Instandhaltungsrücklage: Welche Höhe ist angemessen?
Hintergrund: Erhöhung der Instandhaltungsrücklage abgelehnt
In einer Eigentümerversammlung stand der Beschluss zur Debatte, die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage von 2,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr auf 7,10 Euro zu erhöhen. Die Wohnungseigentümer lehnten den Beschlussantrag mehrheitlich ab. Die Wohnanlage wurde Ende der 90er-Jahre errichtet. Die angesammelte Instandhaltungsrücklage beträgt ca. 2.200 Euro.
Gegen den ablehnenden Beschluss hat ein Wohnungseigentümer Anfechtungsklage erhoben, da die derzeitige Instandhaltungsrücklage unzureichend sei. Die übrigen Eigentümer meinen, es entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, die Erhöhung abzulehnen. Es stünden keine größeren Reparaturen an.
Entscheidung: Rücklage muss erhöht werden
Die Anfechtungsklage hat Erfolg und das Gericht setzt die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage auf 7,10 Euro pro Quadratmeter und Jahr fest.
Die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung stellt eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung dar, zu der die Wohnungseigentümer verpflichtet sind. Eine Instandhaltungsrücklage von jährlich 2,50 Euro pro Quadratmeter genügt ordnungsgemäßer Verwaltung nicht. Angemessen ist eine Rücklage in einer Höhe, die ein verständiger und vorausschauender Eigentümer zurücklegen würde. Dabei ist die Angemessenheit nach den konkreten Verhältnissen der jeweiligen Wohnanlage zu beurteilen.
Ein Anhaltspunkt für die Höhe der Instandhaltungsrücklage sind die für den öffentlich geförderten Wohnungsbau geltenden Instandhaltungspauschalen gemäß § 28 Abs. 2 der zweiten Berechnungsverordnung (2. BV). Danach ist für das Objekt als Untergrenze ein Betrag von 7,10 Euro pro Quadratmeter und Jahr bei zurückliegender Bezugsfertigkeit von weniger als 22 Jahren anzusetzen. Bei mindestens 22 Jahren ist ein Betrag von 9,00 Euro pro Quadratmeter und Jahr anzusetzen.
Der aktuell geltende Betrag von 2,50 Euro pro Quadratmeter und Jahr ist nicht angemessen und von dem weiten Ermessungsspielraum der Wohnungseigentümer nicht mehr gedeckt. Das folgt zum einen aus der Abweichung zu den Werten aus § 28 Abs. 2, 2. BV und der Tatsache, dass die Gemeinschaft derzeit nur eine Rücklage von 2.200 Euro angesammelt hat. Die derzeitige Höhe der Instandhaltungsrücklage reicht nicht aus, um deren Zweck gerecht zu werden. Durch das vorsorgliche Ansammeln von Kapital ist sicherzustellen, dass künftig bei einem unvorhergesehenen plötzlich auftretenden Reparaturbedarf die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen und die Wohnanlage nicht wegen fehlender Mittel verwahrlost. Zugleich wird vermieden, dass weniger zahlungskräftige Wohnungseigentümer in finanzielle Bedrängnis geraten, aber auch der Gefahr einer ungleichen finanziellen Belastung vorgebeugt, die entstünde, wenn zahlungsunwillige oder -unfähige Wohnungseigentümer für andere Eigentümer einspringen müssten.
Ferner belastet es die Wohnungseigentümer weniger, die Mittel für große Reparaturen und Ersatzbeschaffungen durch kontinuierliche Zahlung verhältnismäßig geringer Beträge anzusammeln, als den Gesamtbetrag im Zeitpunkt der tatsächlichen Ausführung der Reparatur leisten zu müssen. Das hat den Nebeneffekt, dass Erwerber von Wohnungseigentum anteilig in Höhe der angesammelten Mittel für eine Abnutzung aus der Zeit vor dem Erwerb nicht aufkommen müssen.
Der Zweck der Instandhaltungsrückstellung ist auch nicht auf die Deckung von Kosten großer Instandsetzungen beschränkt. Daher können grundsätzlich sämtliche Kosten der Instandhaltung oder Instandsetzung einschließlich kleiner Reparaturen sowie anfallende Wartungskosten aus Mitteln der Instandhaltungsrückstellung bezahlt werden. Das Argument, aktuell stünden keine Reparaturen an, verfängt daher nicht.
Das Gericht kann gemäß § 21 Abs. 8 WEG anstelle der Wohnungseigentümer eine nach dem Gesetz erforderliche Maßnahme nach billigem Ermessen treffen. Dem entspricht hier Erhöhung der Instandhaltungsrücklage auf 7,10 Euro je Quadratmeter und Jahr.
(AG Neustadt/Rübenberge, Urteil v. 9.2.2015, 20 C 687/114)
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