Getrennte Instandhaltungsrücklagen in Mehrhausanlage
Hintergrund
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von zwei Wohnungseigentümern die Zahlung einer Sonderumlage. Die Anlage besteht aus zwei Komplexen mit Wohngebäuden (Komplex A und B) und einer zwischen den Gebäuden liegenden Parkgarage. Die beiden beklagten Eigentümer sind Sondereigentümer sämtlicher Wohnungen in Komplex B.
Die Gemeinschaftsordnung sieht vor, dass die Gemeinschaft eine angemessene Instandhaltungsrücklage für das gemeinschaftliche Eigentum ansammelt. Eine Öffnungsklausel erlaubt, die Gemeinschaftsordnung mit einer 3/4-Mehrheit zu ändern.
Außerdem enthält die Gemeinschaftsordnung unter der Überschrift „Gesonderte Gemeinschaften“ folgende Regelung:
"1. Soweit gesetzlich zulässig und wirtschaftlich tatsächlich ausscheidbar, sind
a) Wohngebäude und
b) Parkhaus
je als selbständige Einheit anzusehen und zu behandeln. Dies gilt insbesondere für Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums dieser Anlagen. Es gilt ferner für die Wiederaufbauverpflichtung, Ermittlung und Verteilung der laufenden Kosten, Instandhaltungsrücklage, Eigentümerversammlung. (…)
2. (…) c) bei Beschlüssen, die nur das Parkhaus betreffen, haben nur die Sondereigentümer und Sondernutzungsberechtigten des Parkhauses Stimmrecht. Für Beschlüsse, die das Wohngebäude betreffen, haben nur die Sondereigentümer des Wohngebäudes ein Stimmrecht."
Die Eigentümer beschlossen in einer Eigentümerversammlung am 7.12.2004 mit einer Mehrheit von über 80 Prozent, die Instandhaltungsrücklagen für die Komplexe A und B zu trennen. Die vorhandene Rücklage wurde Komplex A zugerechnet, für Komplex B sollte eine eigene Rücklage angespart werden. In den Folgejahren wurden die Instandhaltungsrücklagen getrennt ausgewiesen und Rücklagen von 469.000 Euro für Komplex A und von 88.000 Euro für Komplex B angespart.
In einer Eigentümerversammlung am 11.10.2012 vertrat der Verwalter die Meinung, der Beschluss über die Trennung der Rücklagen sei nichtig, sodass die Rücklagen wieder zusammengeführt werden müssten. Die Eigentümer beschlossen daraufhin mit einfacher Mehrheit, dass die Eigentümer der Wohnungen in Komplex B per Sonderumlage eine Ausgleichszahlung von rund 50.000 Euro zuzüglich 1.080 Euro monatlich bis zum Inkrafttreten eines gemeinschaftlichen Wirtschaftsplans an die Gemeinschaft leisten müssen, um die Anteilsansprüche aller Eigentümer an einer gemeinschaftlichen Rücklage gleichzustellen. Die Eigentümer weigern sich, den geforderten Betrag zu zahlen.
Entscheidung
Der BGH gibt den Eigentümern der Wohnungen in Komplex B Recht. Diese haben zurecht die Zahlung des Ausgleichsbetrages verweigert.
Der Beschluss über die Ausgleichszahlung ist nichtig und kann daher keine Grundlage für die Forderung sein. Der Zweck der Sonderumlage, eine einheitliche, nach Miteigentumsanteilen aufgebrachte Instandhaltungsrücklage für alle Wohngebäude zu schaffen, ist von der Gemeinschaftsordnung nicht gedeckt. Diese sieht nämlich vor, für die Komplexe A und B getrennte Instandhaltungsrücklagen zu bilden.
Ursprünglich war zwar vorgesehen, eine einheitliche Instandhaltungsrücklage für die Wohngebäude zu bilden. Diese Regelung ist aber durch den Beschluss vom 7.12.2004 geändert worden. Es ist zulässig, für Mehrhausanlagen in der Gemeinschaftsordnung buchungstechnisch getrennte Rücklagen zu bilden, deren Verwendungszweck jeweils die Instandhaltung der einzelnen Gebäude oder – wie hier – Gebäudekomplexe ist. Ungeachtet einer solchen Zweckbindung gehören die getrennten Instandhaltungsrücklagen zum Verwaltungsvermögen des Verbands. Hier handelt es sich um eine solche Mehrhausanlage mit getrennten Baukörpern, was eine eindeutige Kostenzuordnung erlaubt.
Der am 11.10.2012 gefasste Beschluss über die Ausgleichszahlung ist hingegen nichtig. Da die (2004 geänderte) Gemeinschaftsordnung getrennte Instandhaltungsrücklagen vorsieht, entbehrt die in dem Beschluss vorgesehene Zahlungspflicht der erforderlichen Grundlage. Die einheitliche Instandhaltungsrücklage, deren Auffüllung die Zahlung dienen soll, gibt es nicht. Im Vermögen des Verbands sind Gelder mit einer solchen Zweckbestimmung nicht vorgesehen.
(BGH, Urteil v. 17.4.2015, V ZR 12/14)
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