Das Börsenjahr 2019 – auf miese folgt gute Stimmung
Stimmung ist gleichzeitig von Unsicherheit und Optimismus geprägt
Nachdem das Jahr 2018 an den Börsen sehr positiv begann und äußerst turbulent endete, konnten die kritischen Faktoren, welche insbesondere im November und Dezember für deutliche negative Kursausschläge sorgten, auch zu Beginn des neuen Jahres nicht gelöst werden. Die unveränderten Unsicherheitsfaktoren beziehen sich unter anderem auf die Gefahr eines ungeregelten bzw. harten Brexit, die Handelsdifferenz zwischen den USA und China sowie die Gefahr rückläufiger bis negativer Wirtschaftsentwicklungen, welche sich durch schwächere Unternehmensergebnisse ankündigen könnten.
Spürbar positiver entwickelte sich jedoch die Investorenstimmung, welche zu steigenden Kursen risikobehafteter Assets führte. Es macht den Anschein, als wären alle im Vorjahr negativ eingeschätzten Perspektiven mittlerweile aus Investorensicht doch nicht so dramatisch, wie ursprünglich erwartet. Zumindest überwiegt die Hoffnung, die vorgenannten Themen doch positiv beschließen zu können.
US-Konjunktur trotzt Regierungsstillstand
Entgegen der Befürchtungen wurden doch bessere konjunkturelle Rahmendaten der US-Volkswirtschaft veröffentlicht, obwohl der zwischenzeitlich längste Regierungsstillstand der US-Geschichte seine Spuren hinterließ. Doch auch diese sind deutlich geringer als befürchtet und belaufen sich auf etwa 0,02 % des US-BIP (BIP = Brutto-Inlandsprodukt) im Jahr 2019. Generell verlangsamte sich zwar das Wachstumstempo der US-Wirtschaft, von einer Rezession kann jedoch keine Rede sein: Mehr als zwei Drittel der im S&P 500 gelisteten Aktiengesellschaften berichteten bessere Ergebnisse als von Analysten zuvor erwartet. Zudem setzt die US-Notenbank ihre bisherige Politik der Leitzinserhöhungen aus, was die Konjunktur zusätzlich beleben sollte.
Als weiterer positiver Impuls für die Aktienbörsen sind die vermeintlich positiven Entwicklungen zwischen den USA und China hinsichtlich der Beilegung des Handelskonfliktes zu sehen.
Konsum stützt deutsche Wirtschaft; Rezession kann knapp vermieden werden
Der traditionell in den USA stärkere Konsum wird in Deutschland mittlerweile zu einer Art Konjunkturmotor. Das GfK Konsumklima (GfK = Gesellschaft für Konsumforschung) stieg entgegen vorheriger Erwartungen deutlich an, was auch mit den guten Signalen des Arbeitsmarktes und positiver Einkommensentwicklungen verbunden ist.
Der viel beachtete Index des ifo-Geschäftsklimas konnte diese positive Stimmung nicht nennenswert trüben, obwohl er zum fünften Mal in Folge gefallen ist und mittlerweile – erstmals seit April des Jahres 2013 – unter der wichtigen Marke von 100 Punkten notiert. Die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums scheint in Deutschland und somit auch in der Eurozone stärker negativ zu wirken als beispielsweise in den USA. Nach einem Negativwachstum auf Quartalsebene schrammte die Bundesrepublik zum Jahresende nur knapp an einer technischen Rezession vorbei, die durch zwei Quartale mit negativem Wirtschaftswachstum gekennzeichnet ist.
Unsicherheitsfaktoren bestehen unverändert – trotz guter Stimmung am Markt
Das mittlerweile nur noch als Chaos anzusehende Theater um den Brexit im britischen Parlament setzt sich weiter fort. Premierministerin May unternahm den Versuch unterschiedliche Pläne durch das Parlament zu bringen, wobei die tatsächlich nennenswerten Abweichungen nur schwer zu finden waren. Folglich scheiterten ihre jeweiligen Versuche. Einigkeit im Parlament besteht ausschließlich in den Punkten, die die Politiker nicht wollen und diese sind zahlreich. Die parteipolitischen Machtkämpfe setzten sich demnach fort und die Handlungen im Interesse des Landes bzw. der Bevölkerung geraten in den Hintergrund, obwohl der bisher geplante Termin zum Brexit immer näher rückt und ein harter Austritt der Briten aus der EU somit immer wahrscheinlicher wird.
Anleger scheinen mit dem Jahreswechsel jedoch erkannt zu haben, dass nicht alle erwarteten Negativszenarien – von denen hier nur ein kleiner Ausschnitt gespiegelt wird – in dem jeweiligen Worst-Case enden und kehrten als Käufer an die Kapitalmärkte zurück, wodurch sich die ersten Wochen des neuen Jahres sehr positiv darstellten.
Die veränderte Auffassung darf jedoch nicht über die anstehenden Herausforderungen der kommenden Wochen hinwegtäuschen. Die Zollstreitigkeiten – insbesondere um US-Autoimporte – setzen sich fort und der Handelskonflikt schwelt weiterhin, obwohl die erwogene Erhöhung der Zölle zunächst ausblieb. Nicht zuletzt ist eine Verschiebung des Brexit das vermeintlich Beste, was Anleger zu diesem Thema derzeit erwarten können. Von der EU kommen jedoch bereits Signale, dass eine Verschiebung nur möglich sei, wenn die gewonnene Zeit zielstrebig genutzt werde, um insbesondere die offene Fragestellung der durch den Brexit entstehenden EU-Außengrenze zwischen Irland und Nordirland zu klären.
Stimmungsbild und Börsenentwicklung sind fragil
Die im letzten Jahr ausschließlich negative, mittlerweile jedoch wieder deutlich positivere Stimmung kann, abhängig von den Entwicklungen der vorgenannten Szenarien, jedoch ganz schnell wieder umschlagen. Auch im Jahr 2018 verlief das erste Halbjahr an der Börse noch äußerst positiv. Der DAX verzeichnete sein Allzeithoch jenseits der 13.500 Punkte und danach verlor er bis Weihnachten etwa 3.000 Indexpunkte. Von seinem Höchststand ist der Index noch weit entfernt und der Weg dorthin erscheint sehr lang. Die weiteren politischen und konjunkturellen Entwicklungen versprechen demnach reichlich Spannung.
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