Mittelstand: Keine Sorge vor "Zombie-Unternehmen"

Die mediale und wissenschaftliche Diskussion um die volkswirtschaftliche Gefahr sogenannter „Zombie-Unternehmen“ ist von der anhaltenden Niedrigzinsphase geprägt. Die Analysten der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) befassen sich ebenfalls mit dieser Problematik und kommen zu einem vergleichsweise beruhigenden Ergebnis.

Zombie-Unternehmen: Unternehmen mit problematischer Schuldentragfähigkeit

Bei sogenannten Zombie-Unternehmen handelt es sich um Unternehmen mit problematischer Schuldentragfähigkeit, die nicht in der Lage sind, ihren Zinsaufwand für Fremdkapital mittels ihres operativen Ergebnisses zu bedienen.

Niedriges Zinsniveau hält Zombie-Unternehmen künstlich am Leben

In einem normal funktionierenden (Kapital-)Markt hätte die mangelnde Schuldentragfähigkeit mittel- bis langfristig die Insolvenz zur Folge. Die mangelhaften Handlungsoptionen dieser Unternehmen aufgrund von Wachstumsschwäche und mangelnder Investitions-, Produktions- bzw. Innovationseffizienz, die wiederum aus fehlerhafter Ressourcenallokation resultieren, führen volkswirtschaftlich zu einem geringeren als dem potentiell möglichen Wachstum.

Die aus der Analyse der KfW ersichtliche abnehmende Anzahl von Unternehmensinsolvenzen wurde bisher auf das historische Niedrigzinsumfeld infolge notenbankpolitischer Maßnahmen der EZB zurückgeführt. Demnach würden die beabsichtigten Investitions- und Wachstumsimpulse durch geringe Refinanzierungskosten auch dazu führen, dass wirtschaftlich schwache Unternehmen künstlich am Leben erhalten werden.

Mangelhafte Schuldentragfähigkeit bei 5% der KMU

Das KfW-Mittelstandspanel für das Jahr 2016 stellte im untersuchten Datensatz bei 5% der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) eine mangelhafte Schuldentragfähigkeit fest, d.h. der Zinsdeckungsgrad (operatives Ergebnis / Zinsaufwand) unterschreitet hier den Wert von 1. Dieses Ergebnis bestätigt die Erkenntnisse einer Studie der Deutsche Bundesbank und bleibt auf einem vergleichbaren Niveau wie in den Vorjahren (2014: 6%, 2015: 5%). Eine Steigerungstendenz durch das anhaltend niedrige Zinsniveau kann demnach nicht abgeleitet werden.

Unternehmensgröße als entscheidendes Kriterium der „Zombiefizierung“

Entscheidend für das Ausmaß des verfehlten Zinsdienstes aus dem operativen Ergebnis scheint die Unternehmensgröße zu sein, die anhand der Mitarbeiteranzahl gemessen wurde. Ein Zinsdeckungsgrad < 1 liegt durchschnittlich bei 4% der kleinen KMU vor, wohingegen etwa 10% der großen KMU betroffen sind. Dies lässt sich jedoch auch damit begründen, dass größere KMU das günstige Zinsumfeld tendenziell stärker genutzt haben, um ihr Fremdkapital insbesondere durch Bankfinanzierungen zu erhöhen, wodurch sie sich das günstige Zinsniveau langfristig sichern.

Ein vergleichbares Ergebnis zeigt sich, wenn das Umsatzvolumen als Indikator herangezogen wird. Unternehmen, deren Jahresumsatz eine Mio. Euro übersteigt, weisen eher die Tendenz zur „Zombiefizierung“ auf als KMU mit geringeren Umsätzen. Zudem wird eine Branchenabhängigkeit abgeleitet, wonach insbesondere das verarbeitende Gewerbe stärker betroffen ist als beispielsweise die Baubranche. Dies könnte jedoch auch auf den vorherrschenden Boom im Baugewerbe zurückzuführen sein, der wiederum eindeutig mit der aktuellen Zinssituation zusammenhängt.

Insbesondere die Produktivität der als Zombie-Unternehmen klassifizierten KMU stellt keine nennenswerte volkswirtschaftliche Gefahr für Deutschland dar, trotz der Beeinflussung durch den positiven Produktivitäts-Bias hin zu größeren Unternehmen. Nichtsdestotrotz ist der mangelhafte Zinsdeckungsgrad (Durchschnittswert von 0,46 vs. 5,8 aller KMU) auf eine deutlich unterproportionale Profitabilität zurückzuführen.

Fazit: Volkswirtschaftliche Gefahr derzeit überschaubar und nicht zunehmend

Tendenziell lässt sich in Deutschland gemäß den Ausführungen der Autoren eine positive Korrelation zwischen Unternehmensgröße und Ausmaß dieser Problematik erkennen: Je größer ein Mittelständler ist, desto stärker nutzte er in den vergangenen Monaten bzw. Jahren die historisch günstigen Finanzierungsmöglichkeiten, erhöhte den Leverage und somit auch die Zinslast. Sofern die operativen Ergebnisse nicht analog ansteigen, droht die sogenannte „Zombiefizierung“. Generell lässt sich die unterproportionale Investitions- und Produktivitätseffizienz bei derartigen Unternehmen in Deutschland jedoch nicht erkennen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass sich die geschilderte Problematik in Deutschland vergleichsweise gering darstellt und keine Tendenz der Verschärfung gegenüber den Vorjahren erkennbar ist.

Der deutsche Mittelstand ist mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 30% durchaus finanziell tragfähig, es bleibt jedoch die Herausforderung, wie sich zukünftig zu erwartende Zinssteigerungen auf KMU allgemein und insbesondere auf die fünfprozentige Quote der Zombie-Unternehmen auswirkt.

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