BGH: Einordnung eines Mischmietverhältnisses VIII ZR 376/13

Die rechtliche Einordnung eines Mietverhältnisses, das eine Wohnnutzung als auch eine freiberufliche oder gewerbliche Nutzung umfasst, richtet sich nach dem überwiegenden Vertragszweck. Dieser ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.

Hintergrund

Der Vermieter eines mehrstöckigen Hauses verlangt von den Mietern nach einer Kündigung die Räumung.

In dem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrag aus dem November 2006 ist den Mietern gestattet, im Erdgeschoss eine Hypnosepraxis zu betreiben. Das verwendete Vertragsformular ist auf Wohnraummietverhältnisse zugeschnitten und die Miete ist ohne Ausweisung der Umsatzsteuer angegeben. Mit der Praxis verdienen die Mieter ihren Lebensunterhalt.

Im Februar 2012 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis ohne Angabe von Gründen zum 30.9.2012. Die Mieter haben der Kündigung widersprochen. Sie meinen, die Kündigung sei unwirksam, weil es sich um ein Wohnraummietverhältnis handle, das nur gekündigt werden könne, wenn der Vermieter einen Kündigungsgrund hat.

Entscheidung

Der BGH gibt den Mietern Recht. Das Mietverhältnis ist als Wohnraummietverhältnis zu behandeln, sodass eine Kündigung einen Kündigungsgrund voraussetzt.

Hier liegt ein Mischmietverhältnis, also ein einheitliches Mietverhältnis über Wohn- und Geschäftsräume vor. Wegen der von den Vertragsparteien gewollten Einheitlichkeit ist es entweder nach den Vorschriften über die Wohnraummiete oder denen der Geschäftsraummiete zu beurteilen. Die rechtliche Einordnung richtet sich nach dem überwiegenden Vertragszweck bei Vertragsabschluss.

Der überwiegende Vertragszweck ist anhand einer Einzelfallprüfung festzustellen. Dabei können das verwendete Vertragsformular, das Verhältnis der für die jeweilige Nutzungsart vorgesehenen Flächen und die Verteilung der Gesamtmiete auf die Nutzungsanteile als Anhaltspunkte dienen. Das Bestreiten des Lebensunterhalts durch eine freiberufliche oder gewerbliche Nutzung von Teilen der Räume ist hingegen kein sachgerechtes Kriterium, um den überwiegenden Nutzungszweck zu bestimmen.

Wenn keine überwiegende gewerbliche Nutzung festgestellt werden kann, sind die Vorschriften anwendbar, die für die Wohnraummiete gelten. Anderenfalls würden die zwingenden Vorschriften, die dem Schutz des Mieters von Wohnraum gelten, unterlaufen.

Im vorliegenden Fall sprechen die Umstände dafür, ein Wohnraummietverhältnis anzunehmen. Das Vertragsformular und die für Gewerbemietverhältnisse untypische unbestimmte Vertragslaufzeit deuten darauf hin, ebenso der Umstand, dass eine einheitliche Miete ohne Ausweis der Umsatzsteuer vereinbart ist.

(BGH, Urteil v. 9.7.2014, VIII ZR 376/13)

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