag für den hinterbliebenen Ehepartner am höchsten. Danach folgen Kinder und Enkel von verstorbenen Kindern mit 400.000 EUR, Enkel, deren Eltern noch leben mit 200.000 EUR und Urenkel mit 100.000 EUR. Allen übrigen Erben steht ein Freibetrag von 20.000 EUR zu. Übersteigt der Wert des Nachlasses diese Beträge, wird darauf Erbschaftsteuer fällig.

Je nach Fall reduzieren weitere Pauschalen die anfallende Steuer. So können Ehepartner den Versorgungsfreibetrag geltend machen, wenn sie keine zusätzlichen steuerfreien Bezüge erhalten. Haben Erben den Verstorbenen vor seinem Tod unentgeltlich gepflegt, können sie den Pflegefreibetrag beantragen. Erben sie das Familienheim, bleibt dies unter bestimmten Bedingungen steuerfrei.


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