Finanzamt muss Besteuerung selbst ermitteln

Renten unterliegen ebenfalls der Einkommensteuerpflicht
Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung sind die meisten Renten seit jeher grundsätzlich einkommensteuerpflichtig. Viele Ruheständler hatten jedoch mit dem Finanzamt lange nichts zu tun, weil nach altem Recht die geringe, so genannte Ertragsanteilbesteuerung galt. Aber mit dem Alterseinkünftegesetz wurde ein Systemwechsel in der Besteuerung von Altersvorsorge und Renten eingeläutet. Seitdem heißt es: Die gesetzlichen Rentenzahlungen werden – Schritt für Schritt – voll besteuert. Für manche Ruhestandszahlungen gelten andere Regeln: Zum Beispiel richtet sich die Besteuerung von Auszahlungen aus Risikoversicherungen nach dem günstigeren Ertragsanteil.
Finanzamt muss bei Umzug die Fakten überprüfen
Auch eine inzwischen 89-Jährige aus Nordrhein-Westfalen musste ihre Leibrenteneinkünfte von 90.000 Euro jährlich lediglich mit dem Ertragsanteil von 17 Prozent versteuern. Nachdem sie nach Rheinland-Pfalz umgezogen war, übernahm das zuständige Finanzamt in Bad Neuenahr-Ahrweiler die Einstufung der Vorgängerbehörde. Und das, obwohl das Computersystem für die Einkommensteuerveranlagung bereits 2007 einen Prüfhinweis innerhalb des internen Risikomanagements gegeben hatte. Erst fünf Jahre später sah sich das Finanzamt zum Handeln veranlasst. Denn Betriebsprüfer hatten beim Sohn der Rentnerin festgestellt, dass dieser die Zahlungen an seine Mutter als dauernde Last bei den Werbungskosten in voller Höhe angegeben hatte. Korrekt wäre jedoch ein Abzug als Sonderausgabe gewesen. Die Prüfer übersandten dem Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler eine Kontrollmitteilung, wonach die Versorgungsleistungen entsprechend in voller Höhe steuerpflichtig seien.
Erst jetzt stellte die Behörde fest, dass sich die Rentenzahlungen auf eine Vermögensübertragung bezogen. Die ältere Dame hatte mit ihrem Sohn schon vor Jahren einen Vertrag geschlossen und sich darin auf Lebenszeit eine Rentenzahlung gesichert. Diesen Vertrag hatte sie dem vorherigen Finanzamt in NRW vorgelegt. Das Finanzamt in Rheinland-Pfalz kümmerte dies nun nicht und forderte eine Steuernachzahlung für die zurückliegenden Jahre in Höhe von rund 140.000 Euro.
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz wies die Behörde zurecht. Das Finanzamt könne sich nicht darauf zurückziehen, dass die Akten vielleicht archiviert oder gar vernichtet worden sein könnten. Dies sei nicht ansatzweise ersichtlich und allenfalls „eine hypothetische Möglichkeit ins Blaue hinein“. Das neu zuständige Finanzamt sei verpflichtet gewesen, die Fakten zu überprüfen – und das jährlich, zumal es sich um einen Vertrag zwischen Angehörigen handele. Wenn man dies anders betrachten wolle, wäre das Bekanntsein der Umstände in solchen Fällen von Zufälligkeiten abhängig. Ein Steuerpflichtiger müsste dann stets neu und von sich aus Unterlagen beim Finanzamt einreichen, da er nie sicher sein könnte, ob die früher eingereichten Unterlagen nicht bereits archiviert sind.
Die Klägerin treffe keine Schuld: Sie habe die Zahlungen wie in den Vorjahren erklärt. Zwar habe der Sohn seine finanziellen Verpflichtungen in voller Höhe steuerlich geltend gemacht. Verfahrensrechtlich bestehe jedoch keine Abhängigkeit zwischen dem Abzug der Zahlung und ihrer Erfassung.
Praxistipp: Vom Finanzamt geänderte Steuerbescheide genau prüfen
Ändert das Finanzamt einen bestandskräftigen Steuerbescheid wegen neuer Tatsachen, so ist genau zu prüfen, ob die Behörde dazu verfahrensrechtlich überhaupt befugt ist. Denn das Finanzamt muss vor dem Erlass eines Bescheids ermitteln – und gegebenenfalls auch archivierte Akten anfordern, wenn dies nötig erscheint. Dies ist vor allem bei den so genannten Dauersachverhalten – also bei Renten, Löhnen, Vermietungs- und Kapitaleinkünften – relevant.
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